Deutsches Basketballteam vor der EM:Nowitzki und die Frage der Größe

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Vor der EM in Litauen hat Basketball-Bundestrainer Dirk Bauermann ein bisher kaum gekanntes Luxusproblem: Er muss noch zwei Spieler streichen. Das erste Spiel beim Bamberger Supercup gewinnt Deutschland gegen Belgien mühevoll 71:65 - mit Dirk Nowitzki als bestem Werfer.

Joachim Mölter, Bamberg

Der Basketball-Bundestrainer Dirk Bauermann hatte ganz andere Pläne gehabt für dieses Wochenende. Zum Vier-Länder-Turnier nach Bamberg wollte er ursprünglich nur die zwölf Spieler einladen, die er auch zur Europameisterschaft nach Litauen (31. August bis 18. September) mitnimmt.

Bester Werfer für Deutschland: Dirk Nowitzki. (Foto: Bongarts/Getty Images)

"Die Spieler sollen sich darauf konzentrieren, bei der EM dabei zu sein", hatte er vor Wochenfrist noch gesagt, vor dem letztlich gewonnenen Testturnier in der Türkei: "Es ist ja doch immer eine Belastung, wenn man um seinen Platz bangen muss." Aber dann konnte sich Bauermann doch nicht so recht von seinen Leuten trennen. Nach dem Türkei-Ausflug schickte er bloß zwei nach Hause: Nun hat er beim sogenannten Supercup in Bamberg immer noch 14 Mann im Kader - zwei zu viel für die EM.

Falls Dirk Bauermann gehofft haben sollte, dass ihm seine medizinische Abteilung die letzten Entscheidungen über die Zusammensetzung des EM-Kaders abnimmt, so haben ihn die Ärzte enttäuscht. Bis zum Turnierauftakt am Freitagabend gegen Belgien, den die Deutschen bei 18 Punkten von Nowitzki mit Mühe 71:65 (34:28) gewannen, hatte es keine nennenswerten Verletzungen gegeben. Alle Spieler seien fit und gesund, meldete der Teamarzt Thomas Neundorfer: "Wir haben bis jetzt niemanden aus dem Kader nehmen müssen, das ist schon ungewöhnlich."

Die einzige auffallende Blessur trägt der Bamberger Center Tibor Pleiß mit sich herum, zugezogen allerdings nicht beim Basketballspielen, sondern bei der Freizeitgestaltung im Hotel. Während des Türkei-Aufenthalts erlitt er eine Schürfwunde auf der Nase, als er etwas machte, was man generell nicht tun sollte und schon gar nicht, wenn man 2,15 Meter groß ist: einen Kopfsprung in ein nur ein Meter tiefes Schwimm- becken. Seitdem klebt Pleiß, 21, gut sichtbar ein Pflaster auf der Nase. Damit endet das Bulletin von Mannschaftsarzt Neundorfer aber auch schon: "Wir werden dem Bundestrainer die Arbeit nicht abnehmen", verspricht er optimistisch.

Spätestens am Sonntagabend, nach dem letzten Turnierspiel gegen den WM-Zweiten Türkei (17.15 Uhr/Sport1), wenn er alle Spieler noch einmal beobachtet hat, wird Bauermann sein Aufgebot nominieren. Das Problem, das er bei seinen Überlegungen hat, ist im Grunde eins auf höchstem Niveau: Er hat gute, großgewachsene Männer im Überfluss, seit in dieser Woche die beiden je 2,13 Meter großen NBA-Profis Dirk Nowitzki (Dallas Mavericks) und Chris Kaman (Los Angeles Clippers) zum Team gestoßen sind. Die beiden sind auf der Center- und der Flügelposition für die Stammformation gesetzt.

Dazu kommen der hochtalentierte 2,15-Meter-Mann Pleiß, an dem sich der NBA-Klub Oklahoma City Thunder bereits die Transferrechte gesichert hat, der in den bisherigen Testspielen überzeugende Bonner Tim Ohlbrecht (2,10) sowie die beiden Neu-Münchner Jan-Hendrik Jagla (2,11) und Robin Benzing (2,08).

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Sechs Mann für zwei Positionen - das wäre ein bisschen viel, weiß Bauermann. "Sechs Große mitzunehmen, hätte aber Sinn, weil alle in der Lage sind, uns helfen zu können", sagt er. Andererseits spricht auch einiges dafür, es bei fünf großen Männern zu belassen - in erster Linie ist es die Einsatzzeit: "Dirk Nowitzki und Chris Kaman werden die meisten Minuten wegfrühstücken", sagt Bauermann, "da bleibt für die anderen nicht mehr viel übrig."

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Wobei Jagla, mit 30 Jahren und 108 Länderspielen der Erfahrenste des Quartetts, schon versichert hat, keine Ansprüche zu erheben: "Es geht nicht um persönliche Sachen, sondern darum, dass die Mannschaft erfolgreich ist. Wenn sie viel von mir braucht, dann gebe ich viel. Aber wenn es weniger Minuten sind, dann sind es halt weniger."

Eine Option bei Bauermanns Gedankenspielen dürfte sein, Robin Benzing, 22, auf die Position des sogenannten Small Forwards zu verschieben, für die in Sven Schultze (Berlin/2,06 Meter) und dem in Polen beschäftigten Konrad Wysocki (2,02) sowieso nur noch zwei Kandidaten übrig geblieben sind. Mit Sicherheit wird der Bundestrainer mindestens noch einen seiner sechs Aufbauspieler streichen. "Steffen Hamann ist gesetzt", sagt der Trainer.

Der 30-Jährige ist ein Mann seines Vertrauens, Kapitän und Spielmacher sowohl der Nationalmannschaft als auch des Bundesliga-Aufsteigers FC Bayern München, den Bauermann von der kommenden Saison an ja exklusiv coachen wird. Außer Hamann kann sich allerdings keiner seiner Nominierung sicher sein. Selbst der Berliner Heiko Schaffartzik, 27, der angesichts seiner Erfahrung und Trefferquote als sichere Option erscheint, gibt sich zurückhaltend, wenn man ihn auf seine Aussichten anspricht: "Da müssen Sie den Trainer fragen."

Schaffartziks Handicap: Mit 1,83 Meter ist er ebenso wie der Ulmer Per Günther (1,84) eher klein. Da können Johannes Herber (Frankfurt/1,95), Lucca Staiger (Berlin/1,95) und Philipp Schwethelm (München/2,01) körperlich mehr dagegensetzen. Dirk Bauermann hat also die Qual der Wahl. Solche Luxusprobleme hatten deutsche Bundestrainer nicht immer.

© SZ vom 20.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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