Deutschland-Achter in Porträts:Mit Lukas Podolski und einem Gottesgeschenk

Unter den neun Olympiasiegern im Ruder-Achter sind einige angehende Ingenieure, weshalb sie wenig Energie verschwenden und stark im "Maschinenraum" sind: das Porträt einer Mannschaft mit Fans von Borussia Dortmund und einem Bayern im Boot.

Joachim Mölter

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Unter den neun Olympiasiegern im Ruder-Achter sind einige Ingenieur-Studenten, weshalb sie wenig Energie verschwenden und stark im "Maschinenraum" sind: das Porträt einer Mannschaft mit Fans von Borussia Dortmund und einem Bayern im Boot. Von Joachim Mölter Martin Sauer, 29, Steuermann Ist der neunte Mann im Achter, wird aber nicht mitgezählt - fällt mit seinen 1,69 Meter und 55 Kilo ja auch kaum ins Gewicht. Wurde folglich auch erst mal übersehen, als einst die Landestrainer durch seine Schule in Brandenburg gingen und nach Talenten Ausschau hielten. Erst als sie merkten, dass sie noch jemanden brauchten, der die Richtung vorgibt, kamen sie zurück und nahmen Sauer mit. "Ein Gottesgeschenk", findet er. Muss nicht rudern und ist trotzdem wichtig: Sitzt als einziger in Fahrtrichtung und sieht, wohin es geht. Muss außerdem zwischen Trainer und Athleten vermitteln, eine Rolle, für die er sein Jura-Studium in Bochum bestens gebrauchen kann. "Harmonie ist was für Kneipen-Fußballmannschaften", sagt Sauer; den Satz hat er von Trainer Ralf Holtmeyer übernommen und ins Boot weitergegeben. Sauers Freundin Laura Schwensen steuert im Übrigen den Frauen-Achter.

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Kristof Wilke, 27, Schlagmann Einer von zwei Insassen aus dem havarierten Peking-Achter von 2008, die sich bis heute im Boot halten konnten. Gibt den Rhythmus vor, muss dabei aufpassen, dass seine Mitfahrer mithalten können. Eine schwierige Aufgabe, weil die ja in seinem Rücken sitzen, muss sich das also vom Steuermann sagen lassen. Kam in der Schule zum Rudern, sein Internat lag am Bodensee. 1,90 Meter groß, 91 Kilo schwer, studiert Sport und Biologie auf Lehramt in Bochum. Steht in seiner Freizeit gern auf der Südtribüne des Dortmunder Fußball-Stadions. Pflegt eine Art britischen Humor, ließ auf der Homepage des Achters im Internet unter der Rubrik "weitere Interessen" eintragen: "Im Auto hupen".

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Florian Mennigen, 30, Co-Schlagmann Der zweite Verbliebene aus dem Peking-Achter, wie der erste mit einer Nähe zu Borussia Dortmund: Ist nach dem Studium der Wirtschaftspsychologie als Trainee beim Hauptsponsor des Fußball-Meisters eingestiegen. Geboren aber in Ratzeburg, wo man sich dem Rudern schlecht entziehen kann. 1,94 Meter groß, 93 Kilo schwer, ist das Crew-Mitglied, das am meisten reden darf, nicht nur, weil er der Älteste und als einziger mit dem Studium fertig ist. Hat als Aktivensprecher im Deutschen Ruderverband zwangsläufig viel zu sagen.

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Lukas Müller, 25, Übernahme Sagt so gut wie gar nichts, Trainer Holtmeyer beschreibt ihn als einen "ganz Ruhigen, Introvertierten"; schweigt quasi für alle mit. Maschinenbau-Student an der FH Dortmund mit Schwerpunkt Umwelt- und Energietechnik; will, dass Maschinen effizierter werden, "weil ich der Meinung bin, dass auf der Welt zu viel Energie verschwendet wird". Hat er gesagt! Als Übernehmer zuständig, den Takt der Schlagmänner an den Rest der Mannschaft weiterzuleiten. 2,08 Meter groß, 100 Kilo schwer, hat früher Basketball gespielt, sich aber mit 16 von seinem Vater überreden lassen, es mal mit dem Rudern zu probieren.

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Richard Schmidt, 25, Co-Übernahme Hat als Handballer angefangen, bevor ihn Freunde mit zum Rudern nahmen. 1,91 Meter groß, 96 Kilo schwer, Student des Wirtschaftsingenieur-Wesens an der TU Dortmund. Betreibt mit den Kollegen Lukas Müller und Andreas Kuffner einen Internet-Blog "Ingenieure am Ruder". Sitzt als angehender Ingenieur im Achter folgerichtig an einer Stelle, welche die Ruderer "Maschinenraum" rennen - dort ist vor allem eine maximale Kraftumsetzung gefragt.

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Maximilian Reinelt, 23, Verbindung Sitzt ebenfalls im Maschinenraum, an der Nahtstelle zwischen den vorderen und den hinteren Athleten. Könnte es später auch beruflich mit Nahtstellen zu tun bekommen, studiert Humanmedizin an der Uni Bochum. 1,94 Meter groß, 94 Kilo schwer, wurde einst von seiner Mutter zum Rudern geschickt, weil ihm seine Schwestern beim Waldlauf davonjoggten. Verschwendet außerhalb des Achters auch sonst so wenig Energie wie möglich. "Das Training bringt es mit sich", hat er während des vorolympischen Trainingslagers gesagt, "dass man einen freien Tag im Bett verbringt."

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Eric Johannesen, 24, Verbindungsträger Sportsoldat und damit der einzige Nicht-Student im Boot. Hat sich aber von den anderen beeinflussen lassen und will nach London nun auch was studieren. Was, weiß er noch nicht. 1,93 Meter groß, 96 Kilo schwer, auf der Position des sogenannten Verbindungsträgers muss er den im Heck vorgegebenen Rhythmus in den Bug weitergeben. Mit dem direkt vor ihm sitzenden Kollegen Reinelt verbindet ihn eine frühere Aktivität in der Leichtathletik, mit seinem Hintermann Andreas Kuffner ein gemeinsames Zimmer im Dortmunder Ruder-Zentrum.

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Andreas Kuffner, 25, Verzahnung (Bild, rechts) Einziger Bayer im Boot, aus Vilshofen in Niederbayern. Studiert Wirtschaftsingenieurwesen in Berlin und wohnt gelegentlich in Dortmund, wenn dort trainiert wird. Quälte sich im Winter durch einen Ermüdungsbruch im Brustkorb, um seinen Platz im Boot nicht zu verlieren. Nimmt die Strapazen für lau auf sich, ohne finanzielle Unterstützung seiner Eltern könnte er sich das Rudern nicht leisten. Kriegt also immer noch Taschengeld, dabei ist er schon groß, 1,96 Meter, und schwer, 92 Kilo. Filip Adamski, 29, Bugmann (Bild, links) Abgesehen von Steuermann Sauer der Kleinste (1,89 Meter) und Leichteste (88 Kilo) im Achter - und der mit dem meisten Gefühl im Hintern. Im Bug ist das Boot am schmalsten und die Fahrt am unruhigsten. Muss den Rhythmus trotzdem halten. Studiert Wirtschaftswissenschaften in Bochum, ist so etwas wie der Lukas Podolski des Ruderns wegen seiner polnischen Wurzeln: geboren in Breslau. Saß 2009 im Achter, der die WM gewann, fiel dann raus, ist seit diesem Jahr wieder drin. Empfand bis zum Frühjahr nicht Großbritannien, Kanada oder die USA als größte Gegner - sondern alle, die um einen Platz im Deutschland-Achter kämpften.

© SZ vom 02.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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