Deutscher Handball-Pokal:Falscher Fuß

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Noch nicht wieder fit: Erlangens Maximilian Jaeger (zweiter von rechts) bejubelt Anfang Oktober den Sieg seiner Mannschaftskollegen gegen Flensburg im DHB-Pokal. Großen Anteil hatte er daran nicht. (Foto: Oliver Gold/imago images/Zink)

Dem HC Erlangen gelingt mit dem 29:26-Erfolg gegen den früheren Champions-League-Sieger Flensburg-Handewitt der erste Sieg überhaupt gegen diesen Gegner.

Von Stefan Galler, München/Erlangen

Wie sehr das gerade Gesehene an Maik Machulla genagt hatte, war in der Pressekonferenz nach dem Spiel ziemlich deutlich zu spüren. Der Trainer der SG Flensburg-Handewitt musste nicht nur eine überraschende Niederlage hinnehmen, sondern verlor im schwedischen Rückraumspieler Jim Gottfridsson auch noch eine weitere Stammkraft wegen einer Sprunggelenksverletzung. Machulla beglückwünschte also sein Gegenüber Michael Haaß und den HC Erlangen und ergänzte dann: "Wir sind sehr enttäuscht über das Ausscheiden im Pokal. Das war's." Mehr hatte er nicht zu sagen.

Offenbar hatte die 26:29 (12:16)-Niederlage des Großklubs aus dem hohen Norden dessen Coach auf dem falschen Fuß erwischt. Die personell geschwächten Flensburger mussten schließlich im 13. Vergleich ihre allererste Niederlage gegen den Emporkömmling aus Mittelfranken hinnehmen. Für die Erlanger hat der Erfolg dagegen nicht nur wegen des Erreichens der nächsten DHB-Pokalrunde eine immense Bedeutung, wie der neue Sportdirektor Raúl Alonso verdeutlichte: "Es ist für uns als Verein und für die Mannschaft sehr wichtig, mal ein Erfolgserlebnis gegen eine absolute Top-Mannschaft zu verbuchen."

Im Ligaspiel retteten die Franken noch in letzter Minute ein Remis, diesmal siegen sie souverän

Erst vor gut drei Wochen hatte der HCE den dreifachen deutschen Meister, viermaligen Pokalsieger und Champions-League-Sieger von 2014 im Ligaspiel in der Flens-Halle ordentlich gefordert und kurz vor dem Ende durch einen von Christoph Steinert verwandelten Siebenmeter in der Schlussminute ein 27:27-Unentschieden erstritten. "Wir wollten heute zeigen, dass das kein Zufall war und dass das nicht die Überraschung war, für die es damals gehalten wurde", sagte Erlangens Trainer Haaß. Das gelang auf famose Art und Weise, die Zuschauer trauten ihren Augen kaum und feierten die Spieler schon während der Partie und vor allem nach Spielende frenetisch.

Vom Start weg hatten sich beide Mannschaften ein Duell auf Augenhöhe geliefert, keiner der Kontrahenten konnte sich absetzen, erst gegen Ende des ersten Durchgangs gelang dies dem HCE, als Steinert und Christopher Bissel für eine 15:12-Führung sorgten und Nico Büdel mit einem beherzten Distanzwurf mit der Pausensirene sogar noch einen Vier-Punkte-Vorsprung herausholte. Und die Gastgeber knüpften nach dem Wechsel nahtlos an diesen Lauf an, obwohl Kevin Möller im Flensburger Tor zweimal bravourös abwehren konnte, stellte Johannes Sellin ein paar Minuten später erstmals eine Fünf-Tore-Führung her (21:16), Simon Jeppsson erhöhte mit einem perfekten Rückraumwurf gegen seinen früheren Verein eine Viertelstunde vor Schluss gar auf 25:19.

Dem großen Gegner getrotzt: Erlangens Torwart Klemen Ferlin freut sich über eine seiner zahlreichen gelungenen Paraden. (Foto: Sportfoto Zink / Oliver Gold/imago images/Zink)

Für Haaß war auch der Umstand, dass sein Team nun mit sechs Toren vorne lag, noch immer kein Grund, sich sicher zu fühlen: "Wir wissen, dass Flensburg auch mit Rückständen umgehen und auch das aufholen kann. Aber zum Glück haben wir nur ganz kurz gewackelt, um dann unser Ding weiter durchzuziehen." Nach einer Auszeit verkürzte die SG tatsächlich auf 25:22, doch die Erlanger ließen sich nicht beirren, fünf Minuten vor dem Ende nutzte Jeppsson einen Kempa-Trick zum vorentscheidenden 28:23.

"Der Schlüssel für uns war, dass wir in allen Mannschaftsteilen immer in verschiedenen Phasen des Spiels sehr gut zusammen funktioniert haben", sagte Haaß und verwies auch auf "unsere verteilte Torschützenliste". Tatsächlich traf keiner, abgesehen von Siebenmeter-Spezialist Steinert (9/5) öfter als der fünffache Torschütze Jeppsson. Ein besonderes Lob zollte der Coach seinem Keeper: "Was man auch nicht vergessen darf, ist, dass wir einen sehr starken Klemen Ferlin im Tor hatten, der immer da war, auch wenn das Spiel zu kippen drohte." Der 32 Jahre alte Slowene wuchs insbesondere in der entscheidenden Phase Mitte der ersten Halbzeit und auch zu Beginn von Abschnitt zwei einige Male über sich hinaus.

Viel Zeit, um sich auf den Lorbeeren auszuruhen, haben die fränkischen Pokalhelden nicht. Man dürfe den Sieg laut Haaß nur kurz genießen: "Ich bin stolz, dass die Mannschaft so ein Highlight setzen konnte, aber es geht sofort weiter." Bereits am Samstag (20.30 Uhr) steht in der Arena in Nürnberg mit dem Bundesliga-Heimspiel gegen Pokalverteidiger TBV Lemgo an, der HCE will seinen starken Saisonauftakt mit fünf Punkten aus den ersten fünf Spielen bestätigen.

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