Süddeutsche Zeitung

Deutsche Erfolge bei nordischer Ski-WM:Kitschiges Ende im Sonnenuntergang

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Nach langer Zeit wieder ganz oben

Als das ewige Warten nach fast drei Jahrzehnten endlich ein Ende fand, schnappten sich die deutschen Kombinierer Johannes Rydzek und erdrückten ihren Schlussläufer fast vor lauter Freude. Zwei Tage nach Rydzeks Einzel-Triumph gewannen die Jungs von Bundestrainer Hermann Weinbuch bei der WM in Falun auch den Team-Wettbewerb vor dem Erzrivalen Norwegen und feierten den ersten großen Titel seit Olympia 1988 in Calgary.

"Endlich, endlich!", rief Weinbuch mit Tränen in den Augen immer wieder, nachdem Rydzek (Oberstdorf), Olympiasieger Eric Frenzel (Oberwiesenthal), Fabian Rießle (Breitnau) und Tino Edelmann (Zella-Mehlis) einen fast schon unglaublichen Start-Ziel-Sieg mit 23,1 Sekunden Vorsprung auf den ewigen Rivalen Norwegen perfekt gemacht hatten: "Wir haben einen Traumwettkampf abgeliefert, wir haben immer an uns geglaubt. Und wir sind endlich belohnt worden."

"Historischer Sieg"

Hinter Norwegen holte Frankreich (+39,6) Bronze, gefährden konnte aber auch der Titelverteidiger ein entfesseltes deutsches Team nie. "Das ist ein historischer Sieg", verkündete DOSB-Präsident Alfons Hörmann im Zielraum. Hörmann verschob seinen Rückflug prompt auf Montag: "Diese Siegerehrung möchte ich selbst vornehmen, das will ich nicht verpassen."

Rydzek, der Norwegens Schlussmann Jörgen Graabak nicht den Hauch einer Chance ließ, durfte die letzten Meter im Triumphzug genießen und die erfolgreiche Revanche für die gegen Norwegen im Zielsprint verlorene Olympia-Staffel besiegeln. Sein Glück konnte der 23-Jährige nur 20 Stunden nach der emotionalen Siegerehrung für sein Einzel-Gold kaum fassen.

"Es ist so kitschig", sagte der 23-Jährige: "Dem Sonnenuntergang entgegen mit der deutschen Fahne in der Hand zu Gold. Ein Wahnsinn." Die größten Schwierigkeiten im ganzen Rennen hatte der Allgäuer dabei noch auf der Zielgeraden. "Ich habe gesucht, aber zuerst gar keine deutsche Fahne im Publikum gefunden - da waren nur norwegische."

Auch Frenzel, am Freitag noch enttäuschter Vierter, lieferte ein ganz starkes Rennen ab, schnappte sich seinen insgesamt dritten WM-Titel. "Wir haben alles rausgeholt, alles gegeben. Es ist wunderschön", sagte der 26-Jährige, der ausgelassen mit Söhnchen Philipp und Ehefrau Laura feierte.

Endlich Gold für Edelmann

Rießle, für den es der erste große Titel war, fand "einfach alles nur noch geil". Und Edelmann, der nach sechs WM-Silbermedaillen endlich Gold in Händen hielt, kassierte beim Jubeln sogar noch einen "Cut" an der Stirn, als er einen Ski abbekam. "Aber das ist mir heute so etwas von egal", sagte der Thüringer.

Für den 54 Jahre alte Meistermacher Weinbuch, genau 28 Jahre und drei Tage zuvor Staffel-Mitglied beim letzten WM-Triumph in Oberstdorf, schloss sich derweil ein Kreis. Marko Baacke, Ronny Ackermann, Frenzel und Rydzek hatte er zu Weltmeistern, Georg Hettich und Frenzel zu Olympiasiegern gemacht. Seit seinem Amtsantritt 1996 hatten Weinbuchs Schützlinge 33 WM- und Olympia-Medaillen geholt. Nur das verfluchte Team-Gold fehlte bislang.

Das deutsche Quartett war als Sprungsieger in Führung liegend in die Langlauf-Staffel gegangen. Norwegens Startläufer Magnus Moan machte die 28 Sekunden Rückstand auf Edelmann fast wett, der Thüringer konterte aber an den letzten beiden Bergen. Frenzel baute den Vorsprung wieder aus, Rießle gab Schlussmann Rydzek schließlich noch knapp sieben Sekunden mit auf den Weg. Dem überragenden Kombinierer von Falun hatte auch Graabak nichts entgegenzusetzen.

Deutsche Skispringer holen ebenso Gold

Die Goldmedaille der Kombinierer blieb nicht der einzige deutsche Triumph an diesem Tag. Die deutschen Skispringer zeigten sich im Mixed-Wettbewerb ebenso erfolgreich. Der WM-Zweite Severin Freund (Rastbüchl), Weltmeisterin Carina Vogt (Degenfeld), Richard Freitag (Aue) und Katharina Althaus (Oberstdorf) gewannen mit 917,9 Punkten knapp vor Norwegen (915,6) und Titelverteidiger Japan (888,3).

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