Die Ostravar Arena, eine Mehrzweckhalle im Ostrauer Stadtteil Zabreh, sieht von außen wie ein riesiges Waffeleisen aus. Innen bietet sie Platz für knapp 10 000 Eishockey-Zuschauer, bei Konzerten sind es ein paar Plätze mehr. Alice Cooper war schon da, Iron Maiden und auch Rammstein. Was Hitze und Lautstärke angeht, ist dieser 1986 eröffnete Zweckbau aus der Endphase der kommunistischen Ära also hinreichend auf seine Standfestigkeit geprüft. An diesem Samstag aber wird die Arena mutmaßlich einen neuen Höhepunkt auf der nach oben offenen Kreisch-Skala erleben, wenn die deutsche Nationalmannschaft in ihrem sechsten und vorletzten WM-Gruppenspiel auf Polen trifft (16.20 Uhr, Pro7 und Magentasport). Quasi im Vorlauf dazu besiegte das Team von Harold Kreis am Freitag Kasachstan souverän 8:2 (2:1, 3:0, 3:1) durch Tore von Lukas Reichel, der an seinem 22. Geburtstag zwei Treffer erzielte, Maksymilian Szuber, Parker Tuomie, J.J. Peterka, Lukas Kälble, Frederik Tiffels und Maximilian Kastner. "Das war so ein Spiel, in dem alles reingeht", sagte Peterka bei Pro7.

Weltmeisterschaft in Tschechien:Spielplan der Eishockey-WM 2024: Alle Spiele und Ergebnisse
Tschechien hat es geschafft: In einem engen WM-Finale setzte sich der Gastgeber gegen die Schweiz durch und kürte sich zum 13. Mal zum Weltmeister. Der Spielplan mit allen Spielen im Überblick.
Zum Duell der beiden Nachbarn am Samstag werden mehr polnische Fans erwartet, als in die Halle passen. Die Grenze zwischen Tschechien und Polen ist nah, nur knapp zehn Kilometer. Polen spielt erstmals seit 2002 wieder bei einer A-Weltmeisterschaft. Bei den Partien gegen Lettland, Schweden und Frankreich war die Halle fest in polnischer Hand, lediglich gegen die Slowakei war das Verhältnis unentschieden - die slowakische Grenze ist auch nur rund 50 Kilometer von Ostrava entfernt.
Die Stimmung unter den polnischen Fans war prächtig, obwohl das Team des Slowaken Robert Kalaber in diesen vier Spielen lediglich ein Pünktlein ergattert hat. Überall hingen rot-weiße Flaggen mit den Herkunftsorten der polnischen Fans, darunter Katowice und Oswiecim: Auschwitz. Unia Oswiecim ist aktueller polnischer Meister, in der Finalserie setzte sich der Klub gegen Titelverteidiger Kattowitz durch.
Am College wurde Stachowiak weder mit Maschinenbau noch mit seinem Trainer glücklich
Wenn sich deutsche und polnische Teams begegnen, spielt immer die gemeinsame Vergangenheit mit. Für den deutschen Nationalspieler Wojciech Stachowiak, geboren 1999 in Danzig, ist das Spiel am Samstag zunächst aber einmal ein Verwandtschaftstreffen: "Meine Schwester wohnt nur 40 Minuten von Ostrau entfernt", sagte Stachowiak vor der WM, seine ganze Familie werde bei den Spielen dabei sein. Emotional ist das Spiel ein besonderes für ihn. Rein sportlich betrachtet sei Polen "nur ein weiterer Gegner, der uns im Weg steht". Dieser Weg Richtung Viertelfinale ist am Freitag durch den dritten Sieg im fünften Spiel wieder ein gutes Stück breiter geworden.
Gegen Kasachstan bereitete Stachowiak vier Treffer vor. Der 24-Jährige vom ERC Ingolstadt erspielte sich bei der WM im vergangenen Jahr als Teil des deutschen Silber-Teams erstmals größere Aufmerksamkeit. "Den hat vorher niemand so richtig auf dem Schirm gehabt", sagt Kapitän Moritz Müller. Stachowiak begann beim Danziger Werftarbeiter-Klub Stoczniowiec mit dem Eishockey, kam über Weißwasser und Krefeld nach Mannheim und wagte von dort den Sprung in die USA. An der Michigan State University studierte er Maschinenbau, wurde aber in zwei Jahren weder am College noch mit seinem Trainer glücklich und wechselte 2020 in die Deutsche Eishockey Liga nach Ingolstadt.
Bei der WM in Tampere imponierte der Stürmer mit Tempo, Spielwitz und Toren, mal frech mit der Rückhand erzaubert, mal hart erkämpft wie die Rechte der Arbeiter auf der Danziger Werft. In der Vorbereitung auf diese WM gelang Stachowiak gegen die Slowakei ein typisches Stachowiak-Tor: Einem vermeintlich verlorenen Puck setzte er mit flatternden Haaren nach und übertölpelte seinen verdutzten Gegenspieler, von dessen Kufe der Puck ins Netz sprang. "Typisches Stachowiak-Tor", sagt er, darauf angesprochen, und lacht: "Das klingt so, als ob ich nur solche Kacktore machen würde." Und wenn schon: "Ich will Energie reinbringen", sagt Stachowiak, ins Spiel oder ins Stadion. "Wenn die Fans feiern, hilft uns das auch." So gesehen darf sich das deutsche Team gegen Polen auf Lärmschutzfaktor null freuen.