Süddeutsche Zeitung

Deutsche Eishockey Liga:Playoff-Charakter

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In der jahrelang festgefahrenen Tektonik an der DEL-Spitze verschiebt sich etwas: Im ERC Ingolstadt scheint ein neuer Großer heranzuwachsen. Die jahrelangen Dominatoren aus Mannheim und München nehmen ihn jedenfalls so wahr.

Von Christian Bernhard

Es war zumindest ein bisschen verwunderlich, was sich vergangene Woche im Rahmen des Topspiels der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zutrug. Noch auf der Pressekonferenz nach dem Duell zwischen dem EHC Red Bull München und den Mannheimer Adlern lenkte Mannheims soeben siegreicher Trainer die Aufmerksamkeit auf das nächste Spiel seiner Mannschaft. "Wir können besser laufen, wir müssen mehr laufen", sagte er. "Um Top-Mannschaften wie Ingolstadt zu schlagen, musst du läuferisch in einem Top-Zustand sein."

Mannheim und München sind seit Jahren das Maß der Dinge in der DEL, die letzten vier Meistertitel haben sie untereinander aufgeteilt. Auch der Mannheimer 5:4-Sieg am vergangenen Freitag in München, bei dem die Adler schon 5:1 führten und in den entscheidenden Momenten spritziger und läuferisch stärker wirkten, gab viel her. Dennoch schwirrte bereits die nächste Partie durch den Raum. Womöglich, weil sich in dieser Saison etwas in der jahrelang festgefahrenen Tektonik an der DEL-Spitze verschiebt und ein neuer Großer heranwächst: der ERC Ingolstadt. Dieser wird von den jahrelangen Dominatoren nun anders wahrgenommen.

Am Montagabend bekamen nach den Münchnern aber auch die Ingolstädter die aktuelle Mannheimer Dominanz zu spüren. Nachdem sie die ersten zwei Saisonduelle gegen die Kurpfälzer sehr knapp verloren hatten - einmal in der Verlängerung, einmal im Penaltyschießen -, unterlagen sie diesmal 1:4. Es war die erste ERC-Niederlage nach zuvor fünf Siegen in Serie. Zwei Drittel lang hielten die Oberbayern mit, ehe die Mannheimer im Schlussdrittel davon zogen. "Wir haben sehr gute 50 Minuten gespielt", sagte ERC-Angreifer Samuel Soramies. "In den letzten zehn Minuten haben wir ein bisschen nachgelassen, und das hat uns das Spiel gekostet."

Trotz der Niederlage hat Trainer Doug Shedden an der Leistung wenig auszusetzen

Ingolstadts Trainer Doug Shedden hatte an der Leistung wenig auszusetzen. Sein Team habe "sehr, sehr energisch und physisch" gespielt, sagte er, ihm gefielen auch Einstellung und Kampfgeist. In den entscheidenden Momenten waren aber die Adler präsenter - und nutzten die ERC-Fehler aus. Markus Eisenschmid profitierte beim 3:1 (52.) von einem Scheibenverlust von Tim Wohlgemuth, Jason Bast bestrafte einen Aussetzer von Torhüter Michael Garteig zum 4:1-Endstand (56.). Beide Trainer waren sich hinterher einig, dass der Eisenschmid-Treffer der vorentscheidende war. Gross sprach von einem "Gamebreaker", Shedden hob den Fehler "unseres jungen Spielers" hervor. "Das hat uns aus dem Spiel genommen", sagte er zum Fehler von Wohlgemuth, der eine beeindruckende Saison spielt und auch in Mannheim das zwischenzeitliche 1:1 erzielt hatte (36.).

Der Ingolstädter Auftritt hinterließ aber auch Eindruck bei den Mannheimern. Gross gefielen die vielen Checks auf beiden Seiten. "Es wurde richtig gekämpft", sagte er, das Spiel hatte "Playoff-Charakter" für ihn. "Hut ab vor Ingolstadt", sagte Felix Schütz, der das 2:1 erzielt hatte (42.). "Sie haben dieses Jahr echt eine tolle Mannschaft und spielen schnelles Eishockey. Sie stehen zu Recht dort, wo sie stehen." Und zwar auf Platz zwei im Süden, knapp vor den Münchnern. Nach drei Saisonniederlagen gegen Dominator Mannheim kommt die Frage auf, was den Oberbayern noch fehlt, um eine absolute Top-Mannschaft zu sein. "Ganz klar 60 Minuten durchzuspielen", sagte Soramies. "50 Minuten reichen nicht gegen so eine Mannschaft." Helfen soll bei diesem Schritt, "dass wir uns füreinander aufopfern", wie Kapitän Fabio Wagner es beschreibt. Gefragt ist das bereits wieder am Donnerstag, wenn die Augsburger Panther zum Derby nach Ingolstadt kommen.

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