Deutsche Teilnehmer:Zu klein gemacht

Alle Deutschen sind raus: Julia Görges spielt bis zum Matchball im zweiten Satz überragend - doch dann schenkt sie ihrer Gegnerin Donna Vekic die Partie. Und Alexander Zverev steht gegen Diego Schwartzman oft neben sich.

Von Jürgen Schmieder, New York

Wer wissen möchte, warum Julia Görges die Partie gegen Donna Vekic (Kroatien) mit 7:6 (5), 5:7, 3:6 verloren hat und im Achtelfinale der US Open ausgeschieden ist, dem sei zunächst das erste Aufschlagspiel der Gegnerin ans Herz gelegt: Görges stand bei Eröffnungen von Vekic nah an der Grundlinie, nahm die Bälle früh und übte gleich bei den Returns enormen Druck aus. Vekic gelang kein Punkt in diesem Spiel, das Break gelang Görges mit einer wuchtigen Rückhand die Linie lang.

Görges verfügt über die spielerischen Mittel, jeder Gegnerin im Frauentennis ernsthafte Probleme zu bereiten, wenn es ihr gelingt, diese Mittel einzusetzen: wenn sie mutig serviert, wenn sie auch über ihre Rückhand druckvoll agiert, wenn sie ans Netz rückt. Wenn sie sich nicht, wie gegen Serena Williams, kleiner macht, als sie ist. Für diese Spielweise braucht es das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, das mit jedem gewonnenen Punkt größer wird.

Nur: Wenn sie Fehler macht, wenn sie zu wackeln beginnt, dann wird es plötzlich schwierig. Deshalb sei das Aufschlagspiel von Görges aus dem zweiten Satz empfohlen, bei dem sie einen Matchball mit einem leichtfertigen Rückhand-Fehler vergab und insgesamt drei Doppelfehler produzierte - und ihr Aufschlagspiel danach, bei dem sie Vekic mit leichten Fehlern Satzbälle ermöglichte und ihr den Durchgang durch eine viel zu lange Vorhand überließ. Das entscheidende Break im dritten Satz bekam Vekic durch einen Doppelfehler von Görges. Vekic trifft nun auf Belinda Bencic (Schweiz), die die Titelverteidigerin Naomi Osaka mit 7:5, 6:4 besiegte.

Es ist alles größer in New York. Hier gewinnt nur, wer sich selbst auch mal ein bisschen größer macht. Görges hat teilweise herausragend gespielt bei diesen US Open, auch gegen Vekic. Sie hat verloren, weil sie sich kleiner gemacht hat, als sie wirklich ist. Das führt direkt zu Alexander Zverev, der seine Karriere selbstbewusst begonnen hatte, nun aber an sich selbst verzweifelt. Er unterlag Diego Schwartzman (Argentinien) 6:3, 2:6, 4:6, 3:6, und man muss nur zwei Zahlen kennen, um zu wissen, wie das passiert ist: Zverev leistete sich 17 Doppelfehler. Der zweite Aufschlag wackelt, dadurch fehlt das Vertrauen, und einmal löffelte er eine Eröffnung mit 110 km/h ins Feld. Das ist kein Aufschlag, das ist eine Einladung an den Gegner, ihm den Ball um die Ohren zu prügeln - was Schwartzman auch tat.

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