Deutsche Nationalmannschaft:Timo Werner ist unverzichtbar

Germany v Sweden: Group F - 2018 FIFA World Cup Russia

Kann auch auf Linksaußen wichtig sein: Timo Werner.

(Foto: Getty Images)
  • Timo Werner bereitet beide Tore beim 2:1-Sieg gegen Schweden vor.
  • Der 22-Jährige ist mit seiner Geschwindigkeit und seiner naturbelassenen Leidenschaft unheimlich wichtig für die deutsche Nationalmannschaft.
  • Hier geht es zum Spielplan der Fußball-WM.

Von Christof Kneer, Sotschi

Alle wussten es, und es half ihnen nichts. Natürlich würde Timo Werner jetzt gleich links vorbeigehen, und dann würde er versuchen, den Ball nach innen zu spielen. Auf diese Weise hatte Werner schon den ersten deutschen Treffer vorbereitet, sein Querpass war unter tätiger Mithilfe von Mario Gomez beim Torschützen Marco Reus gelandet. Jetzt also wieder, Werner am Ball, ein Haken, kurze Beschleunigung von null auf hundert, und dann: kein Querpass nach innen. Stattdessen: das Foul, das Deutschland in der Nachspielzeit einen Freistoß schenkte. Marco Reus und Toni Kroos standen zur Ausführung bereit. Und Toni Kroos lief an.

Timo Werner, immer noch erst 22, hat beide deutsche Tore vorbereitet in jenem zweiten Gruppenspiel gegen Schweden, das für die DFB-Elf zur Startrampe ins Turnier geworden ist. Starten kann Timo Werner übrigens ziemlich gut, keiner kann das im deutschen Team schneller als Werner, der nur zwei WM-Spiele gebraucht hat, um zu bestätigen, was viele erhofft und manche erwartet haben: dass er mit seiner Geschwindigkeit und auch mit seiner naturbelassenen Leidenschaft schon jetzt unverzichtbar ist für diese Mannschaft. Wenn Timo Werner auf der linken Seite antritt, ist es ungefähr wie bei der Sonne, wenn sie morgens im Osten durchstartet: Beides kommt nicht gänzlich unerwartet, aber beides kann man nicht verhindern.

"Selbst in Unterzahl haben wir mit einer guten Mischung aus Wachsamkeit und Risiko agiert und eben mit dem Gefühl, dass Timo Werner über links heute jeden ausspielen konnte", hat Mats Hummels später gesagt. Gute Spieler erkennen andere gute Spieler schnell, und in Werners Fall kommt erleichternd hinzu, dass viele Mitspieler beim DFB in der Bundesliga schon mal seine Gegenspieler waren. Und seine Gegenspieler wissen: Ja klar, ein Sprintduell mit Timo Werner ist natürlich möglich. Aber es ist auch schrecklich sinnlos.

Werner musste durch harte Schule

Timo Werner ist Mittelstürmer, er hat diese Rolle inzwischen durchgesetzt in einem Land, das lange davon ausging, dass Mittelstürmer kapitale Kolosse sein müssen, deren natürliches Habitat der Strafraum ist. Werner stammt vom VfB Stuttgart, das heißt, er hat schon viele Trainer erlebt, und einige dieser vielen Trainer waren der Meinung, dass man diesen Sprinter mangels mutmaßlicher Mittelstürmer-Merkmale auf den Flügel schicken oder ins vordere Mittelfeld stecken muss. Als Flügelspieler hat sich Werner in seiner VfB-Zeit manchmal den Ball vorgelegt und ist bis in die Cannstatter Kurve durchgerannt, worauf Huub Stevens wieder arg mit ihm schimpfen musste.

Womöglich profitiert die Nationalelf nun von jener harten Schule, durch die ihr Mittelstürmer einst musste. Als Joachim Löw sich in der Pause des Schweden-Spiels entschied, den klassischen Mittelstürmer Mario Gomez einzuwechseln, schickte er den rasenden Werner hinaus auf den Flügel, was inzwischen keine Bedrohung mehr für Cannstatter- und andere Kurven bedeutet. Werner kann's jetzt auch da draußen, er legt sich den Ball genau so weit vor, dass der Gegenspieler nicht, er selbst aber umso besser dran kommt.

Hat Thomas Müller bei der WM schon mitgespielt?

Das Schweden-Spiel hat nun auf der größtmöglichen Bühne gezeigt, dass der junge Stürmer nicht nur in seiner Eigenschaft als junger Stürmer wichtig ist für Löw, er erweitert auch das taktische Repertoire des Bundestrainers. Je nach Spielsituation kann sich Deutschland nun auch die Kombination Werner plus Gomez leisten, ohne dass Löw deshalb gleich ein ungeübtes Zwei-Mittelstürmer-Modell anweisen müsste. Zwar verfügt der Trainer nach dem Verzicht auf Mesut Özil aktuell über keine klassische Stamm-Offensive mehr, aber eine sichere Erkenntnis dürfte er nach zwei Turnierspielen gewonnen haben: dass diese routinierte Toni-Kroos-Mannschaft als Komplementärfarbe dringend Tempo benötigt - Spieler wie Werner oder Marco Reus, die auch statische Spiele gegen knochig verteidigende Gegner mit ihren Sprints völlig verändern können.

Werner und Reus wird Löw kaum noch aus der Mannschaft nehmen, es sei denn, seine Sprinter müssen mal kurz nach Luft schnappen. Was diese Erkenntnis nun für die Besetzung der Rest-Offensive bedeutet, ist offen und hängt auch davon ab, in welcher Verfassung sich der Münchner Thomas Müller präsentiert. Es ist nicht gänzlich ausgeschlossen, dass auch er bereits eingesetzt wurde bei diesem Turnier, aber ganz genau weiß man das nicht.

Hat Thomas Müller mitgespielt gegen Mexiko und Schweden? Man müsste vielleicht noch mal in die Aufstellung schauen.

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