Am Dienstagmittag verzichtete Jérôme Boateng auf neue Kunststückchen. Er betrat ganz ohne Spektakel das Podium der DFB-Pressekonferenz in Évian-les-Bains, hockte sich unfallfrei auf den Stuhl. Reicht ja, wenn er seine neue Rolle als Chefartist der Nationalmannschaft auf dem Fußballplatz ausfüllt - jetzt war er wieder der normale Scheroohm.
Boatengs Flugparade auf der Torlinie, wohlgemerkt als Abwehrspieler, ist bereits jetzt eine der Szenen der EM und hat ihm noch ein wenig mehr Ruhm in der europäischen Fußballwelt eingebracht. Er selbst gab an, alles gut überstanden zu haben - obwohl seine Landung durchaus schmerzhaft anmutete. "Der Rücken tut nicht mehr weh als sonst nach Spielen", so Boateng, "bin ganz gut gefallen." Dann beendete er das Thema schnell. Die ganze Aufmerksamkeit für eine Aktion, die er nebenbei ja auch selbst verursacht hatte, war ihm doch ein wenig unangenehm.
Die Fußballgötter:Boateng zeigt, wie es geht
Jérôme Boateng, der Lieblings-Nachbar und Abwehr-Held aus dem Spiel gegen die Ukraine, muss er den jungen Spielern zeigen, wie er das gemacht hat.
Dann lieber über das nächste Spiel reden, das die DFB-Elf am Donnerstagabend gegen Polen bestreiten muss (21 Uhr, Liveticker auf SZ.de). Der zweite Sieg soll her, gab Boateng an, wobei er nicht glaubt, dass die gegnerischen Stürmer, von denen einer bekanntlich Robert Lewandowski heißt, die DFB-Abwehr noch überraschen können. "Wir kennen Polen ganz gut", sagte Boateng mit Hinblick auf die beiden jüngsten Qualifikationsspiele.
Polen der "gefährlichste Gegner der Gruppe"
Sein Teamkollege Lukas Podolski, der qua Gebortsort eine besondere Affinität zum Gegner hat, ergänzte: "Die Polen haben einen großen Sprung gemacht." Deshalb sei das Team auch der "gefährlichste Gegner der Gruppe". Aber alles im allem keine unüberwindbare Hürde. Wer Europameister werden will, muss auch in der Lage sein, Polen zu besiegen.
Die Plauderstunde zog sich ein wenig in die Länge, was auch daran lag, dass die DFB-Akteure auf dem Podium (auch Shkodran Mustafi war dabei) bunt durch alle Themengebiete befragt wurden, von der Terrorgefahr (Boateng: "Fühlen uns sicher") bis zum Yoga-Trainer im Betreuerstab - was ihnen in der Summe gar nicht so recht war. Schließlich gilt es bei einem solchen Turnier doch, sich völlig auf den Fußball zu fokussieren.
Als Podolski schließlich nach diesem für Löw etwas kompromittierenden Video gefragt wurde, in dem sich der Bundestrainer in Richtung der Körpermitte kratzt, wurde er trotzdem ziemlich eindeutig. Das Video sei "in der Mannschaft kein Thema", so Podolski und sprach die männlich dominierte Presserunde direkt an: "Ich glaube, 80 Prozent von euch und ich auch kraulen sich auch mal an den Eiern, ist alles gut."
Podolski bekam viel Applaus für seine Worte.