Inter Mailand vs AC Mailand:Die Scala hat wieder geöffnet

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"Sie sagten, es sei vorbei. Ich sagte: Nein!": Zlatan Ibrahimovic, 38, hier gegen Udineses William Troost-Ekong, will den AC Milan verzaubern. (Foto: Marco Bertorello/AFP)
  • Das Mailänder Derby kehrt am Sonntagabend auf die große Bühne zurück.
  • Bei Inter sitzt das Geld nach dem Eigentümerwechsel wieder ziemlich locker. Auch AC hat die schlimmste Zeit überstanden.
  • Hier geht es zur Tabelle der Serie A.

Von Thomas Hürner

Es war einmal in der Scala des Calcio, ein Stück mit dem Titel Derby della Madonnina: Zweimal im Jahr wurde das klassische Heldenepos aufgeführt, brillante Ensembles gaben sich die Ehre. Die Hauptrollen waren besetzt mit Stars aus aller Welt, mit dem Brasilianer Ronaldo, dem Ukrainer Schewtschenko, dem Kameruner Eto'o. Hinten spielte meist ein Quartett begnadeter Italiener, und in der Ehrenloge saß neben dem Ministerpräsidenten Berlusconi der Großindustrielle Moratti, sie waren die Chefs bei der Associazione Calcio Milan und ihrer Lokalrivalin Internazionale.

So hat sie früher ausgesehen, die Fußballoper im San Siro. In den vergangenen Jahren war da aber nicht mehr viel Glanz, wenn die beiden Klubs aufeinander trafen. Die Mailänder Stadtmeisterschaft fiel sogar eher ins Genre Tragikkomödie. Und neben dem Platz gab es noch eine Menge Kasperltheater. Am Sonntag steht nun die 223. Auflage des Duells an. Und was soll man sagen? Die Zeiten waren zwar schon mal besser - aber auch schon schlechter.

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Inter hat sich mittlerweile zum ersten Verfolger von Tabellenführer Juventus in Sachen Meisterschaft aufgeschwungen. Dass es bei den Nerazzurri wieder um Trophäen geht, hat viel mit zwei Überläufern vom Turiner Erzrivalen zu tun: Der eine, Sportdirektor Giuseppe Marotta, baute einst mit der Verpflichtung des anderen, Trainer Antonio Conte, das Fundament für die Turiner Dominanz. Und diese wollen sie jetzt ausgerechnet von Mailand aus zum Einsturz bringen. Im Sommer holte Marotta, der seit 2018 bei Inter ist, den Disziplinfanatiker Conte und machte ihn zum bestbezahlten Trainer des Landes.

Die Tifosi sind angetan von den neuen Eigentümern

Das Geld sitzt wieder ziemlich locker bei den Lombarden - nur: Wo kommt es her? Seit 2016 ist der Klub im Besitz des chinesischen Handelsriesen Suning, dessen Chef Zhang Jindong gehört zu den reichsten Männern in Fernost. Der Vertraute von Staatschef Xi Jinping sitzt auch im Nationalen Volkskongress. Gemeinsam sind die beiden Chinesen im vergangenen Jahr nach Rom gereist, um mit der italienischen Regierung über die "Neue Seidenstraße" zu verhandeln, Chinas gigantisches Infrastrukturprojekt. Ein bisschen über den Calcio generierte Popularität kann nicht schaden, wenn man große Politik machen will. Auch zu diesem Zweck hat Zhang Jindong seinen Sohn als Statthalter abgestellt: Inter-Präsident ist Steven Zhang, 28, ein Fußball-Novize.

Die Tifosi sind trotzdem angetan von den neuen Eigentümern, immerhin präsentieren diese endlich wieder neue Stars. Im Sommer kam unter anderem der Belgier Romelu Lukaku von Manchester United für angeblich 65 Millionen Euro, der teuerste Spieler der Vereinsgeschichte. Zusammen mit Lautaro Martínez bildet der Belgier ein furioses Sturmduo, das im Derby aber auseinandergerissen wird: Martínez fehlt wegen einer Rotsperre. Sicher mitwirken wird Königstransfer Christian Eriksen, der kürzlich von Tottenham Hotspur kam und dem Mittelfeld mehr Finesse verleihen soll.

Als bislang erster Spieler wurde der Däne übrigens in der echten Mailänder Scala vorgestellt, das passte zum neuen Anspruchsdenken. Die Gazzetta dello Sport schrieb kürzlich: "Februar ist der Monat des Faschings, aber Inter ist nicht zu Scherzen aufgelegt." Das will schon was heißen bei einem Klub, den man in Italien "Pazza Inter" ruft: verrücktes Inter. Chaos war oft Teil der DNA, in den Jahren vor Marotta und Conte hatte man es damit sehr übertrieben.

Auch im rot-schwarzen Teil der Stadt geht es nach einer beispiellosen Talfahrt wieder aufwärts: Silvio Berlusconi hatte den Klub an Li Yonghong übergeben, einen Geschäftsmann aus China, der sich später als Hochstapler herausstellen sollte. Die Rossoneri wanderten weiter in die Hände der Elliott Management Corp., eines Hedgefonds aus New York, spezialisiert auf die Liquidation sämtlicher Vermögenswerte.

Pessimisten hatten schon Milans Untergang prophezeit, aber zum Glück für den Klub gab es für Elliott wenig zu holen. Der Verein muss sportlich und finanziell erst stabilisiert werden. Das sieht auch der Internationale Sportgerichtshof Cas so, er hat Milan vorläufig vom Europapokal ausgeschlossen: zu hohe Verluste, zu undurchsichtige Strukturen.

Elliott-Chef Paul Singer stattete im Sommer immerhin ein paar Leute mit Posten aus, die sich Milans Geschichte verpflichtet fühlen. Neuer Sport-Geschäftsführer ist Zvonimir Boban, als Sportdirektor fungiert Paolo Maldini. Vor allem der Name Maldini steht wie kein zweiter für die schillernde Vergangenheit, Paolo war fast zwei Dekaden lang Milan-Kapitän, Vater Cesare war Spieler und Trainer. Und jetzt folgt die dritte Generation: Am vergangenen Wochenende debütierte Daniel Maldini, 18, der Sohn von Paolo. Unter den zuletzt so leidgeprüften Anhängern gab das Beifall, trotz eines am Ende enttäuschenden 1:1 gegen Hellas Verona.

Daniel Maldini ist anders als sein Vater einer für die Offensive, vielleicht spielt er demnächst an der Seite eines anderen Hoffnungsträgers: Zlatan Ibrahimovic ist zurück. Er kam im Winter aus Los Angeles, um Milan zu helfen, vor allem mit seiner Mentalität. Und der schwedische Angreifer (der auch schon mal für Inter spielte) entfaltet Wirkung: Mit ihm in der Startelf hat Milan, derzeit Platz acht in der Serie A, bislang jedes Spiel gewonnen; beim Unentschieden gegen Hellas fehlte er wegen einer Grippe. Milan-Trainer Stefano Pioli hat für Ibrahimovic extra das System umgestellt, in einem 4-4-2 agiert er jetzt als Spielmacher und Stürmer zugleich. "Sie sagten, es sei vorbei. Ich sagte: Nein!", hatte Ibrahimovic, 38, bei seiner Ankunft in Mailand rausposaunt. Es waren andere Worte für: Keine Sorge, die große Oper geht weiter.

© SZ vom 09.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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