DFB-Affäre:Niersbach stellt sich - und will weitermachen

DFB-Präsident Niersbach

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach will sich am Montag erklären - bleibt er im Amt?

(Foto: dpa)
  • Wie geht es in der DFB-Affäre weiter mit Wolfgang Niersbach? Laut Medienberichten will er trotz laufender Ermittlungen im Amt als Präsident des Deutschen Fußballbundes bleiben.
  • An der Basis wächst unterdessen der Druck auf Franz Beckenbauer.

Was Niersbach vorhat

Wolfgang Niersbach stellt sich. Der Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB) ist am Donnerstag durch die vom Verband beauftragten externen Prüfer befragt worden. Wie der DFB am Abend mitteilte, nahm Niersbach in einem "mehrstündigen Gespräch" ausführlich zu den Abläufen im Bewerbungs- und Organisationskomitee für die WM 2006 Stellung. Die Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer war vom DFB-Präsidium mit der Prüfung der Vorwürfe um ein Zahlung von 6,7 Millionen Euro angeblich auf ein Fifa-Konto beauftragt worden. Seit Dienstag ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen der Verdachts der Steuerhinterziehung unter anderem gegen Niersbach.

Außerdem wird Niersbach am Montag an einer außerordentlichen Präsidiumssitzung in der Verbandszentrale in Frankfurt/Main teilnehmen. Eine entsprechende FAZ-Meldung bestätigte der DFB dem SID am Donnerstagabend. Nach Bild-Informationen will Niersbach sein Amt vorerst nicht ruhen lassen. Niersbach will zunächst die Ergebnisse seiner Befragung durch die Wirtschaftskanzlei Freshfields abwarten und alle Fakten auf dem Tisch sehen, ehe er über seine Zukunft entscheiden will.

Dies habe er auch bei einem Treffen des DFB-Präsidialausschusses am Donnerstag mit den Vizepräsidenten Rainer Koch und Reinhard Rauball sowie Schatzmeister Reinhard Grindel deutlich gemacht. Laut Bild droht Niersbach aber eine 90-Tage-Sperre durch den Weltverband Fifa. Seit Bekanntwerden der Vorwürfe laufe eine Vorprüfung der Ethikkommission. Am Mittwoch war der angezählte Präsident noch auf Tauchstation gegangen. Bei der Mitarbeiterversammlung in der DFB-Zentrale fehlte Niersbach. Er überließ Generalsekretär Helmut Sandrock den Bericht über die am Dienstag durchgeführte Steuer-Razzia bei der halbstündigen Versammlung. Während eine Opposition gegen den DFB-Boss derzeit nicht in Sicht ist, bekommt Franz Beckenbauer immer mehr Druck auch von der Basis - und die Politik schaut tatenlos zu.

Was Beckenbauer jetzt vorgeworfen wird

"Beckenbauer ist jetzt gefragt und muss jetzt auch einmal konkret Verantwortung übernehmen. Nur er kann alles klären, er ist ja auch der Ausgangspunkt von allem", forderte DFB-Vorstandsmitglied und Niedersachsens Verbandschef Karl Rothmund den früheren WM-Chef im Gespräch mit dem SID zur Preisgabe seines "Kaiser-Wissens" in der Affäre um ungeklärte Millionen-Zahlungen der WM-Organisatoren an den Weltverband Fifa auf. Doch nicht nur Rothmund dürfte durch den aufsehenerregenden Ratschlag für den DFB zur Überprüfung etwaiger Ansprüche gegen Beckenbauer von Niersbachs Vorgänger Theo Zwanziger, der wie Niersbach und der frühere DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt von der Staatsanwaltschaft der Steuerhinterziehung beschuldigt wird, hellhörig geworden sein.

Laut Zwanzigers Anwalt Hans-Jörg Metz soll die Empfehlung seines Mandanten allerdings keine Beschuldigung des Idols sein: "Keinesfalls ist damit, nicht einmal ansatzweise, behauptet, das Geld befinde sich bei Beckenbauer", sagte Metz der Bild-Zeitung. Dennoch: Durch Zwanzigers Anregung ist das Thema in der Welt. Tatsächlich jedoch beruhen alle bisherigen Annahmen zum mutmaßlichen Darlehen des früheren adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus von 2002 als Ursprung der ominösen Finanztransaktionen auf angeblichen Schilderungen. Nachweise dazu liegen anders als bei der OK-Überweisung von 2005 nicht vor.

Warum gegen Niersbach ermittelt wird

Niersbach setzt unterdessen offenbar auf eine Entkräftung der staatsanwaltlichen Vorwürfe wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. Informationen der SZ zufolge jedenfalls ist der angezählte Verbandschef auch nur ins Visier der Finanzbehörden geraten, weil er 2007 wenige Tage nach seiner Ernennung zum DFB-Generalsekretär die von seinen früheren OK-Kollegen Zwanziger und Schmidt erstellte und danach zweifach testierte Steuererklärung als verantwortlicher Amtsträger unterzeichnet hat.

Laut kicker soll die Steuererklärung bereits neun Monate zuvor durch die Wirtschaftsprüfer der Dr. Schmitz-Hüser WWS GmbH in Aachen testiert worden sein. Niersbach unterschrieb das umfangreiche Zahlenwerk im Vertrauen auf die Arbeit Schmidts und Zwanzigers angeblich ohne weitere Prüfungsmaßnahmen. Rothmund hält denn auch zumindest vorerst einen Rücktritt des DFB-Chefs oder auch nur eine vorübergehende Niederlegung seines Amtes für unangebracht. "Die DFB-Führung steht tatsächlich geschlossen und uneingeschränkt hinter Wolfgang Niersbach. Wenn er auch nur sein Amt ruhen ließe, gingen doch sofort Spekulationen wieder los, und es würde eine heftige Nachfolgediskussion einsetzen."

Wenig Interesse an Informationen aus erster Hand herrscht offenbar im Deutschen Bundestag. "Bislang hat keine Fraktion des Bundestages bei mir beantragt, Herrn Beckenbauer einzuladen", sagte die Sportausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag (SPD) dem SID am Donnerstag. Auch für eine Befragung des früheren WM-Botschafters Günter Netzer, der zur Affäre möglicherweise auch Erhellendes beitragen könnte, liegt demnach noch kein Antrag aus den Fraktionen vor. Ohne Aufforderung zur Einladung kann Freitag jedoch nicht handeln. "Wir bleiben an der Sache dran. Noch ist nichts aufgeklärt. Auch Günter Netzer, Franz Beckenbauer, Otto Schily, Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger müssen gehört werden", sagte Ausschuss-Mitglied Özcan Mutlu, sportpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, dem SID.

Die Bundesregierung hält sich zur Eskalation in der WM-Affäre bedeckt. Fragen zur Einleitung staatsanwaltlicher Ermittlungen zur ungeklärten Millionenzahlung des Organisationskomitees der Fußball-WM 2006 an den Weltverband Fifa "betreffen nicht die Politik der Bundesregierung", teilte ein Regierungssprecher auf SID-Anfrage mit: "Das Bundespresseamt nimmt daher zu diesen Fragen keine Stellung."

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