Handball-WMDie nächste Galavorstellung

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Juri Knorr war mit neun Treffern bester Werfer gegen die Niederlande.
Juri Knorr war mit neun Treffern bester Werfer gegen die Niederlande. (Foto: Tilo Wiedensohler/IMAGO/camera4+)

Die deutsche Nationalmannschaft zieht nach dem 33:26-Erfolg gegen die Niederlande ins Viertelfinale ein. Rückraum Köster, Spielmacher Knorr und Torhüter Wolff sind die entscheidenden Spieler - nun geht es gegen Norwegen um den Gruppensieg.

Von Ralf Tögel, Kattowitz

Die deutschen Handballer setzen ihre Erfolgsgeschichte bei der Handball-WM bravourös fort. Mit dem souveränen 33:26-Sieg gegen die Niederlande, die vorher als harter Prüfstein ausgemacht worden waren, gewannen die Deutschen auch ihr viertes Spiel und zogen vorzeitig ins Viertelfinale ein.

Ein bisschen bange war Bundestrainer Alfred Gislason vor der Partie schon, wie er hernach zugab, umso glücklicher war der Isländer "dass wir so gewonnen haben". Das deutsche Team hatte sich vorgenommen "den Angriff der Holländer, der extrem wendig und schnell ist, zu zermürben", was dank einer "phänomenalen Leistung von Johannes Golla, Julian Köster und Christoph Steinert" gelungen sei. Aber auch Juri Knoll sowie die Außenspieler Lukas Mertens und Patrick Groetzki hätten ihren teil dazu beigetragen", so Gislason, "dann kommt so eine Leistung von Andi Wolff zustande". Der deutsche Torhüter hatte erneut eine Weltklasseauftritt geboten.

Wie schon gegen Serbien benötigte die deutsche Mannschaft ein paar Minütchen, um die Nervosität abzulegen. Zwei leichte Fehler trugen nicht zur Beruhigung bei, sondern vielmehr zur schnellen 2:0-Führung der Niederländer. Deren Stärken waren ja bestens bekannt: "Sie haben einen wahnsinnig schnellen Rückraum und spielen ein hohes Tempo", wusste Gislason, beides stellte Oranje mit den ersten Aktionen unter Beweis. Doch dann fing sich die Auswahl des Deutschen Handballbunds (DHB) zusehends.

Juri Knorr bei der Handball-WM
:Er schließt eine große Lücke im deutschen Handball

Juri Knorr ist für die Nationalmannschaft bei der WM der lange vermisste Spielmacher - trotz seiner gerade einmal 22 Jahre. Vor seinem steilen Aufstieg erlebte er aber auch die Schattenseiten des Geschäfts.

SZ PlusVon Ralf Tögel

Bislang hatte der isländische Trainer sein Team immer optimal auf den Gegner eingestellt, so auch dieses Mal. In der Abwehr brachte er von Beginn an Köster, der zwar die stattliche Größe von zwei Metern aufweist, aber dennoch sehr schnell auf den Beinen ist. Zusammen mit Kapitän Golla bildete er den Innenblock, der sich von den kleinen Niederländern nicht locken ließ, defensiv blieb und keine Lücken zuließ. Das Kreis-Anspiel von Luc Steins, eine gefährliche Waffe des wieselflinken Spielmachers, blieb stumpf, mehrmals fing Köster den Ball ab. "Da war heute schon sehr viel Beinarbeit gefragt", befand Köster, der auch im Angriff überzeugte: Entweder fand er mit seinen anspielen den Kreis oder traf wuchtig aus dem Rückraum.

Überragender Mann aber war einmal mehr Spielgestalter Juri Knorr, der zwar nicht geschmeidig ins Spiel glitt, immer wieder Fehler einstreute, aber bald seinen Rhythmus fand. Knorr war Dreh- und Angelpunkt im deutschen Team - und war mit neun Treffern bester Torschütze. So bekamen die Deutschen die Holländer immer besser in den Griff - auch weil Andreas Wolff immer besser hielt.

In der zweiten Halbzeit zieht Deutschland davon

Hollands Dani Baijens hatte den Gegner im Vorfeld zum "klaren Favoriten" erklärt. Steins hatte erinnert, dass die Weltmeisterschaft "ein weiterer Lernprozess" für seine Nation sei, und Deutschland eines jener "weltbesten" Teams, zu denen man nur aufschauen könne. Gemeinsam mit ihrem besten Torschützen Kay Smits, der beim deutschen Meister Magdeburg unter Vertrag seht, bilden sie jenes Rückraumtrio, vor dem Gislason eindringlich gewarnt hatte und das maßgeblich am Aufstieg von Oranje in den vergangenen Jahren beteiligt war. Ein Klassenunterschied war in Halbzeit eins zwar nicht zu erkennen, die DHB-Auswahl aber war das bessere Team in einem sehr intensiven Spiel und führte verdient zur Halbzeit 15:12.

Der zweite Durchgang ist schneller erzählt: Ein überraschender Schlagwurf von Knorr, ein feiner Spielzug von Groetzki sicher verwertet, ein wuchtiger Treffer von Köster, dazwischen drei Paraden von Wolff - die Deutschen zogen im Eiltempo davon. Die Abwehr wurde für die weiter unermüdlich anrennenden Niederländer mit dem Hünen Wolff dahinter zu einer kaum überwindbaren Mauer, das deutsche Team enteilte bis auf 20:12. Enger wurde es nur noch einmal, als die serbischen Unparteiischen die in der zweiten Halbzeit ein paar kleinliche Entscheidungen zu Ungunsten der Deutschen einstreuten. Aber auch das war schnell überwunden, zumal sich die Ersatzspieler einmal mehr ruckelfrei einfügten.

Spanien oder Frankreich ist der Gegner im Viertelfinale

Mit dem doch überraschend deutlichen Erfolg gegen Holland wurde das Viertelfinale gebucht, am Montag geht es gegen Norwegen um den Gruppensieg. Die Skandinavier hatten mit einem lockeren 30:17-Sieg gegen Katar, das in der zweiten Halbzeit Auflösungserscheinungen zeigte, ebenfalls die K.o.-Runde vorzeitig erreicht.

Gegner im Viertelfinale wird dann entweder Olympiasieger Frankreich sein - oder Spanien, ebenfalls einer der Turnierfavoriten. Wer gegen wen spielt, steht indes noch nicht fest. Denn wie Deutschland und Norwegen haben auch Spanien und Frankreich bisher alle Spiele gewonnen und machen im letzten Gruppenspiel im direkten Vergleich den Gruppensieger aus.

"Das sind zwei Gegner der absoluten Topkategorie", sagte Torwart Andreas Wolff. Die Spanier seien "einen Tick schwächer einzuschätzen als die Franzosen". Gislason sah es ähnlich, warnte aber: "Die Spanier sind eine extrem abgezockte Mannschaft - fast egal, wer kommt: Wir wissen, dass wir eine überragende Leistung bringen müssen."

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