Deutsche Nationalelf:Schreckgespenst zur Geisterstunde

Miroslav Klose jagt weiter den Rekord von Gerd Müller, Holger Badstuber muss aufgeweckt werden - und dann trifft sogar Mario Gomez: Die deutsche Nationalelf wacht erst nach Mitternacht auf. Die Einzelkritik.

Jürgen Schmieder

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Training deutsche Fussball-Nationalmannschaft

Quelle: dapd

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Manuel Neuer: Lief in langen Hosen auf. Das könnte am Kunstrasen gelegen haben, aber auch an der Aussicht, mangels Beschäftigung der akuten Gefahr einer Erkältung ausgesetzt zu sein. Stellte schnell fest, definitiv keine Erkältung wegen fehlender Beschäftigung zu bekommen. Stets aufmerksam und konzentriert, beim Schuss von Schmidtgal reaktionsschnell.

"Das ist wichtig für einen Torwart bei solchen Spielen", hatte Oliver Kahn schon nach der Partie gegen die Türkei gesagt. "Er muss in dieser einen Situation, in der er geprüft wird, hellwach sein." Stellte beim Herauslaufen unter Beweis, dass sein Stellungsspiel besser ist als das mancher Vorderleute.

Training deutsche Fussball-Nationalmannschaft

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Philipp Lahm: Hat nach dem Spiel gegen die Türkei erklärt, dass bei der Nationalelf jeder Spieler auf dem Platz wisse, was zu tun sei - was böse Menschen nun so interpretieren könnten, dass Lahm denkt, beim FC Bayern wisse derzeit nicht jeder, was zu tun sei. Hat Glück, dass Louis van Gaal kein böser Mensch ist und derzeit eher mit der Präsentation seines Buches beschäftigt ist als mit den Aussagen seiner Spieler.

Lahm wusste gegen die flinken Kasachen auf der rechten Abwehrseite nicht immer, was er zu tun hatte. Leistete sich zahlreiche Stellungsfehler und verweigerte dem Kollegen Thomas Müller häufig die Unterstützung. "Wichtig war, dass wir die drei Punkte haben - egal wie", sagte Lahm nach dem Spiel. Diese Aussage dürfte auch van Gaal befürworten, wenn es um das Spiel gegen Hannover 96 am Samstag geht.

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Per Mertesacker: Sucht derzeit oft seine Position beim Stellungsspiel. Fand sie in Astana recht schnell, verlor sie aber genauso schnell wieder. Häufig zu weit von seinen Gegenspielern entfernt und zu lax im Zweikampf. Mahnte Badstuber zu höherer Konzentration, vergaß dabei aber, sich selbst zu ermahnen.

Das übernahm nach der Partie Trainer Joachim Löw: "Wir waren in der Defensive nicht so konsequent wie gegen die Türkei und haben zu viele Torchancen zugelassen."

Germany v Turkey - EURO 2012 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

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Holger Badstuber: Hatte offenbar entgegen der Anordnung der DFB-Verantwortlichen seine Uhr um vier Stunden nach vorne gestellt, weshalb das Spiel genau zu seiner gewohnten Bettruhe angepfiffen wurde. Leistete sich zu Beginn Fehler bei der Ballannahme, spielte Fehlpässe und ließ sich den Ball durch die Beine schubsen.

Wurde kurz vor der Pause von Mertesacker geweckt, der einst 50 Prozent des Duos "Schnarch und Schleich" bildete. Danach aufmerksam. Sollte Louis van Gaal nicht damit beschäftigt gewesen sein, sein Buch zu präsentieren, dürfte er diese Leistung nicht wohlwollend zur Kenntnis genommen haben.

EM-Qualifikation Kasachstan - Deutschland

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Heiko Westermann: Erhielt den Vorzug vor Jerôme Boateng, was weniger mit seiner Leistung gegen die Türkei als vielmehr mit den Magenproblemen Boatengs zu begründen war. Hatte mit Podolski offensichtlich eine Abmachung getroffen: Du arbeitest nicht nach hinten, dafür beteilige ich mich nicht am Offensivspiel. Das klappte weitgehend prima.

Diese konsequente Arbeitsteilung auf der rechten Seite wurde nach dem Spiel von Lukas Podolski verteidigt, so wie Lukas Podolski eben eine Arbeitsteilung verteidigt: "Wir waren manchmal nicht konzentriert genug. Aber für uns zählen die drei Punkte, alles andere ist unwichtig."

Kasachstan - Deutschland

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Sami Khedira: Dass er an diesem Spiel teilnahm, war in den ersten 30 Minuten nur jenen Besuchern bewusst, die zuvor den Spielberichtsbogen gelesen hatten. Bei Real Madrid wäre so ein Satz ein Lob, bei einem Spiel der Nationalelf gegen Kasachstan ist es eher Kritik. Kurz vor der Pause mit zwei schönen Kopfbällen, in der zweiten Halbzeit präsenter, ohne jedoch wirklich aufzufallen.

"Wir haben das Tempo hochgehalten und in der zweiten Halbzeit die Chancen konsequent genutzt", sagte Khedira nach dem Spiel. "Wir haben uns professionell vorbereitet und das hat sich ausgezahlt." Darf sich nun auf Real Madrid und seinen Trainer José Mourinho freuen, der eine unauffällige Leistung durchaus zu schätzen weiß.

Kazakhstan v Germany - EURO 2012 Qualifier

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Toni Kroos: Hatte Glück, dass Manuel Neuer nicht verletzt war, weil er sonst womöglich ins Tor gemusst hätte. Spielt ja meistens dort, wo gerade einer gebraucht wird, diesmal aufgrund von Bastian Schweinsteigers Ausfall erneut im defensiven Mittelfeld.

War Mitte der ersten Halbzeit plötzlich Stürmer. Köpfte aus elf Metern über das Tor, schoss ein paar Minuten später geschätzte 10 Meter über das Tor und dann in die Arme des Torhüters. Schoss dann gar nicht mehr, obwohl er mehrmals in günstiger Position war. Liegt immer noch 68 Tore hinter Gerd Müller.

Könnte am Samstag eine Premiere in dieser Saison erleben: Sollte Schweinsteiger immer noch verletzt sein, darf er die dritte Partie in Folge auf der gleichen Position spielen.

EM-Qualifikation Kasachstan - Deutschland

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Thomas Müller: Schrieb vor dem Spiel eifrig Autogramme auf die Bälle der Einlaufkinder und sang eifrig bei der Nationalhymne mit. Agierte dann eifrig auf der rechten Seite, wurde jedoch von Kroos und Khedira nicht beachtet, als wäre er ein Schreckgespenst in einem Spukschloss.

Begab sich in der zweiten Halbzeit immer wieder ins Zentrum und wurde dort auch angespielt. Vergab jedoch zahlreiche Gelegenheiten, weshalb er bald das Prädikat Turnierspieler bekommen könnte: Hat für die Nationalelf noch nie getroffen, wenn nicht WM war.

Kazakhstan v Germany - EURO 2012 Qualifier

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Mesut Özil: Wurde zu Beginn des Spiels nicht ausgepfiffen, was nach intensiven Recherchen von sueddeutsche.de daran lag, dass im Stadion kein Anhänger der türkischen Nationalelf war und Özil keine kasachischen Vorfahren hat.

Sorgte eher für Jubel bei den Zuschauern, weil er seine Abschlüsse entweder zu hastig oder zu pomadig gestaltete. Beim Angriff, der zum 1:0 führte, mit formidablem Zuspiel auf Podolski. Darf nun wieder zu Real Madrid und zu José Mourinho, der formidable Zuspiele durchaus zu schätzen weiß.

Kasachstan - Deutschland

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Lukas Podolski: Tat nach fünf Minuten das, was er mit seinem rechten Fuß meist tut: Gefährdete mit seinem Schuss die Gesundheit der Zuschauer hinter dem Tor. Bereitete die ersten beiden Treffer vor, tat dann genau das, was er gegen Mannschaften wie Kasachstan gewöhnlich tut: Er schoss ein Tor.

Liegt 26 Treffer hinter Gerd Müller - da geht noch was. Vielleicht sollte der 1. FC Köln einen Antrag beim DFB stellen, dass sich Schalke, Stuttgart und Gladbach künftig Kasachstan, Thailand oder Liechtenstein nennen müssen.

Kazakhstan v Germany - EURO 2012 Qualifier

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Miroslav Klose: Agierte wie das Schreckgespenst in einem Spukschloss: Vor Mitternacht durften sich die kasachischen Verteidiger sicher sein, dass ihnen kein Unheil durch Klose drohte. Erzielte pünktlich zur Geisterstunde das 1:0. Liegt damit noch zehn Tore hinter Gerd Müller. Da geht was - zumal zu den nächsten Gegnern Schweden, Kasachstan, Australien, Österreich und Aserbaidschan gehören.

"Er macht das Tor so, wie man das in der Nationalelf von ihm kennt", sagte Oliver Kahn nach dem Spiel über Klose. Vielleicht sollte der FCBayern einen Antrag beim DFB stellen, den Verein künftig auch Nationalelf nennen und das DFB-Wappen auf das Trikot drucken zu dürfen.

Wurde mit Muskelfaserriss ausgewechselt, der DFB muss jedoch keine Klage des FC Bayern fürchten.

Kasachstan - Deutschland

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Mario Gomez: War bei der WM in Südafrika so etwas wie die Versicherung der deutschen Elf: Wurde er eingewechselt, dann konnten sich die Mitspieler gewiss sein, dass in dieser Partie nichts mehr passieren konnte. Kam aufgrund der Verletzung von Klose zu seinem ersten Einsatz in der EM-Qualifikation. Schoss sofort ein Tor. Liegt noch 54 Tore hinter Gerd Müller. Da geht noch was.

"Ich habe schon nach dem Spiel in Dortmund gesagt, dass ich gut drauf bin", sagte Gomez nach dem Spiel. "Nur hat es mir da keiner geglaubt. Deshalb war es für mich persönlich ein schönes Erlebnis."

Kasachstan - Deutschland

Quelle: dapd

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Marko Marin und Cacau: Wurden gegen Ende des Spiels ordnungsgemäß eingewechselt. Müssen nun aus dem Wohlfühlbecken Nationalelf wieder in die Spukschlösser in Bremen und Stuttgart.

© sueddeutsche.de/Mp/ebc
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