Deutschland im Halbfinale der Eishockey-WM:Läck mir am Tschöpli!

Deutschland im Halbfinale der Eishockey-WM: Die Spieler der deutschen Mannschaft jubeln nach ihrem Sieg.

Die Spieler der deutschen Mannschaft jubeln nach ihrem Sieg.

(Foto: Roman Koksarov/dpa)

Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft zieht mit einem 3:1 gegen die Schweiz ins Halbfinale der Eishockey-WM ein. Gegen die USA geht es am Samstag um die erste WM-Medaille seit 70 Jahren.

Von Johannes Schnitzler

Eng, hitzig, hart: So erwartete die deutsche Nationalmannschaft um Bundestrainer Harold Kreis ihr Viertelfinale bei der Eishockey-Weltmeisterschaft am Donnerstag in Riga gegen die Schweiz. "Wir werden sicher ein paar Eisbeutel brauchen nach dem Spiel", sagte Marcel Noebels. Der Stürmer von den Eisbären Berlin hatte vor zwei Jahren an selber Stelle gegen denselben Gegner mit einem traumhaft verwandelten Penalty den deutschen Einzug ins Halbfinale perfekt gemacht. Diesmal sollte es schneller gehen. Nach 60 Minuten setzte sich Deutschland 3:1 (1:0, 2:1, 0:0) durch und spielt nun am Samstag in Tampere um die erste WM-Medaille seit 70 Jahren. Gegner sind dann die USA, die parallel 3:0 gegen Tschechien gewannen. "Die ersten Minuten waren sehr, sehr hart für uns, da waren wir ganz schön am Schwimmen", sagte Noebels später. Und am Ende: "War es wieder ein Spiel, wie wir es uns gewünscht haben. Wieder mal eine absolute Teamleistung."

Kreis spürte vor diesem Spiel die "Elektrizität" in der Kabine, wie er sagte: Es knisterte. Die Deutschen vertrauten nach vier Siegen in Serie (nach zuvor drei Niederlagen) auf ihre mentale Stärke und labten sich an der Erinnerung an drei Erfolge gegen die "Nati" in den vergangenen drei K.-o.-Duellen. Die Schweizer wiederum gingen mit dem Selbstbewusstsein eines Gruppensiegers in dieses Spiel. Die Deutschen würden "Probleme haben mit unserem Speed", prophezeite ihr Trainer Patrick Fischer. Und so sahen die ersten Minuten auch aus.

Es knistert in der Kabine: Trainer Harold Kreis spürte vor dem Spiel "die Elektrizität"

Aber Kreis' Team befreite sich von diesem ersten Ansturm und ging in Führung durch einen Treffer, der zum mentalen Ballast für den Gegner wurde: Maximilian Kastner löffelte den Puck einfach mal zum Tor - und der schlawinerte sich zwischen Robert Mayers Arm und Beinschiene hindurch und rollte wie in Zeitlupe hochkant zum 1:0 über die Linie (7.).

Fischer hatte überraschend auf Leonardo Genoni verzichtet und Mayer, bei Servette Genf im Tor, den Vorzug gegeben. Wegen der Erinnerungen an Riga 2021? Damals stand Genoni zwischen den Pfosten.

Die Deutschen waren jetzt endgültig unter Strom. Sie störten früh und raubten den Schweizern ihre Geschwindigkeit und unterließen alle Faxen, wie NHL-Profi Nico Sturm es immer wieder gefordert hatte. Natürlich hatten sie Respekt vor diesem Gegner. Verteidiger Leon Gawanke, der 2021 in Riga 44 Sekunden vor der Schlusssirene zum 2:2 getroffen hatte, sagte: "Die Schweizer sind noch mal stärker als vor zwei Jahren." Und nach 47 Sekunden im zweiten Drittel glich Jonas Siegenthaler (New Jersey) aus; Pech für die Deutschen, dass die Schiedsrichter zuvor einen Stockschlag gegen Moritz Seider übersehen hatten.

Auch Kastner bekam einen Stock ab, seine Nase blutete: Vier Minuten Zeit für die deutsche Mannschaft, um in Überzahl wieder in Führung zu gehen. Aber auch die Schweizer waren jetzt auf Betriebsspannung. Das Überzahlspiel verpuffte, ebenso das nächste; diesmal aber, weil Seider - immer noch grantig wegen des Fouls an ihm vor dem 1:1 - Gaetan Haas gegen jede Handwerkerregel von hinten an die Bande kachelte. Damit war der beste deutsche Verteidiger raus, und die Schweizer hatten plötzlich mehr als vier Minuten Zeit für ein Powerplay. Auch sie konnten davon nicht profitierten.

"Wir haben die Tore zum richtigen Zeitpunkt geschossen", fand Stürmer Marcel Noebels

Na dann: Kaum war das DEB-Team wieder vollzählig, schickte John-Jason Peterka nach feiner Kombination mit Dominik Kahun den Puck gegen Mayers Bewegungsrichtung ins Netz (38.). Besser noch: Nur 37 Sekunden später bediente Wojciech Stachowiak nach einem Unterzahl-Konter Sturm gedankenschnell zum 3:1; schon der sechste Turniertreffer für den besten Torschützen im deutschen Team. "Wir haben die Tore zum richtigen Zeitpunkt geschossen", fand Noebels.

In den Köpfen der Schweizer arbeitete es. Acht Mal standen sie unter Fischer bei einem großen Turnier im Viertelfinale - sieben Mal ging ihnen danach der Saft aus und am Donnerstag folgte der achte Blackout. Die Deutschen hielten ihr Spiel einfach, hatten einen Pfostenschuss durch Justin Schütz und blieben konzentriert.

Sechs Minuten noch. Fünf. Auf den Schweizer Gesichtern war zu lesen, was sie dachten: Läck mir am Tschöpli, scho wieder! Dreieinhalb Minuten vor Schluss nahm Fischer Mayer vom Eis, ein sechster Feldspieler war sein letzter Joker. Er sollte nicht stechen. "Wir haben alles reingeworfen und als Team richtig gut verteidigt", sagte Kapitän Moritz Müller. Nico Sturm wünschte sich nur noch eins: "Ab in die Eistonne!"

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