DFB-Team gegen Tschechien:Verteidigen für schönes Wetter

FC Bayern: Joshua Kimmich nach einer Verletzung im Spiel gegen den BVB

Auch beim DFB herrschte Erleichterung, dass für den verletzten Joshua Kimmich die EM wohl nicht in Gefahr ist.

(Foto: AFP)

Joshua Kimmich fehlt dem DFB-Team vor den letzten Länderspielen des Jahres an einer entscheidenden Stelle. Oliver Bierhoff kritisiert derweil die Kritik an der Nationalelf.

Von Sebastian Fischer

Oliver Bierhoff hatte ein Telefonat geführt, über das er sich offensichtlich sehr freute. Die Stimme von Joshua Kimmich, berichtete der Direktor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), sei "sehr stark" gewesen, der Nationalspieler habe erleichtert geklungen darüber, dass seine Verletzung nicht ganz so schwer sei wie gemeinhin befürchtet. Und Kimmich sagte laut Bierhoff noch etwas, das ihm wohl so gut gefiel, dass er es betonte: "Er hat gesagt: Schade, dass ich nicht da bin."

Bierhoff, 52, nutzte am Montag die Gelegenheit der DFB-Pressekonferenz in Leipzig anlässlich der drei anstehenden Länderspiele gegen Tschechien (Mittwoch), die Ukraine (Samstag) und Spanien (Dienstag), um Kritik an der Kritik an der Nationalelf zu üben, die nach den jüngsten wenig überzeugenden Leistungen aufgekommen war. Von einer "dunklen Wolke", die es zu vertreiben gelte, sprach er in einem minutenlangen Monolog, noch bevor ihn überhaupt ein Reporter etwas gefragt hatte. "Es tut mir sehr weh, wie mit den jungen Spielern umgegangen wird", sagte er. Zwar betonte er auch, er wolle "kein Mitleid", ihn könne man kritisieren, Bundestrainer Joachim Löw auch. Aber die Mannschaft bitte nicht in dem Ton, in dem es geschehen sei. Denn die Spieler, sagte er, würden sich um ein "neues Bild" der Nationalelf bemühen. "Die jungen Spieler haben unser Vertrauen verdient - und sie werden es auch zurückzahlen."

Es passte daher zu seiner Argumentation, dass Kimmich, 25, unter den Jungen schon fast einer der Alten, offenbar sehr gerne zur Nationalelf gereist wäre. Es ist allerdings umso unglücklicher für die Ambitionen beim DFB, dass er nun fehlt. Der FC Bayern hatte am späten Sonntagabend bekanntgegeben, dass Kimmich am Außenmeniskus des rechten Kniegelenks operiert wurde, nachdem er sich die Verletzung beim 3:2-Sieg in Dortmund am Samstag zugezogen hatte.

Beim FC Bayern reagierten sie mit Erleichterung auf die Diagnose, mit der er laut Klub-Mitteilung im Januar wieder zur Verfügung stehen soll. Auch beim DFB war die Erleichterung groß, dass Kimmichs Einsatz bei der im kommenden Sommer geplanten EM nicht in Gefahr sein dürfte. Allerdings fehlt er nun in zentraler Rolle in drei Spielen, deren Bedeutung Bierhoff gar nicht mal so niedrig einschätzt. Es geht ja, nach dem Testspiel gegen Tschechien, um Punkte in der Nations League. Und es geht darum, dass sich die deutsche Abwehr etwas besser präsentieren soll als in den jüngsten drei Spielen im Oktober.

Kimmich war da, jedenfalls beim 2:1 in der Ukraine und beim 3:3 gegen die Schweiz, teilweise eine Aufgabe zugefallen, mit der sich die Verteidiger noch schwertun: der Spielaufbau. Kimmich hatte sich von seiner Position im zentralen Mittelfeld immer wieder zurückfallen lassen müssen, um sich den Ball abzuholen und Angriffe zu initiieren. Besonders im System mit einer Dreierkette ist das eigentlich nicht vorgesehen. Als Löw dann gegen die Schweiz eine Viererkette aufstellte, unterliefen der Abwehr einige Stellungsfehler. Es brauche in der Defensive "mehr Abstimmung und Sicherheit", sagte Bierhoff. Er verwies aber auch darauf, dass Innenverteidiger Niklas Süle, der diesmal wegen eines positiven Coronatests fehlt, eine lange Pause nach einem Kreuzbandriss hinter sich habe - und Antonio Rüdiger beim FC Chelsea die Spielpraxis fehle.

Zur Ausbootung von Boateng, Hummels und Müller sagt Löw dem "Kicker", man könne "das jetzt nicht rückgängig machen"

Bundestrainer Löw äußert sich für gewöhnlich ähnlich diplomatisch, hat allerdings durchaus auch grundsätzlichere Probleme erkannt und benannt. Dem Kicker sagte er, dass die aktuelle Verteidiger-Generation im Spielaufbau "noch verbesserungsfähig" sei - und übte eine Art Einzelkritik: "Süle kann es", Rüdiger habe "extreme Fortschritte gemacht" und Matthias Ginter sei "sehr ruhig und sicher". Außerdem merkte Löw an, dass die Weltmeister von 2014 auch lange gebraucht hätten, um darin so gut zu werden.

Ob Jérôme Boateng, Mats Hummels und Thomas Müller - oder jedenfalls einer der Drei - doch noch mal zurückkehren, das ist bei nahezu jedem Länderspiel ein Thema. Diesmal kommt auch noch die vorsichtigere Diskussion über Mario Götze hinzu, der nach seinem Wechsel zur PSV Eindhoven schon drei Tore geschossen hat. "Wir verlieren auch ihn nicht aus den Augen", sagte Löw dem Sportbuzzer. Zur Entscheidung von 2019, Boateng, Hummels und Müller nicht mehr zu nominieren, sagte er dagegen dem Kicker, man könne "das jetzt nicht rückgängig machen".

Wie das wäre, sollten sie etwa doch zur EM zurückkehren, darüber sprach dann Bierhoff. Er erinnerte an die Rückkehr von Lothar Matthäus vor der WM 1998, die er selbst als Spieler erlebte. So etwas verändere die Gruppe, mahnte er, "weil das Alpha-Tiere sind". Die Jungen bräuchten auch Raum, um sich zu entwickeln.

Auch unter den Jungen gibt es ja Spieler mit gewissen Alpha-Tier-Ansprüchen. Ob es am Telefon mit Joshua Kimmich auch darum ging, sagte Bierhoff aber nicht.

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