Deutschland bei der U21-EM:Unterlegen gegen eine Generation "wie Kaviar"

Deutschland bei der U21-EM: Da stand es plötzlich 2:0: Spaniens Fabián (rechts) feiert seinen Teamkollegen Dani Olmo für dessen Treffer.

Da stand es plötzlich 2:0: Spaniens Fabián (rechts) feiert seinen Teamkollegen Dani Olmo für dessen Treffer.

(Foto: Miguel Medina/AFP)
  • Die deutsche U21 kann ihren Titel nicht verteidigen und verliert im Endspiel um die Europameisterschaft mit 1:2 gegen Spanien.
  • Zum ersten Mal im Turnier war die deutsche Mannschaft unterlegen - zu Beginn kam sie manchmal minutenlang nicht an den Ball.
  • Wenn es gefährlich vor dem Tor der Spanier wurde, dann war meist Nadiem Amiri beteiligt, doch am Ende reichte es nicht für den Ausgleich.

Von Sebastian Fischer, Udine

Alexander Nübel hat in den vergangenen Tagen sehr viele Bälle gehalten, Kopfbälle aus kurzer Distanz, schwierigste Schüsse. Und jener des Spaniers Fabian Ruiz am Sonntagabend sah eigentlich harmlos aus, flach und aus der Distanz. Doch Nübel ließ den Ball nach vorne abprallen, Dani Olmo chippte ihn im Nachschuss über den Torwart der deutschen U21-Nationalmannschaft hinweg. Es war die Szene, die das Finale der U21-Europameisterschaft entschied. Deutschland verlor gegen Spanien mit 1:2 (0:1).

Zwei Wochen lang hatte die U21 für den deutschen Fußball geworben, über dessen Zukunft seit dem Vorrunden-Aus der A-Elf bei der WM 2018 zuletzt oft mit allenfalls verhaltenem Optimismus gesprochen worden war. Der Sommer 2019 ist beim DFB auch jener der Reformen, um auf Defizite in der Nachwuchsarbeit zu reagieren. Aber die U21 habe Vorbehalte "widerlegt", so sagte es Vizepräsident Reinhard Rauball nach dem Halbfinalsieg gegen Rumänien. Sogar Jürgen Klopp, der Trainer des FC Liverpool, hatte eine Videobotschaft geschickt, seiner Gesichtsfarbe nach zu urteilen offensichtlich aus dem Sommerurlaub: "Ihr seid die perfekte Mischung aus Herz, einer sensationellen Einstellung, einem fantastischen Teamspirit und riesigem Potenzial."

Im Finale wartete nun allerdings der erste unbestritten hochkarätige Gegner, derselbe wie vor zwei Jahren, als Deutschland in Krakau mit 1:0 den Titel gewonnen hatte. Bundestrainer Joachim Löw sah zum ersten Mal zu. Zum ersten Mal war das Stadion ausverkauft. Und zum ersten Mal war die deutsche Mannschaft unterlegen.

Trainer Stefan Kuntz hatte schon vorher erklärt, er sehe die Spanier "ein bisschen mehr in der Favoritenrolle", hatte Technik und Passqualität des Gegners gelobt und von vielen Spielern mit höherem Marktwert gesprochen. Schätzungen zufolge liegt jener des Innenverteidigers Timo Baumgartl vom Bundesliga-Absteiger VfB Stuttgart unter zehn Millionen Euro, jener des Mittelfeldspielers Ruiz vom SSC Neapel bei rund 50 Millionen. Es lief die achte Minute, da verließ Baumgartl seine Position, um Gegenspieler Mikel Oyarzabal bis weit ins Mittelfeld zu folgen. Das ergab viel Platz für Ruiz, der den Ball in den Lauf bekam und aus der Distanz schoss. Spanien führte nach der ersten Chance schon 1:0.

"Vielleicht haben wir uns in den ersten Minuten ein bisschen verunsichern lassen", sagte Kapitän Jonathan Tah nach dem Spiel in der ARD. Eine Generation "wie Kaviar", so hatte die Zeitung AS schon nach dem Finaleinzug getitelt, als Spanien Frankreich mit 4:1 geschlagen hatte. Fünfmal hat Spanien nun eine U21-EM gewonnen, so oft wie der bisherige Rekordsieger Italien, dreimal allein in diesem Jahrzehnt. Kuntz wollte mit seiner Aufstellung auf die Stärken des Gegners reagieren, er veränderte damit auch die Ausrichtung im Mittelfeld. Für den eher filigranen, offensiven Florian Neuhaus stellte er den eher groben, defensiven Suat Serdar auf, erstmals von Beginn an.

Deutschland kam zu Beginn manchmal minutenlang nicht an den Ball

Spanien begann so, wie man das von spanischen Mannschaften gewohnt ist, dominant im Ballbesitz. Deutschland kam zu Beginn manchmal minutenlang nicht an den Ball. Erst nach zwanzig Minuten schien die deutsche Elf etwas mutiger zu spielen, nach 24 Minuten musste Spaniens Junior Firpo den Ball höchst unspanisch aus dem eigenen Strafraum dreschen. Und Spanien hatte nach etwas mehr als einer halben Stunde Glück, dass der frühere Frankfurter Jesus Vallejo nach einem Tritt gegen das Schienbein von Luca Waldschmidt nur die gelbe und nicht die rote Karte sah.

Wenn es gefährlich vor dem Tor der Spanier wurde, dann war meist Nadiem Amiri beteiligt, der Angreifer von der TSG Hoffenheim, der im Halbfinale gegen Rumänien zwei von vier Toren erzielt hatte. Nach 47 Minuten schoss er auf die kurze Ecke, Torhüter Antonio Sivera ließ den Ball nach vorne abprallen, Vallejo musste zur Ecke klären. Nach 63 Minuten versuchte er es wieder aus der Distanz, der Ball flog übers Tor, und Aufbruchsstimmung kam nicht so richtig auf.

Nach 88 Minuten schoss er aus der Distanz, der abgefälschte Ball flog über Sivera ins Tor. Aber da war es schon zu spät. Denn nach 69 Minuten hatte Olmo mit seinem Chip über Nübel das 2:0 erzielt.

Der Spieler des Turniers aus deutscher Sicht ist Luca Waldschmidt, sieben Tore hat er geschossen und war gleichzeitig eine Art Spielmacher, auch gegen Spanien. Doch diesmal fiel es ihm nicht ganz so leicht wie gegen Dänemark, Serbien oder Österreich, sich Raum für seine Aktionen zu verschaffen. Seine auffälligste Aktion am Sonntag war ein Schuss aus weniger als fünf Metern. Er schoss daneben. Dennoch: "Wir können mit breiter Brust aus dem Turnier gehen", betonte Kuntz. Die Mannschaft habe nie aufgegeben. "Da kann man als Trainer echt stolz sein."

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