Süddeutsche Zeitung

Deutscher Tennis Bund:E-Mails, aus denen die Wahrheit spricht

Seit fünf Monaten hat der Deutsche Tennis Bund eine neue Spitze, doch intern rumort es bereits: Es geht um den hochbezahlten Geschäftsführer, die baldige Doppelfunktion von Carl-Uwe Steeb als Vizepräsident des Verbands und Vermarkters der BMW Open und darum, wer eigentlich Porsche als Sponsor gewonnen hat.

Michael Neudecker

Es war ein überwiegend sonniger Tag in Berlin im November, als der Deutsche Tennis Bund (DTB) ein neues Präsidium bekam. In einem Hotel wurde Karl Georg Altenburg, Deutschlandchef der Investmentbank J.P. Morgan, an die Spitze des größten Tennisverbandes der Welt gewählt, er löste damit den früheren bayerischen Finanzminister Georg von Waldenfels ab. Von einer neuen Ära war danach die Rede, von Aufbruchsstimmung: Die positive Darstellung des Tennissports und die Wiederverankerung im öffentlichen Bewusstsein, so hat Altenburg das Motto seiner Präsidentschaft oft umschrieben. Und nun?

An diesem Donnerstag wurde bekannt, dass der ehemalige Profi Carl-Uwe Steeb ab 2013 die Vermarktung der BMW Open in München übernimmt. Steeb ist zugleich Vizepräsident des DTB, zuständig für Leistungssport, er ist ein wichtiger Bestandteil in Altenburgs Mannschaft. Von möglichen Interessenskollisionen zwischen denen des Vermarkters Steeb und denen des ehrenamtlich für die deutschen Tennisprofis zuständigen Funktionärs Steeb wollte der Verband nichts wissen. "Ich sehe keine Interessenskollision", sagt Steeb, dasselbe sagt Stephan Brune, der neue Geschäftsführer des DTB, der zudem auf die "corporate governance" verweist, die der DTB im Januar verabschiedet habe, eine Art Verhaltenskodex.

Doch es ist wie bei so vielen Themen rund um den DTB derzeit: Ein merkwürdiger Beigeschmack bleibt.

Wenn man Stephan Brune fragt, wie sein Fazit der ersten fünf Monate ausfalle, dann spricht er über die "tolle Organisation", die "bewundernswerten Ehrenamtlichen", und die Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle, die "förmlich explodieren mit Ideen". Nach Lage der Dinge ist das jedoch nur die halbe Wahrheit. Es gibt mehrere, teils äußerst brisante Konfliktthemen, dokumentiert durch interne E-Mails, die der SZ vorliegen. Es geht um das Innenverhältnis im Verband, es geht um Eitelkeiten, aber auch um die Finanzen. Sehr oft geht es vor allem: um den Geschäftsführer selbst.

Von "Dilettantismus" an der Spitze des Hauptamts ist die Rede. Zudem werden schroffe Dienstanweisungen Brunes bemängelt; etwa eine, die allen Mitarbeitern verbietet, ohne schriftliche Genehmigung durch das Präsidium Bestellungen jeglicher Art durchzuführen, betroffen sein sollen auch kleine Büroartikel. Die Anweisung erhält den Hinweis: "Eine Zuwiderhandlung wird arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen." Auch die Kommunikation mit den Landesverbänden wird angeprangert; gerade von manchen jener Verbände, die vor der Wahl Altenburgs Vorgänger Waldenfels unterstützt hatten. Der größte Aufreger aber ist, wie so oft: Geld.

Wie aus dem Schriftverkehr hervorgeht, soll Brune angeblich ein jährliches Gehalt von über 200.000 Euro beziehen, der Beschluss dazu soll nicht einstimmig gefallen sein. Brunes üppiges Salär stößt intern auf Kritik: Ein vergleichbares Amt gab es vorher beim DTB nicht, zudem hat der Verband seit Jahren finanzielle Probleme, erst vor kurzem sagte Präsident Altenburg in einem Interview: "Der DTB muss sparen." Brune will dies auf SZ-Anfrage nicht kommentieren, es handle sich um "Interna". Dass sein Auftreten bei einigen Mitgliedern als unangenehm empfunden wird, habe ihm gegenüber bislang niemand vermittelt, im Gegenteil: "Das Feedback ist sehr positiv."

Brunes Berufung an die Spitze des Hauptamts eines der größten deutschen Sportverbände kam überraschend. Der 47-Jährige bezeichnet sich zwar als begeisterter Hobby-Tennisspieler, war allerdings im Sport bislang nicht in Erscheinung getreten. Nach dem BWL-Studium in Mannheim und Frankfurt war er für ein Pharma-Unternehmen tätig, wechselte dann in leitender Stellung zur Saga Group, einem Hersteller und Distribuenten von Luxusgütern. Zuletzt war Brune Vorstandsvorsitzender der Zapf AG, einem Puppenhersteller, den er nach etwas mehr als einem Jahr wieder verließ. Er gilt als Freund des Präsidenten Altenburg, die beiden duzen sich.

Brunes Aufgabe beim DTB besteht vor allem in der Stärkung der Marke, verbunden mit der Beschaffung neuer Sponsoren. Was Letzteres angeht, sagt Brune, seien die Ergebnisse "noch nicht da, wo wir sie gerne hätten", jedoch: "Mit Porsche ist der Anfang gemacht", zudem habe man auch mit Hugo Boss ja einen "ersten Erfolg" verzeichnen können. Die Modefirma stattet die Nationalmannschaften der Männer und Frauen aus, der Autobauer unterstützt das Fed-Cup-Team mit einem beachtlichen Betrag, die Rede ist von rund einer halben Million Euro. Beide Vertragsabschlüsse präsentierte der DTB Ende Januar/Anfang Februar, gerade der so wichtige Porsche-Deal wurde dabei stolz als erster Erfolg des neuen Präsidiums verkauft - über Barbara Rittner kein Wort. Genau das ist nun das brisanteste Konfliktthema beim DTB.

Tatsächlich soll der Anstoß zur Partnerschaft mit Porsche von Rittner gegeben worden sein, die seit sieben Jahren erfolgreich die deutsche Frauen-Nationalmannschaft führt und über gute Kontakte in Politik und Wirtschaft verfügt. Rittner soll bereits in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres der Porsche AG die Idee unterbreitet haben, das Frauentennis zu unterstützen und ein Konzept vorgelegt haben; Porsche bestätigte das auf SZ-Anfrage. Schon im Juni sei das Vorhaben, das Frauentennis zu unterstützen, verabschiedet worden, Ende des Jahres seien die Verträge unterschriftsreif gewesen.

Der Kontakt zu Porsche kam offenbar durch Rittners Freundschaft mit dem SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel zustande, Gabriel bestätigte dies auf Nachfrage der SZ. Mit dem aus dem Porsche-Deal resultierenden Konflikt haben natürlich weder Porsche noch Gabriel zu tun, vielmehr geht es wohl um die Frage, ob der DTB Rittner die ihr zustehende Provision auszahlt oder nicht. Darauf angesprochen wiegelt Brune ab: Er sei sich "keines Konfliktes mit Frau Rittner bewusst", überdies schätze er "Frau Rittner als sehr, sehr gute Bundestrainerin". Auf die Nachfrage, Rittner habe wohl den Vertrag mit Porsche eingefädelt, entgegnet Brune: "Hat sie das?"

Am Freitag kam ein weiterer Aufreger hinzu: Der NDR meldete, der DTB habe sich mit dem Club an der Alster geeinigt, das in die Jahre gekommene Tennisstadion am Hamburger Rothenbaum 2013 abzureißen, um dort Hockeyplätze zu errichten. Brune dementierte, es gebe "keine Pläne, es abreißen zu lassen". Auch diese drängende Frage aber, ob das Hamburger Turnier eine Zukunft hat, ist nun wieder präsent.

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SZ vom 14.04.2012/mane
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