Deutsche Männer in Wimbledon:Zverev besiegt die Tennisgötter

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Tommy Hass (rechts) ist mit seinen 37 Jahren mehr als doppelt so alt wie Alexander Zverev (links, 18 Jahre alt). (Foto: Getty/dpa)
  • Alexander Zverev und Tommy Haas sind die deutschen Hoffnungen in Wimbledon.
  • Zverev gewinnt sein erstes Grand-Slam-Spiel in fünf Sätzen, Haas tut sich etwas leichter, hat aber nun einen schweren Gegner vor sich.
  • Hier gehts zu den Ergebnissen in Wimbledon.

Von Lisa Sonnabend, London

Alexander Zverev riss die Arme hoch, er sank mit den Knien auf den Rasen, ließ sich nach vorne plumpsen und blieb einfach liegen. Der 18-Jährige jubelte, als hätte er soeben das Wimbledon-Finale für sich entschieden. Dabei war es nur ein Erstrunden-Match. Für Zverev war es trotzdem etwas ganz besonderes.

Der Hamburger absolvierte am Montagabend sein erstes Spiel bei einem Grand-Slam-Turnier und ging als Sieger vom Platz, in der ersten Fünf-Satz-Partie seiner Karriere. Nach 3:46 Stunden rang Zverev den Russen Teimuras Gabaschwili nieder: 6:3, 1:6, 6:3, 3:6 und 9:7. "Ich glaube, die Tennisgötter wollten mir eine Aufgabe stellen und ich habe sie gelöst", sagte er danach grinsend.

Zverev steht auf Weltranglistenplatz 74, gilt als das größte Tennistalent in Deutschland - und in diesen Tagen wird deutlich, wie dringend hierzulande Hoffnungsschimmer benötigt werden. Denn erstmals seit 1998 ist in Wimbledon kein einziger Deutscher im Männer-Einzel gesetzt. Doch nun gibt es mit Zverev wenigstens eine deutsche Attraktion bei diesem Turnier. Wobei, es gibt sogar eine zweite. Die ist mehr als doppelt so alt wie Zverev. Denn wenige Stunden vor Zverev erreichte auch Tommy Haas die zweite Runde. In vier Sätzen schlug er den Serben Dusan Lajovic. Während Zverev der jüngste Spieler im 128-köpfigen Teilnehmerfeld ist, ist Haas mit 37 Jahren der älteste.

Beide traten am Montag nicht auf dem Center Court an, sondern auf einem der Randplätze, die nur vier Zuschauerreihen haben. Hier dröhnt der Applaus der anderen Plätze herüber, das Stöhnen der Profis auf den Nachbarcourts ist zu hören. Es ist nicht die große Bühne. Doch die Zuschauer strömten herbei, um erst den Alten, dann den Jungen spielen zu sehen. Sie feuerten die beiden an, so dass Zverev meinte: "Ich habe mich fast so gefühlt wie ein Engländer."

Haas trifft nun auf "Aufschlagmonster" Raonic

Wimbledon
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Ihr Match dauert nur 39 Minuten: Andrea Petkovic schlägt die Amerikanerin Shelby Rogers in Wimbledon auf beeindruckende Weise. Tommy Haas feiert ein erfolgreiches Grand-Slam-Comeback, Serena Williams macht den ersten Schritt zum "Serena Slam".

Nach seiner vierten Schulteroperation hatte Haas mehr als ein Jahr lang für sein Comeback geschuftet. Am Montag feierte er den ersten Erfolg bei einem Grand-Slam-Turnier seit fast zwei Jahren, obwohl er noch nicht so hart aufschlagen kann wie früher. Die Schläge wirkten manchmal nicht rund. Haas spielte viel Serve and Volley - das spart Kraft und war zumindest gegen Lajovic effizient. Die zweite Runde dürfte schwieriger werden: Er trifft nun auf Milos Raonic, für Haas "eines der größten Aufschlagmonster auf der Tour". Auf Zverev wartet eine leichtere Aufgabe: der Amerikaner Denis Kudla, 105. der Weltrangliste.

Die anderen deutschen Männer schieden am ersten Turniertag alle aus: Jan-Lennard Struff, Florian Mayer, Benjamin Becker, Philipp Kohlschreiber. Am Dienstag spielen nur noch die Qualifikanten Dustin Brown und Michael Berrer.

Zverev hatte sich für seinen ersten Auftritt in Wimbledon ein dickes weißes Stirnband umgebunden, um seine Frisur zu bändigen. Doch wo nun die Augenbrauen endeten und die Locken begannen, war im fünften Satz nicht mehr genau zu erkennen. So ungestüm wie seine Haare war auch Zverev selbst in der Partie. Nach den Seitenwechseln erhob er sich manchmal so impulsiv, dass der Stuhl wackelte. Nach verpatzten Schlägen fluchte er wie einst John McEnroe.

Im vierten Satz wurde ihm plötzlich übel. Minutenlang stützte er sich am Zaun ab, ein Helfer reicht ihm eine Plastiktüte. Danach lief es besser, der 1,98 Meter große Spieler hatte die innere Ruhe wieder gefunden. Er übte Druck aus mit seinen harten Schlägen, er traf die Bälle präzise, er servierte stark. Als ihn gegen Ende des Matches Krämpfe plagten, machte er unbeirrt weiter, als habe er schon zahlreiche Fünf-Satz-Krimis hinter sich. Als er 7:6 führte, hatte er die ersten zwei Matchbälle. Als er 8:7 führte, hatte er wieder einen. Dann sank er zu Boden.

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Von Lisa Sonnabend

Nach seinem ersten Grand-Slam-Spiel nahm Zverev im Pressekonferenzsaal Platz. Er stützte die Arme auf das Podium, sprach langsam. Er war ausgelaugt, aber zufrieden. "Jetzt mal schauen, wie es weitergeht", sagte der 18-Jährige entspannt und schob eine selbstbewusste Prognose hinterher: "Rasen ist ein Belag, der mir in Zukunft gefallen wird." Es gab schon einmal einen deutschen Spieler, der am liebsten auf Gras antrat und im Wimbledon auf die Knie sank. Dreimal gewann Boris Becker das Turnier. Eine Ewigkeit ist das mittlerweile her.

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