Deutsche Handballer im Porträt:Gestatten, Bamm-Bamm

Wer sind die deutschen Handballer, die bei der WM in Katar im Viertelfinale stehen? Ein Blick auf den Kader zeigt: viele starke Männer, einige Trickwerfer und eine Comicfigur.

Von Saskia Aleythe und Carsten Eberts

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Tor: Carsten Lichtlein

Handball Supercup Deutschland - Schweden 22:25

Quelle: dpa

In der Nationalmannschaft seit: 2001

Im Team, weil... auch im Handball Geduld eine Tugend ist. War ein Jahrzehnt lang der beste Wasserreicher, Handtuchträger und Anfeuerer, den das deutsche Team zu bieten hatte - darf nun endlich Handball spielen. Mutierte gegen Argentinien zum Schreckgespenst, wehrte 40 Prozent der Bälle ab. Kommt mit 2,02 Metern gut in alle vier Ecken.

Wäre als Tier: Ein Igel. Macht oft einen harmlosen Eindruck, kann dem Gegner in brenzligen Momenten aber ziemlich weh tun.

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Tor: Silvio Heinevetter

Qatar 2015 M36 DEN vs GER

Quelle: dpa

In der Nationalmannschaft seit: 2006

Im Team, weil... kein Trainer der Welt auf Heinevetter verzichtet. Spielt nicht seine beste WM bislang, ist aber immer in der Lage, ein Spiel ganz alleine zu entscheiden. Wird sich irgendwann ganz fürchterlich weh tun, wenn er sich mal wieder quer in die Luft legt und unkontrolliert auf dem Boden aufschlägt. Bewies bislang aber große Nehmerqualitäten.

Wäre bei einem Kartenspiel: Definitiv Trumpf. Spielt leidenschaftlich gerne Skat, vor allem bei der Nationalmannschaft. Übt in Katar für seine zweite Karriere: als Skat-Trainer.

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Außen: Uwe Gensheimer

Germany v Argentina  - 24th Men's Handball World Championship

Quelle: Bongarts/Getty Images

In der Nationalmannschaft seit: 2005

Im Team, weil... er bald seinen eigenen Wurf kreiert. Kann mit seinem Handgelenk Dinge anstellen, die in medizinischen Fachbüchern in der Kategorie "anormal" auftauchen. Kriegt den Ball auch in kniffligen Situationen um sich selbst und den Torwart gedreht. Hat auch das Köpfchen, um sich für die richtige Option zu entscheiden - und flinke Beine, die den Rest erledigen.

Wäre als TV-Format: Die Shopping-Queen. Vertreibt im Internet Socken aller Couleur, versuchte sich auch daran, den Schnauzbart im deutschen Team salonfähig zu machen. Scheiterte allerdings.

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Außen: Matthias Musche

Qatar 2015 M56 KSA vs GER

Quelle: dpa

In der Nationalmannschaft seit: 2014

Im Team, weil... auch ein Uwe Gensheimer mal eine Pause braucht. Und Musche mit 22 Jahren schon ein festes Element beim SC Magdeburg ist. Hemmungen vor irgendeinem Routinier hat er keine mehr: Im Dezember stänkerte er beim Ligaspiel gegen die Füchse Berlin mit Vorzeige-Stänkerer Silvio Heinevetter - und hielt sich beachtlich.

Wäre als Filmheld: Braveheart. Setzte sich trotz Flugangst in den Flieger nach Katar, mit der Aussicht, kein einziges Spiel zu absolvieren. Wurde aber belohnt: Traf gegen Saudi-Arabien gleich elfmal.

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Rückraum: Paul Drux

Qatar 2015 M44 GER vs ARG

Quelle: dpa

In der Nationalmannschaft seit: 2014

Im Team, weil... er auf der nach oben offenen Talentskala neue Maßstäbe setzt. Dieser Mann ist 19 Jahre alt, spielt seine erste Bundesligasaison bei den Füchsen Berlin und hat ein Spielverständnis, dass der Handballgott - sofern es ihn gibt - zweimal hingucken muss. Bricht mit seiner Physis (90 Kilogramm) auch noch physikalische Gesetze (springt hoch!).

Wäre als Nachtisch: Tiramisu. Hat alles, was man braucht, um richtig begehrt zu sein.

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Rückraum: Stefan Kneer

Germany v Russia - 24th Men's Handball World Championship

Quelle: Bongarts/Getty Images

In der Nationalmannschaft seit: 2007.

Im Team, weil... Oliver Roggisch nicht mehr dabei ist. Roggisch war die Kante der Nation, ein Koloss in Sachen Abwehrarbeit. Kneer soll es ihm nachmachen und wird im Heimatverein bei den Rhein-Neckar Löwen ganz aufs Zupacken getrimmt. Im Gegensatz zum jetzigen Teammanager kann der 29-Jährige noch etwas anderes: Schnell laufen und gleichzeitig Tore schießen.

Wäre als Getränk: Ein guter Wein. Musste erst ein paar Jahre im Nationaltrikot reifen, um sein Potenzial zu entwickeln.

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Mitte: Michael Kraus

Germany v Argentina  - 24th Men's Handball World Championship

Quelle: Bongarts/Getty Images

In der Nationalmannschaft seit: 2005

Im Team, weil... jeder im Leben eine zweite Chance erhält. Oder eben, wie bei Kraus, die dritte oder vierte. War schon sehr oft weg aus der Nationalmannschaft, kam sehr oft wieder. Diesmal, weil Trainer Sigurðsson hofft, dass der erfahrene Kraus, WM-Held von 2007, seinem Team in kritischen Phasen Stabilität bringen kann. Ist ein begnadeter Handballer, unglaublich schnell im Erfassen von Situationen und flink im Abzug. Hat bei dieser WM jedoch noch nicht gezeigt, dass er unbedingt gebraucht wird.

Wäre im Zweitberuf: Stripper, ganz klar. Hat seine Qualitäten nach dem Champions-League-Sieg mit dem HSV Hamburg auf dem Rathausplatz gezeigt. Weiß hoffentlich, dass spontanes Entkleiden in Katar eher problematisch ist.

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Mitte: Martin Strobel

-

Quelle: AFP

In der Nationalmannschaft seit: 2007

Im Team, weil... er ein gutes Gegenstück zum Hallodri Michael Kraus ist. Und: Auf seiner Position glänzen nur wenige Deutsche, Strobel tut das mittlerweile sehr ordentlich. Leitet als Regisseur die Spielzüge ein und setzt seine Mitspieler gewinnbringend ein, trifft dabei meist die richtigen Entscheidungen. Konnte das schon bei zwei vorhergehenden Weltmeisterschaften üben - ist deswegen nun auch in kniffligen Situationen handlungsfähig.

Wäre als Tier: Ein Erdmännchen, ist nämlich ein Rudeltier. Liebt die familiäre Umgebung und nimmt dafür in Kauf, dass die in Balingen liegt. Und er mit Balingen-Weilstetten beständig gegen den Abstieg statt um Titel kämpft. Dafür aber zusammen mit seinem Bruder.

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Rückraum: Steffen Weinhold

Handball-WM Deutschland - Dänemark

Quelle: dpa

In der Nationalmannschaft seit: 2008

Im Team, weil... er Steffen Weinhold ist. Seltsame Rubrik für einen Mann, der zu den wichtigsten Spielern bei diesem Turnier gehört, gar nicht mehr wegzudenken ist. Kampfstark, gedankenschnell, treffsicher - auch ganz zum Schluss, wenn es eng wird, ist der Mann vom THW Kiel zuverlässig zur Stelle. Ein Typ für den entscheidenden Treffer.

Wäre ungeeignet als: Hochglanzmodel. Hat aufgrund seiner Spielweise immer diverse Kratzer und Blessuren. Doch das haut ihn nicht um. Schenkte die Uhr, die er als Auszeichung für den "Spieler des Spiels" erhielt, seinem Physiotherapeuten.

10 / 18

Rückraum: Michael Müller

Handball-WM Deutschland - Argentinien

Quelle: dpa

In der Nationalmannschaft seit: 2008.

Im Team, weil... ein Mann mit WM-Erfahrung nicht schaden kann. Erlebte einst einen kometenhaften Aufstieg, wurde aus der Regionalliga direkt für die Bundesliga verpflichtet - und spielte sieben Monate später eine klasse WM. Das war allerdings schon 2009. Kann einschlagen wie eine Abrissbirne. Trifft das Ziel aber zu unbeständig. Und hat leider Steffen Weinhold als Konkurrenten.

Wäre als Sportgerät: Ein Bumerang. Ist zurückgekommen nach seinem Kreuzbandriss und einer zweijährigen Pause in der Nationalmannschaft.

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Außen: Patrick Groetzki

Handball-WM Deutschland - Argentinien

Quelle: dpa

In der Nationalmannschaft seit: 2009

Im Team, weil... das Spiel der deutschen Nationalmannschaft ohne Groetzki nicht funktioniert. Zusammen mit Gensheimer zieht er über die Außen das gefürchtete Tempospiel auf. Hier fallen die einfachen Toren, doch auch bei geplanten Spielzügen ist "Johnny" oft Ziel der Aktionen, da seine Treffsicherheit enorm ist. Galt als Ziehsohn von Bundestrainer-Vorgänger Heuberger, spielte jedoch noch nie so stark wie bei dieser WM unter Sigurðsson. Auf dem Weg zur Weltklasse.

Wäre im Zirkus: Zauberkünstler. Gewinnt regelmäßig Trickshot-Contests, wenn er die Bälle dreht und zwirbelt, am besten noch einen Flickflack davor macht. Dabei hatte er bei der WM 2013 gegen Spanien einen wichtigen Tempogegenstoß per Dreher vergeben. War anschließend untröstlich.

12 / 18

Außen: Johannes Sellin

Handball Deutschland - Tschechien

Quelle: dpa

In der Nationalmannschaft seit: 2012

Im Team, weil... sein Trainer einer seiner größten Fans ist. Sellin spielt in Melsungen, war zuvor aber sechs Jahre in Berlin, galt als Eigengewächs. Sein Trainer hieß dort über vier Jahre: Dagur Sigurðsson. Durfte seine schnellen Beine bislang nur im finalen Gruppenspiel gegen Saudi-Arabien zur Schau stellen, tat das gleich mit elf Treffern. Ist auch ein sehr brauchbarer Siebenmeterschütze.

Wäre als Fußballer: Mario Gomez. Nicht nur, weil er so schön trifft. Macht auch das Gomezsche Haarband wieder salonfähig.

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Kreis: Patrick Wiencek

Germany v Argentina  - 24th Men's Handball World Championship

Quelle: Bongarts/Getty Images

In der Nationalmannschaft seit: 2009

Im Team, weil... es richtig weh tun soll, wenn gegnerische Angreifer der deutschen Abwehr zu nahe kommen. Dafür sorgt im Mittelblock Wiencek, 25 Jahre alt, 2,01 Meter groß. Ist für einen echten Fiesling aber zu wohlerzogen, bescheiden, freundlich. Ist bei Kiel in den vergangenen Jahren zu einem Klassespieler gereift. Wie sich bei dieser WM bestaunen lässt: auch im Angriff.

Wäre als Comicfigur: "Bamm-Bamm", der Sohn von Barney und Betty Geröllheimer in der Zeichentrickserie "Familie Feuerstein". Das ist auch sein Spitzname. Braucht jedoch keine Keule, um sich Respekt zu verschaffen.

14 / 18

Kreis: Hendrik Pekeler

Handball-WM Polen-Deutschland

Quelle: dpa

In der Nationalmannschaft seit: 2012

Im Team, weil... er sein Sportlerleben in den Griff bekommen hat. Erhielt mit 18 Jahren einen Vierjahresvertrag beim großen THW Kiel, wurde jedoch häufiger beim Feiern als auf dem Handballplatz gesichtet. Kiels Trainer Alfreð Gíslason sagte damals: "Er ist nur selten zum Training erschienen. Es ist zum Heulen - dieser Junge hat eigentlich alles, um ein super Kreisläufer zu werden." Mittlerweile spielt er in Lemgo, ist er nur noch selten auf der Piste - und wirklich ein sehr guter Kreisläufer geworden.

Wäre im Weltall: Ein Magnetfeld. Kann Bälle aus voller Fahrt mit einer Hand fangen, was ihm ungeheure Vorteile verschafft - und wirklich lustig aussieht.

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Kreis: Erik Schmidt

-

Quelle: AFP

In der Nationalmannschaft seit: 2014

Im Team, weil... die Mannschaft nach dem Playoff-Desaster gegen Polen ein frisches Gesicht brauchte. Schmidt umgibt vor dem deutschen Tor die Aura eines opulenten Kreuzfahrtschiffes, er ist mit 2,04 Metern und 107 Kilogramm nicht gerade ein Fähnlein im Wind. Hat als Kreisläufer mit Patrick Wienczek und Hendrik Pekeler allerdings zwei starke Konkurrenten vor sich.

Wäre als Flugobjekt: Ein Hubschrauber, legte schließlich einen ansatzlosen Aufstieg hin. Zwischen seinem Leben als Zweitligahandballer und dem Leben eines Nationalspielers lagen gerade mal zwei Monate.

16 / 18

Tor: Andreas Wolff

Handball Deutschland - Tschechien

Quelle: dpa

In der Nationalmannschaft seit: 2014

Im Team, weil... jeder Bundestrainer zur WM drei Torhüter mitnimmt. Hat bei normalem Turnierverlauf jedoch keine Chance, an Lichtlein und/oder Heinevetter vorbeizuziehen. Lernte wie Weinhold und Kneer das Handballspielen in Großwallstadt, hält mittlerweile seine Bälle in Wetzlar. Will Welthandballer werden, sagt er. Hat dafür glücklicherweise noch ein paar Jährchen Zeit.

Wäre als Filmfigur: Prinz Charming. Gibt auf der Homepage der HSG Wetzlar seine Hobbies an: "Playstation und meine Freundin". In dieser Reihenfolge.

17 / 18

Rückraum: Jens Schöngarth

Handball Deutschland - Tschechien

Quelle: Uwe Anspach/dpa

In der Nationalmannschaft seit: 2015

Im Team, weil... irgendwann im Turnier ein echter Schmeißer her muss. Wenn ein Tor fehlt, die Zeit auch. Wenn der Ball irgendwie ins Netz muss, notfalls durch die Gegenspieler hindurch. Schöngarth ist so ein wurfgewaltiger Typ, der deshalb in letzter Sekunde einen Platz ins Sigurðssons Aufgebot erhielt. Viele Spielanteile hat der Mann aus Lübbecke noch nicht erhalten, aber sie wird schon noch kommen: diese eine Aktion.

Wäre auch gut beim: Hau-den-Lukas. Armer Lukas.

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Rückraum: Fabian Böhm

Qatar 2015 M20 GER vs RUS

Quelle: dpa

In der Nationalmannschaft seit: 2015

Im Team, weil... halt, stopp. Derzeit gar nicht im Team. Wurde während der Vorrunde gegen Matthias Musche ausgetauscht, weil Trainer Sigurðsson lieber einen weiteren Außenspieler in seinem Team haben wollte. Böhm trägt es mit Fassung, ist nun erster Fan seiner Mannschaft. Und er weiß: Einmal darf Sigurðsson im Turnierverlauf noch tauschen.

Wäre ohne Handball: Designer und Unternehmer. Hat seinen eigenen T-Shirt-Vertrieb im Internet, nachhaltig, ökoligisch. Um ihn muss man sich nach der Karriere keine Sorgen machen.

© Süddeutsche.de/ska/ebc
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