Deutsche Bobfahrer bei Olympia:Trotzig in die Krise

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"Letztlich bin ich für den Sport verantwortlich": Christoph Langen (Foto: dpa)

Für den Trainer ist es eine sportliche "Katastrophe": Zum ersten Mal seit 50 Jahren gewinnen die deutschen Bobpiloten keine Medaille bei Olympischen Winterspielen. Bundestrainer Christoph Langen nimmt alle Schuld auf sich, zurücktreten will er aber nicht.

Von Carsten Eberts, Krasnaja Poljana

Christoph Langen hatte ein Gesicht aufgesetzt, als würde er nun seinen sofortigen Rücktritt erklären. Doch er beließ es bei einem umfänglichen Schuldeingeständnis. Der Zeitpunkt sei gekommen, die Kritik nicht mehr hin und her zu schieben, erklärte der Bob-Bundestrainer. "Letztlich bin ich in Deutschland für diesen Sport verantwortlich", sagte Langen, "und ich bin derjenige, der den Kopf hinhält."

Es war die Wucht der schlechten Ergebnisse, die Langen am Rande der Sanki-Eisrinne in Krasnaja Poljana zu dieser Regierungserklärung trieb. Nach drei Medaillen in Vancouver (einmal Gold, zweimal Silber) steht in Sotschi keine einzige in der Bilanz - das hatte auch Langen nicht für möglich gehalten. Die deutschen Bobs, früher eine Medaillengarantie, zählen zu den größten Olympia-Verlierern.

Schlechtestes Ergebnis seit 56 Jahren

Der abschließende Viererbob-Wettbewerb brachte keine Besserung. Nach dem Fiasko im Zweierbob, als Francesco Friedrich als bester Deutscher nur auf Rang acht landete (dem schlechtesten Ergebnis seit 56 Jahren), waren die Hoffnungen groß. Doch die deutschen Bobs fuhren auch im Vierer weit am Podest vorbei. Maximilian Arndt, im vergangenen Jahr immerhin Weltmeister, erreichte mit seiner Crew Rang sechs, einen Platz vor Thomas Florschütz, Friedrich wurde sogar nur Zehnter.

Den siegreichen Russen Alexander Subkow, der vor den Bobs aus Lettland und den USA Olympiasieger wurde, konnte das Trio nie gefährden. "Wir hatten ganz andere Ziele, da kann ich für alle drei Piloten sprechen", sagte Florschütz.

Langen wurde noch deutlicher: "Das ist keine kleine Katastrophe, sondern eine große."

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Sturzpech hin oder her: Das deutsche Olympia-Team hat die Medaillenziele in Sotschi klar verfehlt, die Kritik der Verbandsspitze ist deutlich vernehmbar. In vielen Sportarten fehlt leistungsstarker Nachwuchs - die Funktionäre müssen grundlegende Dinge hinterfragen.

Von Carsten Eberts

Im Zweierbob waren die Gründe für das schlechte Abschneiden noch vergleichsweise einfach und schnell gefunden. Das Material, gemeinsam entwickelt vom Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) und den Sportlern, ließ die Bobs nur am Rande konkurrenzfähig agieren. Viel zu spät, erst ab vergangenem Herbst, konnten die Piloten mit ihren neuen Arbeitsgeräten trainieren. Im Vergleich zum Russen Subkow, der die WM in St. Moritz zugunsten der Olympia-Vorbereitung unterordnete, ein klarer Nachteil.

Im Viererbob jedoch wähnten sich die Deutschen auf Augenhöhe mit den Favoriten, und wurden schwer geschlagen. In den Läufen eins und zwei am Samstagabend lief es noch besser, als das Eis kälter und härter war. Die wärmeren Temperaturen zum Finale am Sonntagnachmittag warfen sie weit zurück. "Wir haben es nicht geschafft, auf dieses Wetter und diese Bahn zu reagieren", gestand Florschütz.

Für ihn sollten diese Winterspiele eigentlich der gelungene Abschluss seiner Karriere werden. "Solche Momente sind eigentlich dazu da um zu sagen: Jetzt erst recht", erklärte Florschütz. Doch er ist 36. Fast zu alt, um in vier Jahren nochmal anzugreifen.

Bei Arndt und Friedrich sieht das anders aus. Arndt ist 26, Friedrich 23, beide haben die Zukunft vor sich. Während Arndt die Fehler an diesem Tag vor allem bei seinen Fähigkeiten als Pilot suchte ("Habe es selbst verdaddelt"), schaute Friedrich schon nach vorne: "Schwamm drüber", könne es nach diesen schrecklichen Winterspielen nur heißen, "nach Olympia ist vor Olympia."

Auch Langen würde gern erneut angreifen - wenn man ihn denn lässt. Schon in Sotschi waren Gerüchte über seine bevorstehende Demission aufgekommen. "Mit diesem Risiko habe ich den Job übernommen", sagte Langen, "wenn der Verband meint, dass ich nicht der Richtige dafür bin, muss darüber nachgedacht werden." Selbst zurücktreten wolle er jedoch nicht: "Wenn ich die Chance bekomme, nehme ich die Herausforderung an."

In vier Jahren kann es, immerhin, ja wirklich nur besser werden.

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