Eishockey-WM:Diesmal gewinnt die Schweiz - Deutschland scheidet aus

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"Wir hatten zu viel Respekt": Nico Sturm (rechts) und die DEB-Auswahl scheitern diesmal im Viertelfinale an der Schweiz mit Nico Hischier. (Foto: Andrea Branca/justpictures.ch/Imago)

Die Eishockey-WM ist für Deutschland zu Ende. Mal wieder ist die Schweiz der Gegner, doch vor allem zu Beginn des Viertelfinales agiert der Finalist von 2023 zu zaghaft. Nach dem 1:3 sagt Trainer Kreis: "Es gibt kein Abo aufs Finale."

Von Johannes Schnitzler

Dominik Kahun hat in seinem Leben als Eishockeyprofi einige Titel und Auszeichnungen erhalten. Dreimal deutscher Meister, Silber bei den Olympischen Spielen 2018 und WM 2023. Die Ernennung zum besten Spieler der deutschen Mannschaft gegen die Schweiz wäre für Kahun, Profi beim Schweizer Topklub SC Bern, unter anderen Umständen eine gewesen, die der 28-Jährige mit einem fröhlichen Lächeln quittiert hätte. Kahun hatte am Donnerstag in Ostrava ein Tor geschossen und noch ein Mal den Pfosten getroffen. Na, Kollegen, gesehen? Aber Kahun, ein freundlicher Mensch, lächelte nicht. Denn der beste Schweizer Spieler des Abends, Christoph Bertschy, hatte den Puck 57 Sekunden vor Schluss zum 1:3 (0:2, 1:0, 0:1) ins leere deutsche Tor geschubst.

Die Schweizer, 2023 den Deutschen im Viertelfinale unterlegen, stehen im WM-Halbfinale. Die deutsche Nationalmannschaft muss ihre Koffer packen. "Bitter", sagte Kapitän Moritz Müller bei Pro7. "Wir hatten am Anfang zu viel Respekt und waren zu weit weg vom Gegner. Da haben wir was liegen lassen." Bundestrainer Harold Kreis sagte: "Es gibt kein Abo auf Viertelfinale, Halbfinale oder Finale." Trotz der Enttäuschung würdigte er die Turnierleistung seiner Mannschaft: "Sie hat alles reingeworfen."

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Für Patrick Fischer war das Ergebnis eine Erlösung. Der Trainer der Schweizer schaut für sein Seelenheil gern über den Rand der 1800 Quadratmeter Eisfläche hinaus. Der 48-Jährige spricht mehrere Sprachen fließend, hat mit Indigenen im südamerikanischen Dschungel gelebt und an schamanischen Ritualen teilgenommen. Fischer ist herumgekommen. Aber nirgends ist ihm ein solch schreckliches Scheusal begegnet wie jene deutsche Mannschaft, die ihn bislang aus allen großen Turnieren jagte, wenn sich die beiden Nachbarn irgendwo auf der Eishockeywelt begegneten. Seit 2018 war das dreimal der Fall, zuletzt 2023 in Riga. "Wir haben ein gutes Turnier gespielt. Und dann kam Deutschland", sagte Fischer damals.

In diesem Jahr hat er sieben NHL-Profis in seinem Kader versammelt. Lediglich gegen Rekordweltmeister Kanada erlebte er in der Gruppenphase eine knappe 2:3-Niederlage. Um endlich das Etikett "Vorrunden-Weltmeister" loszuwerden, arbeiten sie in diesem Jahr zusätzlich mit einem "Performance Coach" - einem ehemaligen Profi-Wrestler.

"Jetzt haben wir sie da, wo wir sie haben wollen", sagt Kapitän Müller nach dem Anschlusstreffer

Auf einen netten Plausch zur Kaffeezeit um 16.20 Uhr waren die Deutschen aber ohnehin nicht aus. "Nett wird die Veranstaltung sicher nicht, das wird ein unangenehmes Spiel", sagte Nico Sturm voraus. Kreis warnte: "Wir brauchen eine überlegene, schlaue Aggressivität", also: keine blöden Strafzeiten. Aber schon nach 13 Sekunden verhängten die Referees die erste Strafe gegen das DEB-Team. Noch ohne Folgen. Die erste Überzahlchance für die deutsche Mannschaft dagegen führte zum ersten Tor. Aber nicht für das beste Powerplayteam der Vorrunde - sondern für die Schweiz. Bertschy erwischte Philipp Grubauer über der linken Schulter (8.).

Der Treffer zeigte Wirkung. Die Deutschen, in der Vorrunde mit forschen 34 Toren imponierend, waren beeindruckt von der Zweikampfintensität der Schweizer und hatten Glück bei einem Pfostenschuss von Calvin Thürkauf. Nico Hischier zielte genauer (17.). 0:2, das war nun wirklich unangenehm.

Die deutsche Mannschaft bemühte sich im zweiten Drittel um mehr Präsenz, allen voran Kapitän Müller, der in seinem 212. Länderspiel circa 212 Checks austeilte. Und auch die Schweizer kassierten unter Druck blöde Strafzeiten. Andrea Glauser fällte JJ Peterka, vier Sekunden später hieß es nur noch 1:2 (32.) durch Kahun. "Jetzt haben wir sie da, wo wir sie haben wollen", sagte Müller beim Gang in die Kabine. Es bahnte sich das übliche Drama an.

Bertschy trifft 57 Sekunden vor Schluss ins leere deutsche Tor

Aber auch zehn Minuten vor Schluss hielt die Schweizer Führung. Die Deutschen scheuten das letzte Risiko, doch die Uhr tickte lauter und lauter. Lukas Reichel hatte das 2:2 auf dem Schläger. Er verfehlte knapp.

1:45 Minuten vor der Schlusssirene nahm Kreis schließlich doch Grubauer vom Eis und brachte einen sechsten Feldspieler. Aber es war abermals Bertschy, der traf. Zum Sieg der Schweizer. Und zur Erleichterung seines Trainers.

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