Deutschland verliert bei Handball-WM:Erst verkrampft, dann glücklos

Tunisia v Germany - Men's Handball World Championship 2013

Niederlage für Deutschland: ungläubiger Blick auf die Anzeigetafel

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Dem holprigen Auftaktsieg folgt eine Enttäuschung: Bei der Handball-WM muss sich das deutsche Team Tunesien geschlagen geben. Die Mannschaft von Martin Heuberger findet trotz guter Chancen nie ins Spiel - der Bundestrainer ist trotzdem stolz.

Von Joachim Mölter, Granollers

An Spaniens Mittelmeerküste war es in den vergangenen Tagen frühlingshaft warm, man konnte sich gut im Freien aufhalten. In Barcelonas Vorstadt Granollers, wo die Teams der Gruppe A ihre Vorrundenspiele bei der Handball-Weltmeisterschaft austragen, hatten sie auf den großen Plätzen der Fußgängerzone kleine Handballfelder aufgemalt, Knirpse beiderlei Geschlechts lieferten sich dort hitzige Matches. In dem für die Olympischen Sommerspiele von 1992 erbauten Palau d'Esports selbst war es hingegen kühl, deutlich kühler als draußen. Die Spanier müssen derzeit an allem sparen, sogar an der Heizung. Aber nicht nur deswegen zitterte die Auswahl des Deutschen Handballbundes dem Turnierauftakt entgegen.

Es wusste ja keiner, wie sie einzuschätzen war. Bundestrainer Martin Heuberger hatte wegen verletzungsbedingter Absagen einiger Routiniers notgedrungen einen recht unerfahrenen Kader mit gleich sechs WM-Neulingen mitgenommen. Wie die neu formierte Mannschaft mit dem Druck einer WM umgehen würde, das war die Frage. Das erste Wochenende brachte da noch keine endgültige Antwort: Die deutschen Handballer gewannen ihr Auftaktspiel am Samstag gegen Brasilien 33:23 (12:10) und verloren tags darauf gegen Tunesien 23:25 (13:13).

Nach der ersten Niederlage überhaupt gegen den Afrikameister fand es Heuberger "etwas schade, dass wir nicht wenigstens ein bisschen belohnt worden sind mit einem Punkt". Der siebenfache Torschütze Sven-Sören Christophersen (Berlin) stimmte zu: "Wir haben nicht schlecht gespielt. Wir haben im Angriff Lösungen gefunden und Chancen herausgespielt - wir sind nur beim Abschluss gescheitert." Dreimal trafen die Deutschen nur Pfosten oder Latte, in anderen Szenen habe die Cleverness gefehlt, fand Heuberger. Rechtsaußen Patrick Groetzki sagte selbstkritisch: "Wir haben den tunesischen Torhüter wie einen Weltmeister aussehen lassen."

Die beiden Begegnungen verliefen nach dem gleichen Muster: Das deutsche Team hatte Anlaufschwierigkeiten, weil es zum einen in der Abwehr nicht sicher stand und zum anderen im Angriff eine Chance nach der anderen vergab; gegen Tunesien waren sogar zwei Siebenmeter dabei. Nach jeweils knapp zwanzig Minuten nahm Heuberger eine Auszeit, gegen Brasilien lag sein Team zu diesem Zeitpunkt 7:9 zurück, gegen Tunesien sogar 6:10.

Heuberger haderte

Während dem DHB-Team am Samstag die Wende gelang, vor allem dank der WM-Neulinge Steffen Weinhold (Flensburg/ sieben Tore) und Kevin Schmidt (Wetzlar/ fünf), scheiterte es am Sonntag trotz aller Bemühungen. Das lag auch daran, dass Torhüter Silvio Heinevetter nicht mehr der große Rückhalt war wie tags zuvor, als er allein in der ersten Halbzeit zehn Würfe pariert hatte. Und daran, dass Tunesien eine ganz andere Klasse darstellte als die Südamerikaner. Bereits am Samstag hatte der Afrikameister ja den Weltmeister und Olympiasieger Frankreich am Rande der Niederlage gehabt - erst gegen Ende setzte sich der Titelverteidiger 30:27 durch.

Schon in dieser Partie hatten Tunesiens junge Rückraumspieler Wael Jallouz, 21, und Amine Bannour, 22, mit ihrer Sprung- und Wurfgewalt beeindruckt. Am Sonntag taten sie das erneut, bereits zur Halbzeit hatten beide je viermal getroffen. Bundestrainer Heuberger haderte nachher damit, dass seine Verteidiger "nicht konsequent genug gegen die Rückraum-Bomber" vorgegangen seien und zu viele Treffer aus zehn, elf Metern zugelassen haben.

Erst im zweiten Durchgang war er zufrieden mit der Abwehrleistung. Groetzki fand: "Wenn man 25 Tore kassiert, kann man damit leben." Wobei Rechtshänder Jallouz mit vier Treffern demonstrierte, warum ihn der deutsche Rekordmeister THW Kiel von kommender Saison an für drei Jahre unter Vertrag genommen hat.

So wie Steffen Weinhold am Samstag empfohlen hatte, man solle den Erfolg über die Brasilianer "jetzt nicht überbewerten", weil sie "nicht zu den führenden Handball-Nationen zählen", so riet Sven-Sören Christophersen am Sonntag, "die Niederlage schnell abzuhaken". Bei dem neuen Turniermodus gehe es ja nicht mehr wie früher darum, Punkte in eine Hauptrunde mitzunehmen - "es geht um die Qualifikation fürs Achtelfinale, und die können wir immer noch schaffen". In der Gruppe A ist nur Frankreich ungeschlagen, dahinter rangieren vier Teams mit je einem Sieg und einer Niederlage sowie die noch erfolg-, aber noch nicht aussichtslosen Montenegriner.

Nächster Gegner der deutschen Auswahl ist am Dienstag (18.15 Uhr/live in der ARD) Argentinien. Der Südamerika-Meister hatte am Samstag für die erste Überraschung dieses Turniers gesorgt mit seinem 28:26 über Montenegro. Das DHB-Team sollte also gewarnt sein. Bis Dienstag sollen im Übrigen auch die Außentemperaturen im Großraum Barcelona sinken. Die deutschen Handballer werden also bis auf weiteres zittern müssen.

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