Deutsche Eishockey Liga:Nicht schnell, aber schlau

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"Ich bin ins Training gekommen, war aber eigentlich gar nicht anwesend." - Daniel Pietta über die vergangenen Wochen. (Foto: Heike Feiner/Eibner/imago)

"So einen Nummer-eins-Mittelstürmer hatten wir noch nicht": Nach seiner Sperre wegen einer Entgleisung in der Saison-Vorbereitung ist Daniel Pietta ins Team des ERC Ingolstadt zurückgekehrt. Als großer, starker Center soll er den Unterschied machen.

Von Christian Bernhard

Doug Shedden musste es einfach loswerden, es ist ja schließlich eine Nachricht, die ihm große Freude bereitet. Also teilte der Chefcoach des ERC Ingolstadt sie seinem Kollegen Don Jackson noch schnell mit, bevor die beiden Trainer ihre Plätze auf dem Pressekonferenzpodium einnahmen. Dort unterbreitete Shedden auch der Öffentlichkeit die freudige Kunde, die für "Begeisterung" in Ingolstadt sorge: "So einen Nummer-eins-Mittelstürmer hatten wir noch nicht", sagte er, es sei "ein Traum für einen Trainer", über so einen Spieler zu verfügen. Shedden sprach von Daniel Pietta.

Ingolstadts Chefcoach hatte am Donnerstagabend generell gute Laune, sein Team hatte den EHC Red Bull München soeben zum zweiten Mal in nur zwei Wochen in dessen Stadion geschlagen. Mindestens genau so glücklich macht ihn die Rückkehr Piettas. Der 34-jährige Angreifer ist seit November beim ERC, bestritt in München aber erst sein zweites Spiel der laufenden Saison in der Deutschen Eishockey Liga (DEL), da er eine lange Sperre absitzen musste. Pietta hatte vor dem Saisonstart in einem Testspiel gegen die Straubing Tigers mit einer Affen-Geste für Aufsehen gesorgt, der DEL-Disziplinarausschuss hatte es als erwiesen angesehen, dass die Entgleisung dem schwarzen Tigers-Spieler Sena Acolatse gegolten habe. Pietta hatte sich umgehend für die Entgleisung entschuldigt und erklärt, sie habe nicht Acolatse, sondern dem Straubinger Team gegolten. Der unrühmliche Vorfall schwappte bis ins Eishockey-Mutterland Kanada.

Als Pietta am Donnerstag vor der Münchner Olympia-Eishalle über seine außergewöhnlichen Wochen sprach, verstauten die ERC-Betreuer hinter ihm die Team-Ausrüstung in einem Kleintransporter. Natürlich sei die Zeit nicht einfach gewesen, "aber ich will mich keineswegs als Opfer darstellen", sagte er. "Was ich da gemacht habe, war dumm von mir. Ich habe daraus gelernt und werde es nie wieder machen." Vor allem die erste Woche nach dem Vorfall hatte ihm zugesetzt. Pietta hatte zwar Hunger, bekam aber nichts runter. Nicht einmal das Training konnte ihn aufheitern. "Ich bin ins Training gekommen, war aber eigentlich gar nicht anwesend", erzählte er. Auf die Frage, ob es seitdem Kontakt oder eine Aussprache zwischen ihm und Acolatse gegeben habe, antwortete Pietta: "Dazu sage ich jetzt nichts."

Mit dem 34-Jährigen hat Ingolstadt binnen 50 Stunden zwei 3:1-Siege geholt

Wenige Stunden vor dem Ingolstädter 3:1-Sieg in München hatte die DEL eine Zusammenarbeit mit der internationalen Initiative "Hockey is diversity" verkündet, die sich gegen Rassismus im Eishockey engagiert. Der ERC Ingolstadt hat für Anfang Februar eine Schulung zu diesem Thema vereinbart, an der das gesamte Team teilnehmen wird. "Natürlich haben wir uns im Dezember sehr ausführlich mit dem Thema beschäftigt", sagte ERC-Sportdirektor Larry Mitchell. "Unsere Spieler stehen in der Öffentlichkeit, sind Vorbilder, nicht nur im sportlichen Bereich." Pietta unterstützt die Initiative seit vielen Jahren.

Sportlich ist Pietta mit seinen ersten zwei Saison-Auftritten zufrieden. "Nach der langen Pause wusste ich natürlich nicht, wo ich stehe", sagte er, weshalb er sich erst einmal darauf fokussiert habe, "defensiv gut zu spielen." Wie wichtig er in der Rückwärtsbewegung ist, machte er gegen den EHC in Minute zwölf deutlich, als er Münchens Angreifer Chris Bourque vor dem eigenen Tor erst entscheidend bei einem gefährlichen Schussversuch störte und direkt darauf einen ERC-Angriff mit einem guten Check an Bourque einleitete. Ein "großer, starker Center" wie Pietta mache einen "großen Unterschied", schwärmte Shedden. Pietta sei nicht der schnellste, "aber er ist einer der smartesten Spieler der Liga."

Mit dem 34-Jährigen hat Ingolstadt binnen 50 Stunden zwei 3:1-Siege gegen die zum Zeitpunkt des jeweiligen Spiels tabellarisch besser positionierte Schwenninger und Münchner geholt. Pietta verbuchte dabei eine Torvorlage und stand bei vier der sechs ERC-Tore auf dem Eis. Das Team strahlte besonders in München ein großes Zutrauen in die eigenen Qualitäten aus. Was ist also möglich mit dieser Mannschaft? "Wenn wir uns so diszipliniert verhalten wie heute", sagte Pietta, "dann vieles."

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