Länderspiel DFB vs Peru:Schuldentilgung mit Niclas Füllkrug

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Niclas Füllkrug stand genau richtig, zweimal schoss der gegen Peru den Ball ins Tor - dabei hätten es noch mehr Treffer sein können. (Foto: Michael Probst/AP)

Beim 2:0 gegen Peru erzielt der Stürmer von Werder Bremen beide Tore - als Teil einer neuen Doppelspitze, die vor allem in der ersten Halbzeit gut funktioniert. Bundestrainer Flick sieht zumindest vorübergehend die geforderte Leidenschaft.

Von Ulrich Hartmann

Kurz vor dem Anpfiff sagte der Bundestrainer Hansi Flick in ein orangefarbenes ZDF-Mikrofon, die deutsche Nationalmannschaft sei in der "Bringschuld". Zu diesem schwerwiegenden Wort verwendet der Duden passenderweise eine beispielhafte Erklärung aus dem Fußball. Dort heißt es: "Der Verein hat gegenüber den Fans eine Bringschuld zu leisten."

Die Nationalmannschaft des Deutschen Fußball-Bunds e.V. hat ihre Fans bei der Weltmeisterschaft in Katar vor vier Monaten maximal enttäuscht, sie ist dort schon in der Vorrunde ausgeschieden. Seither wird in Deutschland über einen Image-Verlust des Nationalteams diskutiert. In gut 14 Monaten beginnt in Deutschland die Europameisterschaft. Bis dahin soll das Image zurückgewonnen und die Bringschuld erfüllt werden.

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Der 2:0 (2:0)-Sieg gegen Peru am Samstagabend in Mainz war dazu ein erster kleiner Schritt. Um etwas anderes ging es nicht in diesem Testspiel, in dem viele der etablierten deutschen Nationalspieler gar nicht dabei waren. Flick hatte von dieser bewusst improvisierten Mannschaft "Leidenschaft" gefordert, "nicht Perfektion". An diesem Abend hat sie beide Anforderungen erfüllt. Perfekt war es bestimmt nicht, "aber die Dynamik hat man vor allem in der ersten Halbzeit schon gesehen", bilanzierte Bundestrainer Hansi Flick. "Auch dass wir kein Gegentor kassiert haben, war wichtig für uns."

Der Dortmunder Marius Wolf ist der einzige Debütant in der Startelf

Beide Treffer erzielte der Bremer Niclas Füllkrug, jener Stürmer, dessen Nebenrolle bei der WM allerhand Kritik an Flick provoziert hatte. Viele Fans und Experten hätten Füllkrug auch in Katar gerne schon in den Startformationen gesehen. Aber erst am Samstag in Mainz durfte der 30-Jährige in seinem fünften Länderspiel erstmals von Beginn an auflaufen. Seine Bilanz in der Nationalmannschaft lautet jetzt: fünf Spiele, fünf Tore. "Es freut mich, dass ich in der Nationalmannschaft schon so gut eingebunden bin", sagte Füllkrug, der erstmals als Teil einer Doppelspitze neben Timo Werner agierte - ein System, das Hansi Flick mit Blick auf die Heim-EM ins Repertoire aufnehmen möchte.

Auf Vorlage von Kai Havertz erzielte Füllkrug in der 12. Minute das 1:0, auf Vorlage von Wolf in der 33. Minute das 2:0. Weitere gute Möglichkeiten ließen er und seine Kollegen in einer überlegenen ersten Halbzeit ungenutzt. Auffällig aber war, wie gut im Gegensatz zur EM der Strafraum des Gegners besetzt war - von Füllkrug, Werner oder dem nachrückenden Havertz.

Von den sechs Debütanten, die Flick in seinen Kader berufen hatte, stand mit dem Dortmunder Marius Wolf auf der Rechtsverteidiger-Position nur einer in der Startelf. Wolfs BVB-Kollege Emre Can feierte im defensiven Mittelfeld die Rückkehr ins Nationalteam nach fast zwei Jahren, und für den Leverkusener Florian Wirtz im offensiven Mittelfeld war es nach seinem Kreuzbandriss der erste Einsatz im Nationaltrikot seit knapp eineinhalb Jahren. Alle anderen Spieler waren etablierte Kräfte, auch der Torwart Marc-André ter Stegen, weil er ja schon seit neun Jahren Nationalspieler ist. Der 30-Jährige ist aber nie am derzeit verletzten Manuel Neuer vorbeigekommen.

Ter Stegen bekam gegen die Peruaner nicht allzu viel zu tun. Man hätte sie ein bisschen gefährlicher erwartet, schließlich stehen sie in der Weltrangliste bloß sieben Plätze hinter den auf 14 rangierenden Deutschen. Doch die Peruaner trudeln zu solchen Länderspielen recht strapaziert aus der ganzen Welt ein: vier ihrer elf Startspieler sind in den USA aktiv, zwei in Saudi-Arabien, zwei in Südamerika, zwei in den Niederlanden und einer in Spanien. Die Abwehrspieler Miguel Araujo vom FC Emmen und Marcos Lopez von Feyenoord Rotterdam hatten noch die kürzeste Anreise.

Am Dienstag geht es gegen Belgien und den Trainer Tedesco

Nach der Pause blieb das deutsche Spiel in Sachen Perfektion bescheiden, auch in Sachen Leidenschaft ließ es etwas nach. Der Frankfurter Mario Götze hatte Glück, dass er nach einem üblen peruanischen Tackling unverletzt blieb, und dem Münchner Serge Gnabry musste nach einem Zusammenstoß mit dem Torwart Pedro Gallese die blutende Nase behandelt werden. Zwischen den Spielern beider Teams gab es nun ein paar kleinere Scharmützel, in deren Zentrum die italienische Schiedsrichterin Maria Caputi ein bisschen verloren wirkte. Ein Foulelfmeter hätte in der 68. Minute das dritte Tor erbringen können. Nico Schlotterbeck war gefoult worden. Doch Havertz setzte den Elfmeter an den rechten Pfosten.

Zum neuen Nationalspieler Wolf mit der historischen deutschen Serien-Nummer 964 gesellten sich in der Endphase noch Kevin Schade (Debütant Nr. 965) und Mergim Berisha (Nr. 966). Am Dienstag spielt die deutsche Mannschaft in Köln gegen den Weltranglisten-Vierten Belgien mit dem deutschen Trainer Domenico Tedesco - die nächste Chance, zu testen und die Bringschuld zu erfüllen. Im Juni steht dann das 1000. Länderspiel an, vermutlich in Bremen, vielleicht gegen die Ukraine. Fußball-Deutschland erwartet dann einen Festakt.

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