Deutsches Basketball-Finale:Giftpfeile im Köcher

Fast schon ein Klassiker: In gegenseitiger Wertschätzung steigen der FC Bayern und Alba Berlin in die Finalserie um die deutsche Meisterschaft ein.

Von Ralf Tögel

Ob dieses Duell das Zeug zum Klassiker hat? Marko Pesic muss nicht lange überlegen: "Ist es das nicht längst?" Am Sonntag startet in München um 18 Uhr das Playoff-Finale um die deutsche Meisterschaft, Gastgeber ist der FC Bayern, Herausforderer wie im Vorjahr Alba Berlin. Mit dem Dauerbrenner Bayern versus Dortmund im Fußball können die Basketballer zwar nicht mithalten, aber es knistert schon ordentlich, wie der FCB-Geschäftsführer findet.

In den vergangenen fünf Spielzeiten trafen Berlin und München in schöner Regelmäßigkeit und teils hitzigen Spielen in den Playoffs aufeinander. Als der FCB 2014 seinen ersten Titel in der Basketball-Bundesliga (BBL) gewann, hieß der Gegner: Alba Berlin. Im vergangenen Jahr setzte sich der Meister nach elektrisierenden Spielen mit 3:2 durch - gegen Berlin. Unvergessen auch das Pokalendspiel 2016 in München, als Alba den Bayern mit dem letzten Wurf die Party vermieste. Zwei Jahre später feierten die Bayern dann doch, nach einem Finalsieg gegen Berlin.

Deutsches Basketball-Finale: Derrick Williams, FC Bayern.

Derrick Williams, FC Bayern.

(Foto: Jan-Dirk Kokenge/Imago)

Zwar sind die Zeiten vorbei, in denen zum Beispiel in Transferfragen die verbalen Giftpfeilen hin und her flogen, brisant aber ist dieses Finale allemal. Denn es sind die beiden besten deutschen Mannschaften, die sich da duellieren, was schlichtweg daran liegt, dass sie die besten Profis haben. Wobei der Titelverteidiger einen Tick voraus zu sein scheint, einen Spieler wie den hoch dekorierten NBA-Profi Derrick Williams hatte die deutsche Liga bis zu dieser Saison ja noch nicht gesehen. Dazu kommt die starke osteuropäische Fraktion mit den serbischen Nationalspielern Stefan Jovic und Vladimir Lucic, außerdem Distanzschütze Petteri Koponen, der aus Barcelona kam, das amerikanische Center-Kraftpaket Devin Booker und die deutschen Nationalspieler Maodo Lo und Danilo Barthel. Mehr Qualität hat kein Konkurrent zu bieten, die Bayern haben sich einen Kader mit Euroleague-Zuschnitt komponiert. Diese internationale Herausforderung schärft die Stärken eines Teams. "Ich spiele auf meiner Position gegen die besten Spieler in Europa, die Mehrheit von denen könnte NBA spielen, das hilft natürlich", sagt Nihad Djedovic. Soll heißen: Ein Lauf von Rasta Vechta ruft in diesem Team noch lange keine Panikattacken hervor. Der Überraschungshalbfinalist wehrte sich dann auch mächtig, doch der Meister war stets in der Lage, kühl zu kontern und letztlich mit weißer Weste das Finale zu buchen. Während beim unbekümmerten Aufsteiger das Spiel von drei, vier Akteuren getragen wurde und die Kräfte zusehends nachließen, ist beim FCB jede Position doppelt besetzt, ein Leistungsabfall nicht zu erkennen - egal wer spielt. Dennoch üben sich die Bayern in Zurückhaltung. "Ich sehe uns nicht als Favorit", sagt Bayern-Kapitän Danilo Barthel. "In solchen Serien ist immer alles möglich", warnt Kollege Nihad Djedovic, Kleinigkeiten würden letztlich den Ausschlag geben. Bei dieser Expertise dürfte das 3:0 der Berliner im Halbfinale gegen Oldenburg eine Rolle spielen, Alba setzte sich souverän gegen die Niedersachsen samt deren Heimvorteil durch. Nach ähnlichem Muster im Übrigen: Oldenburg hatte drei herausragende Akteure, Alba die bessere Bank. Was Geschäftsführer Marco Baldi ebenfalls dem internationalen Geschäft zuschreibt, Berlin spielte zwar nicht im höchsten Wettbewerb, stieß aber im zweitklassigen Eurocup bis ins Finale vor. Auch wenn der Triumph gegen Valencia nicht gelang, Wettkampfhärte brachte die Doppelbelastung allemal: "Wir sind gereift", sagt Baldi, das sei der Hauptgrund für die derzeit blendende Verfassung seiner Auswahl, "wir haben uns in dieser dichte Saison viel Erfahrung geholt." Zudem ist auch der Berliner Kader mit Akteuren wie dem amerikanischen Spielmacher Peyton Siva, dem Kameruner Landry Nnoko, dem Litauer Rokas Giedraitis und den deutschen Nationalspielern Niels Giffey und Johannes Thiemann exzellent besetzt.

Die Favoritenrolle schiebt Baldi dennoch gen Süden, die Saison der Münchner habe ihn beeindruckt. Trotz der fordernden Euroleague habe es der Finalgegner verstanden, die heimische Liga zu dominieren: "Das hatte viel Qualität und Souveränität", gesteht Baldi, wobei er nicht vergisst, die klar besseren wirtschaftlichen Möglichkeiten des FC Bayern zu erwähnen. Berlin kokettiert ja gerne auch im Basketball mit dem Motto "arm aber sexy", für die Teilnahme an der Euroleague streckt sich der Klub aber weiter. Mit dem Einzug ins deutsche Finale hat Alba bekanntlich das Ticket dafür gelöst, da die Bayern für weitere zwei Jahre per Wildcard dort gesetzt sind. Die Vertragsverlängerung von Luke Sikma, der zum wertvollsten Spieler der Eurocup-Saison gewählt wurde und für weitere vier Jahre unterschrieben hat, gibt Berlin Planungssicherheit. Man darf indes davon ausgehen, dass ein Spieler von diesem Format nicht allein wegen der guten Berliner Luft bleibt, woran wiederum Geschäftsführer-Kollege Marko Pesic gern erinnert.

Deutsches Basketball-Finale: Luke Sikma, Alba Berlin.

Luke Sikma, Alba Berlin.

(Foto: Michael Ruffler/Imago)

"Wir können nicht im Maße der Bayern Qualität kaufen, wir versuchen, diese zu entwickeln", sagt Baldi, er meint damit seine Nachwuchsabteilung. Berlin hat das jüngste Team der gesamten Liga, Trainer Aito Garcia Reneses gilt als großer Förderer von Talenten.

Ob er weitermacht, steht aber nicht fest, der 72-Jährige muss sich erst noch entscheiden, ob er sich die Doppelbelastung aus BBL und Euroleague zumuten will. Wenn ja, "sind wir dabei", verspricht Baldi. In diesem Punkt sind die Bayern einen Schritt voraus, Coach Radonjic wurde bereits für eine weitere Saison gebucht. Denn auch die Münchner wissen um den wichtigen Faktor Kontinuität, der Kern des Teams besteht seit zwei Jahren. Bei all der Freude auf dieses wiederkehrende und faszinierende Duell birgt es die klassische Gefahr: Dass sich die beiden Teams vom Rest der Liga weit entfernen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: