Deutschlands 7:0 gegen San Marino:Wie ein König auf dem Thron

Deutschland - San Marino

Dreifacher Torschütze gegen San Marino: Angreifer Sandro Wagner.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)
  • Das DFB-Team gewinnt in der WM-Qualifikation 7:0 gegen San Marino.
  • Sandro Wagner trifft dreifach - und steht exemplarisch für die Spielfreude der deutschen B-Elf.
  • Hier geht es zur Liveticker-Nachlese.

Von Sebastian Fischer, Nürnberg

Als es dann endlich so weit war, sollte kein San-Marinese mit Pferdeschwanz im Bild stehen, in seinem Bild. Das schien der Stürmer Sandro Wagner zu denken in jenem für ihn persönlich ja durchaus historischen Moment: Soeben war er nach einer Flanke von Joshua Kimmich mehr nach vorne getaucht als gesprungen, eine Art Flugkopfball. Wagner, 29, nach eigenen Angaben seit 29 Jahren bereit für diesen Moment, seit einer halben Woche Nationalspieler, war nun offiziell Torschütze für den Deutschen Fußball-Bund. Als die Kameras ihn zeigen sollten, da schubste er Juri Biordi einfach weg, den Abwehrchef von San Marino. Wagner reckte beide Hände in die Luft und lehnte sich nach hinten wie ein König auf seinem Thron.

Nein, dieses 7:0 der deutschen Nationalmannschaft gegen San Marino, der sechste Sieg im sechsten Spiel der WM-Qualifikation, wird die Fußballhistorie wohl eher nicht verändern. Aber es war immerhin ein schöner Abend für den Stürmer Wagner, der insgesamt drei Tore schoss. Historisch ist vielleicht, dass er nun schon mehr Tore für den DFB geschossen hat als, zum Beispiel, Mario Basler und Jörg Heinrich. Wagner war am Ende zufrieden - und was anderes war ja nicht wichtig. Oder?

Sandro Wagner ist von Beginn an der Fokus der Offensive

Vor dem Spiel hatten zwei Debatten die sommerlichen Auftritte des DFB begleitet, beide ließen sich in Nürnberg nicht ganz verstecken. Zwar bedeckte kurzzeitig eine riesige Deutschlandfahne vom Fan-Club powered by Coca-Cola die Haupttribüne. Doch als diese für das Spiel wieder verstaut war, waren die zahlreichen leeren Schalensitze im Nürnberger Stadion wieder gut sichtbar. Immerhin 32 467 Zuschauer wollten das Spiel sehen, doch hätte unter Woche Nürnbergs Bürgermeister keine wütenden Interviews ob des mäßigen Zuschauerinteresses gegeben, wären es wohl noch ein paar weniger gewesen.

Sehr gut zu sehen war außerdem das Plakat eines Mädchens, das sich auf der Haupttribüne in Sichtweite von Bundestrainer Joachim Löw postiert hatte. "Toni ich liebe dich!" stand auf der einen Seite geschrieben. Doch offenbar bei der Ansicht des deutschen Kaders, in dem Toni Kroos und viele weitere Stammspieler in diesem Sommer bekanntlich fehlen, hatte die junge Fußball-Liebhaberin sich zu einer Protestnote entschlossen: "Jogi, wo ist Toni?", untermalt von einem schlecht gelaunten Smiley. Alexej Sorokin, der russische Chef des Organisationskomitees des in einer Woche beginnenden Confed-Cups, ist also nicht der einzige, dem die Entscheidung des Bundestrainers missfällt, seine besten Spieler zu schonen.

Sobald das Spiel angepfiffen war, bemühten sich die deutschen Nationalspieler dann allerdings ziemlich rasch, Gedanken an das Aufgebot oder das Desinteresse an Spielen gegen San Marino zu zerschlagen. Die Gäste schafften es während der gesamten Partie kein einziges Mal über die Mittellinie. Wenn es es so etwas wie eine sportliche Erkenntnis gibt nach einem Spiel mit maximal vorhersehbaren Ergebnis, dann ist es die, dass elf dafür auserkorene Spieler auch auf solche Spiele gerade ziemlich viel Lust zu haben scheinen. Und damit zurück zu Sandro Wagner.

Und die Fans singen: "Oh, wie ist das schön"

Der Stürmer der TSG Hoffenheim war von Beginn an der Fokus der deutschen Offensive. Am Ende pausenlos vorgetragener Angriffe flankte immer irgendjemand - und am Rande des Fünfmeterraums lauerte, rangelte und wuselte Wagner. Nach 16 Minuten, es stand schon 1:0 nach einem Tor von Julian Draxler, traf er zum 2:0.

Nach 20 Minuten war er schon der Spieler, der in die Hände klatschte und laut "Ey!" in die Runde rief - ein im Fußball traditionell den Wortführern einer Mannschaft gebührendes Privileg. Nach 22 Minuten entschieden sich die begeisterungswilligen unter den gut 30 000 für die erste La-Ola-Welle. Nach 29 Minuten traf Wagner erneut. Nach 36 Minuten trat Draxler einen Freistoß auf den Kopf von Leon Goretzka anstatt auf Wagner. Draxler hatte da wohl etwas falsch verstanden.

In der Folge trafen Amin Younes sowie nach der Pause Shkodran Mustafi und Julian Brandt. Vor allem für Younes, den Flügelstürmer von Ajax Amsterdam, war es eine schöne Sache. Klang sein Nachname beim Verlesen der Aufstellung zu Beginn aus dem Mund der Zuschauer noch sehr zaghaft, ging am Ende niemand nach Hause, ohne ihn zu kennen.

Und Sandro Wagner? Traf noch einmal den Pfosten und nach 72 Minuten vergab er eine riesige Chance. Doch nach 85 Minuten flankte mal wieder Joshua Kimmich, es war seine vierte Torvorlage des Abends. In der Mitte sprang Wagner in die Luft, diesmal wirklich, und lenkte den Ball an den Innenpfosten, ein perfekter Kopfball. "Oh, wie ist das schön", sangen ein paar Fans, "so was hat man lange nicht gesehen." Und wer weiß? Vielleicht meinten sie das ja sogar ernst.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: