Es gibt den Gelbwürfeligen Dickkopf. Den Mauerfuchs. Den Braunwurz-Mönch (wobei Letzterer nachtaktiv ist). Und es gibt Quentin Papillon, den Schmetterling im Tor der französischen Eishockey-Nationalmannschaft, am Dienstag letzter Vorrundengegner der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Ostrava.
Das DEB-Team, an den beiden Tagen zuvor spielfrei, brauchte fast 30 Minuten Anlaufzeit, um in diese Partie zu kommen, Geduld und gute Nerven. Denn dieser Papillon war am helllichten Dienstag höchst aktiv. Und er hatte alle seine Freunde mitgebracht. Am Ende einer Begegnung, in der es lange zuging wie zur Rushhour in einem Mehr-Generation-Ameisenhaufen, stand für das DEB-Team der fünfte Sieg im siebten Turnierspiel fest. Die Mannschaft von Bundestrainer Harold Kreis hatte 6:3 (1:1, 3:2, 2:0) gewonnen. Nun trifft sie als Gruppendritter im Viertelfinale am Donnerstag auf die Schweiz - genauso wie bei der WM im Vorjahr, als sich das DEB-Team mit 3:1 durchsetzen konnte und wenige Tage später die Silbermedaille bejubeln durfte.

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"Frankreich hat gut Druck gemacht, aber dann haben wir einen Zahn zugelegt", sagte Stürmer Lukas Reichel bei Pro7. Für Moritz Müller war dieses abschließende Gruppenspiel der 92. WM-Einsatz seiner Karriere. Mit seinem 211. Länderspiel zog der 37-Jährige mit Erich Kühnhackl gleich, dem deutschen "Spieler des Jahrhunderts" - des 20. Jahrhunderts, wohlgemerkt. Im laufenden Säkulum hat niemand annähernd so viele Einsätze vorzuweisen wie der DEB-Kapitän, der zum zwölften Mal bei einer WM das deutsche Trikot trägt. Es sollte auch für Müller ein anspruchsvoller Arbeitstag werden.

Die Franzosen hatten am Vorabend ein respektables 1:3 gegen Schweden eingefahren, das dem elfmaligen Weltmeister den Gruppensieg sicherte. Frankreich dagegen hatte seit der 2:4-Niederlage gegen die Slowakei keine Chance mehr aufs Viertelfinale und musste nur 18 Stunden nach dem Spiel gegen die Skandinavier schon wieder ran. Wie im vergangenen Jahr, als das DEB-Team souverän 5:0 gewann, trafen die Nachbarn zum Gruppenfinale aufeinander - damals brauchte das DEB-Team die Punkte noch für das Weiterkommen.
Die Franzosen legen zweimal Einspruch gegen deutsche Treffer ein - und bekommen beide Male recht
Diesmal wollte sie sich fürs Viertelfinale einspielen, im Rhythmus bleiben. Kreis schickte zum vierten Mal in Serie dieselben Reihen aufs Eis. Aber die Franzosen machten einfach da weiter, wo sie am Abend zuvor aufgehört hatten: Sie zeigten wenig Respekt vor dem Favoriten. Vor allem Papillon, der überraschend trotz der kurzen Regenerationszeit wieder im Tor stand. Gegen Schweden hatte der 27-Jährige, dessen Tattoos so bunt schillern wie die Flügel eines Falters, 35 Schüsse abgewehrt.
Auch gegen Wojciech Stachowiak und Jonas Müller parierte Papillon in der Anfangsphase. Und dann wurden die Deutschen klassisch ausgekontert, Valentin Claireaux traf zum 0:1 (17.). Der Schaden war zwar schnell repariert, Marc Michaelis setzte den Puck technisch fein unters Tordach (20.). Doch es sollte ein zweites Drittel folgen wie zum Beweis der Chaostheorie, die besagt, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings einen Wirbelsturm auslösen kann.

Stenogramm also von der Sturmfront: 1:2 durch den ehemaligen DEL-Profi Toto Rech (22.); Ausgleich Lukas Kälble (26.), der dritte Turniertreffer bereits für den Verteidiger und WM-Debütanten; 2:3 durch Sacha Treille (27.), den Kapitän der Franzosen; Ausgleich durch ... Moment, nein, das 3:3 von John-Jason Peterka wurde nach einem Einspruch des französischen Trainerteams wegen einer Abseitsstellung annulliert. Doch es dauerte nicht lange, dann stand es doch 3:3 (32.) und Stachowiak hatte als letzter deutscher Stürmer endlich auch seinen ersten Turniertreffer erzielt.
Die Begegnung zur hohen Mittagsstunde hatte sich längst zu einem High-Noon-Duell entwickelt, zu einem wilden Schusswechsel mit Einschlägen auf beiden Seiten. Maximilian Kastner brachte das DEB-Team 22 Sekunden nach dem 3:3 erstmals in Führung, der perfekte Pass an den zweiten Pfosten kam von Michaelis. Dann war ein chaotisches zweites Drittel vorbei und die Teams gingen in die Kabinen. Nachladen vermutlich.
Das DEB-Team erzielt 34 Tore in der Vorrunde - so viele wie noch nie
Kreis hat mit Frankreichs Coach Philippe Bozon 1997 den deutschen Meistertitel für Mannheim gewonnen, beide schätzen einander. Auch Bozon hat gute Erinnerungen an seinen Freund "'arry", aber das hinderte ihn nicht, ein zweites Mal Einspruch einzulegen. Und wieder bekam er recht. Dem vermeintlichen 5:3 von Leo Pföderl war eine Torwartbehinderung vorausgegangen - und einem Papillon greift man nicht ungestraft in die Flügel. Der Schlussmann von den Bordeaux Boxers hielt, was er konnte.
Aber das 5:3 für die Deutschen konnte er nicht verhindern. Wieder hieß der Schütze Stachowiak - wenn es mal läuft, dann läuft's -, wieder waren erst wenige Sekunden im letzten Drittel gespielt. Der französische Widerstand war nun gebrochen, zumal nach Reichels Powerplay-Treffer zum 6:3 (45.), dem 34. deutschen Tor im Turnier - neue Bestmarke in der Gruppenphase. Für Papillon, den tapferen Schmetterling, kam Julian Junca, Zweifel am Sieg der deutschen Mannschaft kamen nicht mehr auf. "Wir haben einiges korrigiert und das Spiel dann kontrolliert", sagte Kreis. "Wir sind froh, dass wir die erste Etappe unserer Reise gut überstanden haben."