Süddeutsche Zeitung

Tennis:Mit hängenden Schultern

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Alexander Zverevs Niederlage gegen Marc-Andrea Hüsler besiegelt die 2:3-Niederlage des deutschen Teams im Davis Cup gegen die Schweiz. Für die Mannschaft geht es nun in die Abstiegsrunde - Zverev selbst sucht weiter nach Konstanz.

Von Barbara Klimke, Trier

Der Punktestand im Tennis blinkte, wie üblich in großen Stadthallen, vom Scoreboard unterm Dach. Aber die 4000 Zuschauer in der Arena Trier konnten das Zwischenresultat am frühen Samstagabend auch an den Schultern von Alexander Zverev ablesen. Gesenkter Kopf, hängende Arme, ein auf den Boden gerichteter Blick nach dem ersten Satz. Dann ein merkliches Straffen - fast ein Aufbäumen - kurz vor dem Tiebreak des zweiten Durchgangs, ehe die Schultern wieder zu sacken begannen.

Alexander Zverev, eine 1,98 Meter lange Erscheinung, ist kein Mensch, der seinen Gemütszustand leicht verbergen kann. Und so stimmten seine Aussagen letztlich mit der Verfassung und dem Resultat überein, 2:6, 6:7 (4) gegen den Schweizer Marc-Andrea Hüsler: "So bitter es ist: Solche Matches wird es geben in dem Prozess, in dem ich bin", sagte er. "Und es wird wohl nicht das letzte sein."

So fulminant Zverevs Auftritt im deutschen Davis-Cup-Team am Abend zuvor beim Sieg gegen den dreimaligen Grand-Slam-Sieger Stan Wawrinka (6:4, 6:1) war, so ratlos ließ er das Publikum nach der verlorenen Vorstellung gegen Wawrinkas Kollegen Hüsler, 26, zurück. Zverev, erst kürzlich von seiner schweren Fußverletzung genesen, ist acht Monate nach dem Unfall noch auf der Suche nach Konstanz. Am Freitag hatte der 25-Jährige die Mannschaft des Deutschen Tennis Bundes (DTB) in der Qualifikationsrunde gegen die Schweiz mit einem mitreißenden Auftritt im Spiel gehalten und zur 1:1-Matchbilanz ausgeglichen: Vom "besten Spiel seit meiner Rückkehr" sprach er danach begeistert. Am Samstag, als er gegen Hüsler verlor, läutete dies die 2:3-Niederlage der Tennis-Nationalmannschaft ein.

Debütant Altmaier liefert einen beherzten Kampf

Denn nun lag die Entscheidung im letzten Match beim Debütanten im DTB-Team, beim 24 Jahre alten Daniel Altmaier. Und der musste sich nach drei aufopferungsvollen Sätzen (3:6, 7:5, 4:6) dem Routinier Wawrinka beugen, "Stan the Man", wie er in der Szene heißt. Wawrinka ist inzwischen 37 Jahre alt und hatte acht Jahre lang nicht mehr im Team der Eidgenossen gespielt. Aber von dessen Rückkehr versprach sich der Schweizer Team-Kapitän Severin Lüthi "Motivation und Inspiration" für die ansonsten noch sehr junge Mannschaft. Und auf die fabelhafte einarmige Rückhand, die Wawrinka in seinem dritten Match binnen zwei Tagen vor dem Matchball die Linie entlang zirbelte, war gegen den anschließend tief deprimierte Altmaier, die Nummer 91 der Weltrangliste, ebenfalls noch Verlass. Altmaier habe sich nichts vorzuwerfen, sagte der deutsche Teamkapitän Michael Kohlmann: "Er hat alles auf dem Platz gelassen."

Es war die erste Niederlage gegen die Schweiz überhaupt für das DTB-Team in der Geschichte des Davis Cups. Der deutsche Teamkapitän Kohlmann muss die Mannschaft, die zuletzt stets die Finalrunde erreichte, im September nun in die Abstiegsrunde führen. "Wir hatten uns mehr erwartet", gab Kohlmann zu.

In Trier, vor einem enthusiastischen Publikum und trotz Unterstützung von Boris Becker, der als "Freund des Teams" eingeladen war, zeigte sich erneut, dass das deutsche Tennis auf Alexander Zverev in Bestform angewiesen ist, wenn es den großen Silbercup noch einmal gewinnen will. Jan-Lennart Struff fehlte diesmal verletzt; und Oscar Otte aus Köln verlor zum Auftakt gegen Hüsler in einer Partie, in der er zu viele Chancen ausgelassen hatte.

Doppelspieler Pütz gewinnt das dreizehnte von 14 Matches

Der größte Verlässlichkeitsfaktor im deutschen Team liegt für Davis-Cup-Kapitän Michael Kohlmann seit Jahren im Doppel: Wen immer er nominiert, der Erfolg ist fast garantiert - zumindest wenn Kohlmann sicherstellt, dass ein Part von Tim Pütz übernommen wird. Der Frankfurter Doppelspezialist, 34 Jahre alt, hat am Samstag sein insgesamt vierzehntes Davis-Cup-Match gespielt und 13 davon gewonnen. Ihm zur Seite stand diesmal Andreas Mies, 32, ebenfalls vom Fach und als zweimaliger French-Open-Triumphator ein kongenialer Partner. Mies hatte sehr kurzfristig den Part seines Langzeitkollegen Kevin Krawietz übernommen, der sich wegen der Geburt seines Kindes entschuldigen ließ, und fühlte sich augenscheinlich wohl im Trubel der Tröten und Trommeln in der Halle ("Es war affengeil, hier zu spielen").

Beim Dreisatzerfolg über das Schweizer Doppel Stan Wawrinka/Dominic Stricker (6:7, 6:3, 6:4) harmonierte die Neubesetzung Pütz/Mies jedenfalls von Anfang an. Auch die Rollenaufteilung klappte: Mies übernahm nach dem verlorenen Tiebreak die Aufgabe des Animateurs, der das Publikum anstachelte. Pütz, nach eigener Aussagen "ein stilleres Naturell" schwieg und sorgte verlässlich für Volleypunkte.

Beim nächsten Auftritt im September werden sie im Doppel wohl versuchen müssen, den Abstieg des Teams aus der Weltgruppe zu verhindern.

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