Süddeutsche Zeitung

6:1 gegen Nordirland:Ein bemerkenswerter Abend zum Abschluss

  • Die deutsche Nationalmannschaft gewinnt zum Abschluss der EM-Qualifikation 6:1 (2:1) gegen Nordirland.
  • Dadurch sichert sich das Team von Joachim Löw den Gruppensieg vor den Niederlanden.
  • Serge Gnabry und Toni Kroos überragen.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Gegen Ende des Spiels gewannen die deutschen Fans gesangstechnisch mal die Oberhand. Fast die komplette Spielzeit über waren die nordirischen Fans überlegen gewesen waren, unabhängig von ihrer numerischen Unterzahl und des konkreten Spielstandes - und teilweise nur zu stoppen von dem Gegenmittel, über dessen künstlerischen und atmosphärischen Wert sich trefflich streiten lässt: der Blaskapelle. Aber nun, gegen Ende des Spiels, da waren die deutschen Fans einmal eindeutig zu vernehmen, wie sie den Klassiker "Oh, wie ist das schön" intonierten.

Es war ein bemerkenswerter Fußballabend, den die deutsche Mannschaft zum Abschluss dieses so wechselhaften Länderspieljahres zeigte. Mit 6:1 (2:1) gewann sie trotz eines frühen Rückstandes das Spiel gegen Nordirland, wobei insbesondere der dreimalige Torschütze Serge Gnabry sowie der Regisseur Toni Kroos herausragten. Damit sicherte die DFB-Auswahl wie gewünscht in der Abschlusstabelle der EM-2020-Qualifikationsgruppe den ersten Platz vor den Niederländern. Der war ihren Vertretern zwar weniger wichtig mit Blick auf die Setzposition in der so komplizierten Auslosung für die EM-Endrunde, aber durchaus für ihr Gefühl, wie Spielmacher Kroos erklärte.

"Wir zeigen sehr, sehr guten Fußball", sagte Gnabry. "Wir gehen selbstbewusst und mit einem guten Lauf ins Turnier. Die Mannschaft ist jung, aber wir haben alle riesigen Spaß." Joachim Löw lobte: "Es hat sehr viel Spaß gemacht. Wir haben das Spiel konsequent durchgezogen und haben uns vom Tor nicht beeindrucken lassen", lobte Löw.

Er wolle den einen oder anderen Spieler noch einmal sehen, hatte der Bundestrainer schon am Tag vor dem Spiel erklärt. Konkret wirkte sich diese Ankündigung dann so aus, dass er gegenüber dem 4:0 gegen Weißrussland vor einigen Tagen insbesondere in der Defensive einige Wechsel vornahm: Er beorderte Marc-André ter Stegen ins Tor, Emre Can und Jonathan Tah in die Innenverteidigung sowie Jonas Hector auf den linken Posten der Viererkette. Und in der Offensive durfte als fünfter Neuer Julian Brandt ran.

Aber anstatt das Können dieses Quintetts und aller anderen Startelf-Spieler zu genießen, musste Löw erst einmal einen Rückstand verarbeiten. Schon nach sieben Minuten kam ein Ball von der linken Seite in die Mitte, und dort zog Michael Smith aus gut 25 Metern mit dem Spann ab ins Eck. Doch bemerkenswerterweise schien das die deutsche Mannschaft kaum zu irritieren. Denn schon kurz darauf kam sie zu zwei Ausgleichschancen, beide initiiert von Kroos, der an diesem Abend zum ersten Mal in seinem Karriere in einem Pflichtspiel der Nationalmannschaft als Kapitän auflief. Aber Gnabry vergab, als er freistehend vor Nordirlands Torwart Bailey Peacock-Farrell auftauchte - und Ilkay Gündogan setzte den Ball per Kopf an den Pfosten. Auf der anderen Seite leistete sich Hector bei einem Pass in der Strafraumnähe einen Aussetzer, aber Paddy McNair gelang es nicht durchzubrechen.

"Das war eine kalte Dusche, danach hatten wir noch das eine oder andere Problem", sagte Hector.

Es war nun keine leichte Aufgabe für die Deutschen. Nordirlands Trainer Michael O'Neill gestattete zwar seinem Angreifer Josh Magennis, das Spielgeschehen nahe der Mittellinie fast teilnahmslos zu verfolgen, alle anderen neun nordirischen Feldspieler ordneten sich im Blockademodus an: Sechserkette hinten, dann noch drei davor. Die Deutschen fanden dennoch manchen Weg durchs Geflecht, und schneller als gedacht kamen sie zum Ausgleich. Von der linken Seite kam eine Flanke, und in der Mitte vollendete Gnabry mit einem Drehschuss zum 1:1.

Danach ließ das Tempo etwas nach, aber rechtzeitig vor der Halbzeitpause zogen die Deutschen noch einmal an - und mit etwas Glück gelang Leon Goretzka der Führungstreffer (43.). Von der linken Seite kam eine Hereingabe, Nordirlands Klärungsversuch scheiterte, stattdessen kam der Ball von Goretzka an den Innenpfosten und von dort ins Tor.

Nach dem Seitenwechsel dauerte es dann nicht lange, bis das Spiel entschieden war: Lukas Klostermann flankte, Gnabry lief ein und erzielte das 3:1 (47.). Kurz danach hätte Kroos bereits den vierten Treffer für die DFB-Elf erzielen und seine starke Leistung krönen können, doch sein Fernschuss ging nichts ins Tor. Dafür war kurz danach wieder Gnabry zur Stelle: Kroos passte zu Brandt, der leitete auf Gnabry weiter - und der wiederum verlud Peacock-Farell. Es war der dritte Treffer des Münchner Angreifers an diesem Abend, und bereits sein 13. Tor im 13. Länderspiel.

"Er hat schon eine unglaubliche Klasse. Im Abschluss ist er eiskalt", lobte Löw.

Den Deutschen war sichtlich anzumerken, wie sie das Geschehen genossen. Ein paar flotte Kombinationen entstanden, und in der Defensive wiederum ließen sie nach dem Führungstreffer kaum etwas zu. Zwischendurch kam auch noch Niklas Stark ins Spiel, der Berliner Verteidiger, der so viel Verletzungspech hatte in diesem Länderspieljahr und nun endlich, endlich zu seinem Debüt kam.

Zwei Treffer gelangen den Deutschen noch in der Schlussphase an diesem starken Abend, einer durch Leon Goretzka (73.) und einer durch Julian Brandt (90.). Aber auf der Tribüne waren selbst in den Schlussminuten noch mal die Nordiren zu hören.

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Quelle:
SZ vom 20.11.2019/tbr
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