Deutsche Nationalmannschaft:Vorglühen für die Party am Zuckerhut

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Mit allen Legionären, aber ohne Götze, Kroos und Schweinsteiger: Bundestrainer Löw nominiert für den Test gegen Paraguay die bestmögliche Mannschaft. Doch seine Planungen gehen schon weiter - selbst eine baldige Vertragsverlängerung beim DFB ist nicht auszuschließen.

Von Philipp Selldorf, Frankfurt

Im öffentlichen Leben hat Joachim Löw in diesem Jahr eine nebensächliche Rolle gespielt. Anfang Februar hat er mit seinem Team ein Länderspiel bestritten, von dem Historiker sagen, dass es in Paris stattfand und mit einem deutschen 2:1-Sieg endete.

Ende Mai und Anfang Juni wurde er dann angeblich in den USA gesichtet, aber daran gibt es Zweifel, weil ihn dort Spieler namens Philipp Wollscheid, Max Kruse und Nicolai Müller begleitet haben sollen. Spätestens hier riss der Kontakt der Deutschen zu ihrem Bundestrainer ab.

Für alle, die sich deswegen gesorgt haben, war es also eine gute Nachricht, dass Joachim Löw am Donnerstag um halb eins unversehrt und wohlfrisiert in den Sitzungssaal der DFB-Zentrale spaziert kam. Wie immer grüßte er distinguiert lächelnd in die Runde, bevor er damit begann, über das am nächsten Mittwoch anstehende Test-Länderspiel zu informieren. Es führt die Deutschen in Kaiserslautern mit Paraguay zusammen.

Das Aufgebot, das Löw dazu berufen hat, scheint das Gerede von jener USA-Testspielreise tatsächlich als Fiktion zu entlarven. Es gibt darin keinen Wollscheid, Müller oder Kruse, sondern nur die übliche Ansammlung von Bayern und Dortmundern, weshalb der DFB auch genau diese Überschrift für seine Pressemitteilung wählte: "Mit Bayern und Dortmundern gegen Paraguay".

Dabei fehlen sogar diverse Bayern und Dortmunder: Der Bayer Toni Kroos will und muss nicht mitwirken, weil er nach Berechnungen der Ärzte just an jenem Mittwoch Vater wird. Der ehemalige Dortmunder Mario Götze, der jetzt ein Bayer ist, fehlt ebenso mangels Spielpraxis wie der Bayer Bastian Schweinsteiger.

Letzteres ist man bereits gewohnt, Schweinsteiger scheint über ein Attest zu verfügen, das ihn von Länderspieltests befreit. Diesmal entschuldigt ihn der Trainer höchstpersönlich. "Bastian ist, was seine körperlichen Voraussetzungen betrifft, nicht in der absoluten Top-Verfassung", sagte Löw.

Wo er gerade dabei war, trat er auch gleich einer Neuauflage des stets wiederkehrenden Geredes entgegen, wonach Schweinsteigers Stern nun aber wirklich zu sinken beginne: "Bastian ist eine Leaderfigur und ein großartiger Stratege im Mittelfeld, er hat enorme Rückendeckung bei Bayern und natürlich auch bei mir."

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Özil, Gomez, Schürrle und viele mehr: Beim Länderspiel gegen Paraguay in der kommenden Woche setzt der Bundestrainer auf sämtliche im Ausland beschäftigen Nationalspieler. Der Kader offenbart, dass Löw keine Experimente wagt - nur Schweinsteiger und Götze fehlen.

Die Dinge aus München hat Löw aus erster Hand erfahren, er hat gerade ein - natürlich erfreuliches - Gespräch mit dem neuen Bayern-Trainer geführt: "Auch Pep Guardiola hält große Stücke auf Bastian, das hat er mit gesagt".

Im Übrigen ist zu erwarten, dass Löw nun wieder mehr Platz im öffentlichen Bewusstsein erhalten wird. Nach dem Test in Kaiserslautern, den der Trainer als "Vorglühen" bezeichnet, startet er im September mit seinem Team in die Schlussphase der WM-Qualifikation.

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Möglich, dass er nach Siegen gegen Österreich und auf den Färöer-Inseln bereits das Ziel erreicht hat, am Gelingen hat Löw ohnehin keine Zweifel: "Wir sind Gruppenerster und sozusagen im Landeanflug auf Brasilien - wir können den Zuckerhut fast schon sehen."

Spätestens dann zählt Löw auch wieder zu den wichtigsten Bundesbürgern, und schon jetzt stellt sich die Frage, was er tun wird, wenn er den Zuckerhut nach beendetem Turnier hinter sich gelassen hat. Die WM in Brasilien galt einmal als prädestinierter Schlusspunkt für Löws Bundestrainerzeit, er hat das einst selbst so empfunden. Aber es sieht aus, als ob er es sich anders überlegt hätte.

Über die vom DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach angetragene Vertragsverlängerung will Löw nicht reden, bevor die WM-Qualifikation geschafft ist. Doch das schließt nicht aus, dass er im Herbst eine neue Vereinbarung mit Niersbach treffen könnte. Veränderungen im DFB-Apparat sind nach der WM trotzdem zu erwarten: Assistenztrainer Hansi Flick und Teammanager Oliver Bierhoff werden wohl das Führungsquartett verlassen. Der eine sieht seine Zukunft als DFB-Sportdirektor, der andere sucht noch nach einem neuen Platz im Fußball.

Schließlich kam auch noch die Rede auf den ominösen USA-Trip. "Diese Reise war keine Schnapsidee", hat Löw klargestellt - und zumindest einen aus dieser Aushilfself ausdrücklich gelobt: Max Kruse. Vorerst erhalten in Löws Angriff aber die früheren Bayern Gomez und Klose den Vorzug.

Das Aufgebot der deutschen A-Nationalmannschaft für das Spiel gegen Paraguay:

Tor: Manuel Neuer (Bayern München), René Adler (Hamburger SV)

Abwehr: Jerome Boateng (Bayern München), Benedikt Höwedes (Schalke 04), Mats Hummels (Borussia Dortmund), Marcell Jansen (Hamburger SV), Philipp Lahm (Bayern München), Per Mertesacker (FC Arsenal), Marcel Schmelzer (Borussia Dortmund)

Mittelfeld: Lars Bender (Bayer Leverkusen), Sven Bender (Borussia Dortmund), Julian Draxler (Schalke 04), Ilkay Gündogan (Borussia Dortmund), Sami Khedira (Real Madrid), Thomas Müller (Bayern München), Mesut Özil (Real Madrid),Lukas Podolski (FC Arsenal), Marco Reus (Borussia Dortmund), André Schürrle (FC Chelsea)

Angriff: Mario Gomez (AC Florenz), Miroslav Klose (Lazio Rom)

© SZ vom 09.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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