Deutsche Eishockey Liga:Der Letzte ist der Erste

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Geringer Trost: Krefelds Trainer Igor Zakharkin (links) und Geschäftsführer Sergey Saveljev. (Foto: Marius Becker/dpa)

Nach 31 Jahren in der höchsten Spielklasse muss Krefeld die DEL verlassen. Das Gründungsmitglied der Liga ist der erste Absteiger seit 16 Jahren - und will sich damit nicht abfinden.

Von Ulrich Hartmann, Krefeld

Am traurigsten Tag in der jüngeren Vereinsgeschichte blühte bei den Krefeld Pinguinen nur noch der Galgenhumor. "Erster Absteiger seit 16 Jahren", sagte am Donnerstag der Eishockey-Manager Sergey Saveljev mit bitterem Lächeln, "das ist immerhin besser, als letzter Absteiger zu sein für 16 Jahre wie damals Kassel." Die 1:6-Niederlage bei den Mannheimer Adlern am Mittwochabend hatte den Krefelder Abstieg besiegelt. Erstmals seit 2006 muss aus der Deutschen Eishockey Liga (DEL) wieder ein Klub runter in die DEL2 (die damals noch nicht existierte). Der Vorteil heute gegenüber den Kassel Huskies damals: Für die kommende Saison kann sich Krefeld immerhin den Wiederaufstieg vornehmen. Ein allzu großer Trost ist das aber nicht für das DEL-Gründungsmitglied nach 31 Jahren andauernder Erstklassigkeit.

Die Pinguine monieren "Wettbewerbsverzerrung" und wollen vor das Schiedsgericht der DEL ziehen

Pinguine-Geschäftsführer Saveljev wurmt, dass die Wiedereinführung der Abstiegsregelung ausgerechnet in einer Saison durchgezogen wird, die aufgrund Corona-bedingter Spielausfälle mit einer schiefen Abschlusstabelle endet. Insgesamt acht ausgefallene Spiele in der ganzen Liga können aus zeitlichen Gründen nicht mehr nachgeholt werden. Als Punkte-Referenz fungiert ein Quotient (Punkte durch Spiele). "Unser Abstieg ist eine der größten Unsportlichkeiten in der Geschichte der DEL", sagt Saveljev. Der Klub will wegen "Wettbewerbsverzerrung" vor dem Schiedsgericht klagen. "Ich weiß nicht, wie gut unsere Chancen sind, aber unsere Anwälte arbeiten daran, und wir haben einige gute Argumente."

In der DEL ist man gespannt, welche er meint. Nicht nur, dass alle 15 Klubs die mögliche Heranziehung der Quotienten-Regel vor Saisonstart einhellig akzeptiert hatten; über die Spielabsagen im Laufe der Saison haben die jeweiligen Gesundheitsämter entschieden, die Liga hat zwischenzeitlich so viele Spiele wie möglich nachgeholt, und von den acht auf der Strecke gebliebenen Partien geht keine zu Lasten der Krefelder. Sie werden am Sonntag, dem letzten Spieltag der um eine Woche verlängerten Hauptrunde, das volle Pensum von 56 Spielen absolviert haben. Genau dies allerdings stellt Saveljev insofern nicht zufrieden, als man in kurzer Zeit viele Spiele nachholen musste und die Mannschaft diesen Kraftakt nicht habe bewältigen können.

"Peinlich", sagte Verteidiger Dominik Tiffels, der Auftritt sei angesichts der Bedeutung des Spiels "eine Frechheit"

Zunächst hatte mancher Gegner wegen Corona-Infektionen nicht antreten können, während die Pinguine selbst gut besetzt gewesen wären - und dann, als wiederum bei ihnen relevante Akteure verletzt waren, häuften sich die Nachholspiele. Krefelds Co-Trainer Boris Blank findet, man hätte den Abstieg wie in der vorangegangenen Saison neuerlich aussetzen sollen, denn: "Diese Saison war sogar noch schlimmer als die letzte."

Aus der Mannschaft kamen durchaus selbstkritische Stimmen. Die Leistung in Mannheim sei "peinlich" gewesen, sagte Verteidiger Dominik Tiffels, der Auftritt angesichts der Bedeutung des Spiels "eine Frechheit". Stürmer Alexander Weiß sagte, man steige "zu Recht" ab.

2006 war der Abstieg in der DEL zunächst abgeschafft worden, um allen Klubs Planungssicherheit zu gewähren. Schon zur vergangenen Saison 2020/21 war die Abstiegsregelung dann eigentlich wieder eingeführt worden, wurde aber wegen Corona ausgesetzt. In der laufenden Saison mit ihren 15 statt 14 Teilnehmern hätten deshalb eigentlich zwei Klubs absteigen sollen, doch vor ein paar Wochen reduzierte man die Zahl der Absteiger auf nur noch einen.

Die Liga stehe Krefelds Beschwerden "gelassen" gegenüber, heißt es

Von sich aus kann und will die Liga den Pinguinen nicht entgegenkommen. Es fehlt die Zeit, um am Prozedere kurzfristig noch etwas zu ändern. Am kommenden Dienstag beginnen die Pre-Playoffs der auf Rang sieben bis zehn platzierten Teams, und wenn der neue Meister spätestens am 8. Mai feststeht, dann beginnt fünf Tage später auch schon die Weltmeisterschaft in Finnland.

In der Zentrale der DEL in Neuss bei Düsseldorf löst die Klage-Drohung der Krefelder keine Unruhe aus. "Das bleibt jedem unbenommen", sagt der Liga-Geschäftsführer Gernot Tripcke, "das kann man keinem Klub verbieten." Über die Chancen der Krefelder mag sich Tripcke, selbst Jurist, nicht explizit äußern. Wie er sie einschätzt, kann man aber in eine Aussage von ihm hineininterpretieren: "Wir stehen dem gelassen gegenüber."

Vollends überzeugt sind sie in Krefeld womöglich selbst nicht vom Erfolg des sportjuristischen Wegs, sie wollen aber nichts unversucht lassen. "Wir planen für die zweite Liga - und wenn sich etwas ändert, dann machen wir einen Switch", sagt Klubchef Saveljev. Als Sportlicher Leiter in Personalunion ist er schließlich bereits damit beschäftigt, eine Mannschaft für die nächste Saison zusammenzustellen. "Wir wollen ein richtig gutes Rennen in der zweiten Liga machen", sagt er. Von ihrer DNA allerdings fühlen sie sich am Traditionsstandort weiterhin erstklassig.

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