Deutsche bei den French Open:"Bescheidenes Jahr"

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Nach Angelique Kerber scheitert auch Julia Görges schon früh in Paris. Bei den Männern erreicht Yannick Maden die nächste Runde und trifft auf Rafael Nadal.

Von Gerald Kleffmann, Paris

Zwischendurch gab es Momente, da sah Julia Görges aus, als würde sie am liebsten durch die Eisentür mit dem Bullaugenfenster stürmen, um Court 1 sprinten und am Place des Mousquetaires laut schreien. Etwa wenn mal wieder ein Vorhandball an der Netzkante hängen geblieben war. Oder wenn mal wieder Kaia Kanepi, diese für eine Auftaktrunde unangenehme erste Gegnerin, ihren Ball auf die Linie setzte. Dann bekam Görges einen fürchterlich bösen Görges-Blick. "Heute ist einiges in engen Situationen gegen mich gelaufen", sagte sie später, als sie wieder wie die nette Görges aussah, aber auch die konnte nicht verheimlichen, dass sie eine knifflige Zeit durchmacht. "Wenn man nicht so viele Matches gespielt hat, ist es manchmal schwer, dem eigenen Spiel zu vertrauen", sagte sie nach dem 5:7, 1:6 gegen die Estin, die zwar an Nummer 88 der Welt geführt wird, aber Phasen erwischt, in denen sie "total on" ist, wie Görges berichtete.

Die Erstrunden-Niederlage bei diesen French Open fügte sich in ihre Saison, es sei "ein körperlich sehr bescheidenes Jahr", ordnete Görges ein. "Dieses Jahr muss ich das Beste draus machen." Ihre Situation ist ein Beleg dafür, wie schnell sich Perspektiven im Einzelsport Tennis ändern können. Zwei exzellente Spielzeiten hatte sie hinter sich gebracht und war gar in die Top Ten eingerückt, auch dank ihres Halbfinales in Wimbledon. Im Januar hatte sie dann ihren Titel in Auckland verteidigt. Es sah nach einer Fortsetzung ihres Hochs aus. Doch seitdem ist vieles anders gelaufen. Nur sechs Matches gewann sie seitdem auf der Tour, aber es gibt wahrlich Erklärungen. Ihr Fazit ähnelte verdächtig dem von der tags zuvor gescheiterten Angelique Kerber: ein körperliches Problem hier, eine Verletzung da, weniger Zuversicht, schon strauchelt man, wenn "diese fünf Prozent, zehn Prozent" nicht zusätzlich umgesetzt werden, wie Görges befand.

Bei ihr war nicht der Knöchel in Mitleidenschaft geraten, dafür im April der Nacken, dessen Blockade derart ausstrahlte, dass sie vor Taubheit Finger nicht mehr spürte. In Rom gab sie in der zweiten Runde mit Oberschenkelproblemen auf. "Das ist kein Faktor, der hilft", sagte Görges sachlich wie eine Mechanikerin, die ein reiferes Auto nach Schwachstellen untersucht und feststellt: knarzt. Positiv immerhin sei, urteilte die 30-Jährige, dass sie keinen Schmerz mehr spüre. Daher wolle sie auch mehr Matches spielen, zwei Sandplatzturniere nach der Rasensaison wird sie möglicherweise zusätzlich bestreiten.

Auch Antonia Lottner verlor ihr Auftaktmatch, die 22-Jährige aus Düsseldorf unterlag der Engländerin Johanna Konta 4:6, 4:6. Andrea Petkovic überzeugte kämpferisch beim 2:6, 6:3, 7:5 gegen Alison Riske (USA). Chancenlos war der Qualifikant Yannick Hanfmann, 27, bei seinem Duell mit dem Spanier Rafael Nadal: Der elfmalige Paris-Sieger gewann 6:2, 6:1, 6:3. Als nächster Deutscher in Runde zwei darf Qualifikant Yannick Maden 29, seine Leidensfähigkeit gegen Nadal beweisen. Der Stuttgarter bezwang den Belgier Kimmer Coppejans 7:6 (0), 7:5, 6:3. Eine Überraschung gelang Jan-Lennard Struff, der den an Nr. 20 gesetzten Kanadier Denis Shapovalov mit 7:6 (1), 6:3, 6:4 besiegte.

© SZ vom 28.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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