Deutsch-türkische Fußballer vor der Wahl:Halbmond oder Bundesadler?

Ömer Toprak entschied sich gerade gegen den DFB, die Real-Profis Özil, Sahin und Altintop schlugen unterschiedliche Wege ein und Ilkay Gündogan wartet noch immer auf sein Debüt für Deutschland: Türkischstämmige Fußballer, die zwischen ihrer Heimat und ihrem Geburtsland pendeln, gab es immer wieder.

Die bekanntesten Fälle.

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Ilkay Gündogan

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Ömer Toprak entschied sich gerade gegen den DFB, die Real-Profis Özil, Sahin und Altintop schlugen unterschiedliche Wege ein und Ilkay Gündogan wartet noch immer auf sein Debüt für Deutschland: Türkischstämmige Fußballer, die zwischen ihrer Heimat und ihrem Geburtsland pendeln, gab es immer wieder. Die bekanntesten Fälle.

Texte: Thomas Bierling

Ilkay Gündogan von Borussia Dortmund hat bislang weder für Deutschland noch für die Türkei ein A-Länderspiel bestritten. Der in Gelsenkirchen geborene Mittelfeldmann könnte für beide Nationen aktiv werden, durchlief aber die Jugendmannschaften des DFB. Jetzt soll er auch zu seinem Debüt in der deutschen A-Elf kommen - aber nicht gegen die Türkei, sondern erst am Dienstag gegen Belgien. Nach dem Spiel der U21 gegen Bosnien-Herzegowina wird der 20-Jährige zur Mannschaft von Joachim Löw stoßen und könnte gegen die Belgier seine Entscheidung für die deutsche Nationalelf endgültig manifestieren - wer einmal für die A-Mannschaft eines Landes ein Pflichtspiel bestritten hat, darf nicht mehr für eine andere Nation auf dem Platz stehen.

Bayer 04 Leverkusen - KRC Genk

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Ömer Toprak hat sich anders entschieden: Der in Ravensburg geborene Innenverteidiger von Bayer Leverkusen spielte zwar wie Gündogan in einigen deutschen Auswahlmannschaften und gewann mit der U-19 2008 die WM, aber er wird wohl schon im Länderspiel gegen Deutschland für die Türkei auflaufen. "Ich weiß, dass ich dem DFB viel zu verdanken habe, aber in meinem tiefsten Inneren fühle ich mich als Türke. Letztlich hat mein Herz entschieden", begründete der 22-Jährige seinen Entschluss. "Es gibt viele Talente in der zweiten oder dritten Generation von Türken, die in Deutschland aufgewachsen sind", sagte Guus Hiddink, der Nationaltrainer der Türkei. "Ich nehme natürlich Kontakt zu den Spielern auf, rufe an. Ich sage den Jungs: Du musst die Entscheidung treffen, zusammen mit deiner Familie."

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Auf Mesut Özil kommt in Istanbul eine kniffelige Partie zu: Der in Gelsenkirchen geborene Sohn türkischer Einwanderer spielt bereits seit 2009 für die deutsche Nationalmannschaft, aber viele Türken haben ihm seine Entscheidung nicht verziehen: Beim Hinspiel in der EM-Qualifikation in Berlin pfiffen ihn die türkischen Anhänger aus. Nach seinem Treffer zum 3:0 hielt er sich deshalb mit dem Jubeln sichtbar zurück.

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Vor dem Rückspiel im Land seiner Vorfahren sorgt sich Özil nicht:  "Es ist gut möglich, dass wieder Leute pfeifen. Aber das belastet mich nicht", sagte er. Auch Joachim Löw sieht mögliche Pfiffe gegen Özil nicht als problematisch: "Wer mit Real Madrid sechsmal gegen den FC Barcelona gespielt hat, ist menschlich so gereift, dass er die Pfiffe absolut wegsteckt", sagte Löw. Der Spielerbeobachter Erdal Keser scoutet Talente mit türkischen Wurzeln in Deutschland und ermutigt den 22-Jährigen, bei einem erneuten Tor zu Jubeln. "Natürlich soll er jubeln. Das wird ihm keiner verdenken. Er hat sich für Deutschland entschieden, also hat er jedes Recht dazu. Und alle müssen das akzeptieren", sagte er.

Altintop Brüder

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Die Brüder Hamit (links) und Halil Altintop (Mitte) haben sich für die türkische Nationalelf entschieden, obwohl sie wie Mesut Özil in Gelsenkirchen geboren wurden. Den Entschluss von Özil kritisierte Hamit und warf ihm vor, sich vor allem aus wirtschaftlichen Gründen für die deutsche Nationalelf entschieden zu haben.  "Ich weiß, dass es heute einfach um die Perspektive geht, um die Frage: Bei welchem Verband kann ich mehr erreichen, wo kann ich mich besser entwickeln? Fußball ist manchmal eine Herzensangelegenheit, aber viel öfter ein Business", sagte er. "Hätte er sich für die Türkei entschieden, hätte er keine WM gespielt und wäre nicht bei Real Madrid. So einfach ist das," erklärte der frühere Bayern-Profi, der jetzt selbst ein "Königlicher" ist. 

Real Madrid vs Galatasaray - Santiago Bernabeu Trophy

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Der in Lüdenscheidt geborene Nuri Sahin (rechts) legte sich schon früh auf die Türkei fest. Gerade erst 17 geworden, debütierte er 2005 in der A-Nationalelf der Türkei - und das ausgerechnet gegen Deutschland. In der 85. Minute eingewechselt, erzielte er nur drei Minuten später das 2:0. In der vergangenen Saison wurde der Mittelfeldstratege mit Borussia Dortmund Deutscher Meister und ist jetzt bei Real Madrid unter Vertrag.

Serdar Tasci

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Serdar Tasci wollte bereits ziemlich früh für den DFB spielen. Der in Esslingen am Neckar geborene Verteidiger vom VfB Stuttgart entschied sich für Deutschland, obwohl auch der türkische Verband ihn umwarb. 2007 wurde er von Joachim Löw das erste Mal nominiert, aber erst 2008 im Spiel gegen Belgien eingesetzt. Bei der vergangenen Weltmeisterschaft in Südafrika spielte Tasci aber nur zwei Minuten - seit über einem Jahr ist er nicht mehr für die deutsche Nationalelf nominiert worden.

Mehmet Ekici im Trikot der Türkei

Quelle: imago sportfotodienst

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Mehmet Ekici ist in München zur Welt gekommen, entschied sich aber im Oktober 2010 für die türkische Nationalmannschaft und absolvierte gegen Österreich in der EM-Qualifikation sein erstes Pflichtspiel. Der bei Bayern München ausgebildete Mittelfeldmann spielte zwar auch in einigen Jugendmannschaften des DFB, kam aber nur zu wenigen Einsätzen. Im Sommer wechselte er für fünf Millionen Euro zu Werder Bremen

Gökhan Töre im Trikot der Türkei

Quelle: imago sportfotodienst

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Gökhan Töres Familie stammt ursprünglich aus Samsun, der größten türkischen Stadt am Schwarzen Meer. Geboren wurde er aber in Köln. "Ich fühle mich als Türke, aber Deutschland ist meine Heimat", sagte er. 2009 wechselte er zum FC Chelsea und steht seit dieser Spielzeit beim Hamburger SV unter Vertrag. Zwar bestand auch vom deutschen Verband Interesse an ihm, doch er absolvierte kein einziges Spiel für eine deutsche Jugendauswahl. Stattdessen spielte er ab der U15 in türkischen Jugendmannschaften, debütierte im Qualifikationsspiel gegen Belgien für die A-Mannschaft und steht gegen Deutschland im Kader der Türkei.

Michael Ballack,  Hakan Balta

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Abwehrspieler Hakan Balta (rechts, im Duell mit Michael Ballack) hatte ebenso die Wahl zwischen der deutschen und der türkischen Nationalelf. Der in Berlin geborene Balta entschied sich für die türkische Auswahl, für die er seit 2007 aktiv ist. 

SV Werder Bremen v Hertha BSC Berlin  - Bundesliga

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Tunay Torun durchlief alle Jugendauswahlen der Türkei und feierte im Februar 2011 gegen Südkorea seinen Einstand in der türkischen A-Mannschaft. Der flinke Außenspieler von Hertha BSC Berlin wurde in Hamburg geboren und steht gegen Deutschland im Kader. "Durch meine Familie fühlte ich mich schon immer zur Türkei hingezogen. Und da es nur von dort eine Anfrage gab, habe ich mich schnell entschieden, für die Türkei zu spielen", sagte er.

© sueddeutsche.de/jbe
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