Deutschland siegt in der WM-Qualifikation:Fahrlässig gegen Färöer

Der 3:0-Erfolg der DFB-Elf zum Auftakt der WM-Qualifikation gelingt ungefährdet - Bundestrainer Löw kritisiert dennoch die schlechte Chancenverwertung gegen den unterklassigen Gegner. Das Problem zieht sich nun bereits durch mehrere Länderspiele.

Carsten Eberts, Hannover

Joachim Löw lobt nicht gerne. Schon gar nicht hebt er einzelne Spieler heraus, so etwas liegt dem Bundestrainer fern, Fußball ist schließlich ein Mannschaftssport. Vor diesem Hintergrund war es zumindest bemerkenswert, was sich nach dem reichlich unspektakulären 3:0-Sieg zum Auftakt der WM-Qualifikation gegen Färöer ereignete. Löw lobte. Und wie.

WM-Qualifikation - Deutschland - Färöer

Mittelfeldregisseur mit Torinstinkt: Mesut Özil sorgte im Quali-Spiel gegen Färöer für klare Verhältnisse.

(Foto: dpa)

"Überragend" nannte Löw da den Vortrag von Mittelfeldmann Mesut Özil. "Wie er sich um die Spieler windet und sofort offensive Aktionen startet - klasse", sagte Löw gar, und man fragte sich bereits, wann der Bundestrainer zuletzt öffentlich so von einem seiner Spieler geschwärmt hatte. Er schloss mit den Worten: "Das war Mesut, wie man ihn kennt." Und hinterließ verblüffte Gesichter.

Es hatte natürlich seinen Grund, weshalb sich Löw seinen Mittelfeldstrategen von Real Madrid herausgepickt hatte. Das 3:0 gegen Färöer war zwar in der zweiten Halbzeit eine ungefährdete Angelegenheit - jedoch nur dank Özil. Der Madrilene hatte in Hannover einerseits nahezu jeden Angriff initiiert. Mit zwei Toren in der 54. und 71. Minute hatte Özil aus dem knappen 1:0 zur Halbzeit zudem eine beruhigende Führung herausgeschossen.

Damit hatte Özil vor allem geschafft, woran seine Kollegen zuvor gleich mehrfach gescheitert waren: Er hatte Färöers formidablen Keeper Gunnar Nielsen bezwungen. Der hatte vor allem in der ersten Halbzeit glänzend pariert, gegen Miroslav Klose, auch gegen Marco Reus und Thomas Müller, die frei vor Nielsen auftauchten, jedoch gegen die Nummer 154 der Weltrangliste das Tor nicht trafen. "Wir brauchen derzeit sehr viele Chancen", sagte Löw später zerknirscht. In der ersten Halbzeit traf lediglich Mario Götze nach einer schwindelerregenden Einzelleistung (28. Minute).

Löws Spieler waren anschließend um Relativierung bemüht. "Wir sollten das Ergebnis nicht überbewerten", erklärte etwa Özil. "Wichtig war, dass wir uns keine Blöße geben. Mit dem 3:0 können wir gut leben. Jetzt steht ein härterer Brocken vor der Tür", sagte auch Müller. Der Münchner meinte Österreich, das am kommenden Dienstag in Wien nächster deutscher Gegner ist. Durch den Sieg gegen Färöer steht Deutschland auf Platz eins der Qualifikationsgruppe C. Den will das DFB-Team im besten Fall nicht mehr hergeben. Schon gar nicht gegen Österreich.

Torinstinkt als Alleinstellungsmerkmal

Wer zwangsläufig eine Erkenntnis mitnehmen will, muss sich jedoch der deutschen Chancenverwertung widmen. Hätten Klose, Reus und Müller allesamt einen guten Tag erwischt - der Sieg hätte gar zweistellig ausfallen können. Doch abgesehen von Özil erwischte kaum ein Offensivspieler einen guten Tag. "Wir haben sehr viele Chancen liegen lassen", bemerkte Kapitän Philipp Lahm. Auch Torschütze Götze fand: "In der ein oder anderen Situation hätten wir konsequenter sein müssen."

Bundestrainer Löw stellte ebenfalls klar, dass er in der Chancenverwertung durchaus ein Problem herannahen sieht. "Es haben mal wieder Kleinigkeiten gefehlt", sagte Löw, "das war auch schon gegen Argentinien und Griechenland so." Vor drei Wochen beim Test gegen Argentinien traf lediglich Abwehrspieler Benedikt Höwedes, im EM-Viertelfinale gegen Griechenland (Endstand 4:2) tat sich das DFB-Team in der ersten Stunde ebenfalls erstaunlich schwer. Das traumatische Halbfinalspiel gegen Italien (Endstand 1:2) nannte Löw lieber gar nicht erst.

Wirkliche Besserung, zumindest in personeller Sicht, in der Sturmspitze hat Löw nicht zu erwarten: Klose ist der einzige fitte Angreifer von Klasseformat - der nur manchmal Tage hat, an denen nicht viel gelingt. Danach kommt lange nichts. Bis zur Rückkehr von Bayern-Stürmer Mario Gomez, der sich nach einer Fußoperation allmählich im Aufbautraining befindet, wird es noch einige Wochen dauern.

Trifft Klose wie gegen Färöer nicht, wird es derzeit eng im DFB-Sturm. Weder der zum Aushilfsstürmer beförderte Reus noch Müller noch der eingewechselte Schürrle konnten sich als kaltschnäuzige Alternativen empfehlen, nicht einmal gegen eine Mannschaft voller Fischer und Handwerker von den Färöern. Der ebenfalls eingewechselte Lukas Podolski hatte nicht eine offensive Aktion. In der Bundesliga überragten an den ersten beiden Spieltagen auch keine deutschstämmigen Stürmer mit wundersamen Toren.

Und so war es eben doch zu erklären, dass Joachim Löw seinen Spieler Mesut Özil so überschwänglich lobte. Er hatte schließlich Torinstinkt bewiesen. An manchen Abenden ist dies durchaus ein Alleinstellungsmerkmal im deutschen Team.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: