Derby in der Premier League:Manchester atmet Testosteron

Manchester United v Southampton - Premier League

Paul Pogba hat so teure Füße, dass man damit ganze Stadtteile von Manchester sanieren könnte.

(Foto: REUTERS)

Mit großem Bohei erwartet England das Duell zwischen ManUnited und Manchester City am Samstag. Pogba und Ibrahimovic sind bereit - womöglich spielen sogar Deutsche mit.

Von Tim Brack

In Manchester erzählen sich Fußballfans gerne eine Legende. Die Geschichte, die unter Anhängern von ManUnited kursiert, geht so: Ende des 19. Jahrhunderts, als United noch Newton Heath LYR hieß, war der Klub in großen finanziellen Schwierigkeiten, das Ende drohte. Nur durch den Zufall, dass der Hund des damaligen Mannschaftskapitäns Harry Stafford in die Arme von Brauereibesitzer John Henry Davies lief, konnte der Verein gerettet werden. Denn Davies erfuhr so von der Misere, er investierte - und die Geschichte des erfolgreichsten englischen Vereins nahm ihren Anfang.

Stadtrivale City fand sich 2009 in einer ähnlich verzweifelten Situation wie United vor mehr als hundert Jahren. Zwar drohte nicht der Bankrott, aber die sportliche Bedeutungslosigkeit ergriff die Hellblauen zunehmend. Einen Hund benötigte es aber nicht, um Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan davon zu überzeugen, in den Klub zu investieren. Seit City seinen Retter gefunden hat, ist die Mannschaft lokaler Rivale und gleichzeitig der fieseste Konkurrent im Meisterschaftskampf.

Das Manchester-Derby an diesem Samstag (13.15 Uhr im SZ-Liveticker) stellt den vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung dar, eine neue Euphorie rund um beide Vereine facht die Rivalität zunehmend an. United führt die Tabelle vor City an, aber nur aufgrund der besseren Tordifferenz. Beide Vereine haben sich im Sommer in galaktischem Ausmaß verstärkt und zu all dem überwallenden Testosteron bringen die beiden Trainer eine spezielle Würze. United-Trainer Jose Mourinho und City-Coach Pep Guardiola liefern sich schon seit Jahren eine Psycho-Schlacht auf und neben dem Feld. Das Derby erlebt eine neue Wucht - auch wenn Guardiola sich im Vorfeld zahm gab und sogar einen gemeinsamen Weinabend erwog: "Ich würde annehmen, wenn er mich einlädt", sagte der Katalane.

Aber er sagte auch: "Okay, die letzten Jahre in Madrid und Barcelona waren nicht einfach." Er habe Mourinho jedoch vor zwei, drei Wochen getroffen: "Wir haben uns gut unterhalten". Der United-Trainer schwärmte fast zeitgleich, nur 16 km von Guardiola entfernt, von City als "sehr gutem Team mit einem sehr guten Manager. Sie sind ein Titelkandidat, man muss sie respektieren."

Vor allem für United, das City im Old Trafford empfängt, ist das direkte Duell eine erste Chance, den zuletzt größeren Erfolg des Stadtrivalen in der Premier League einzubremsen. Seit Sir Alex Ferguson die "Red Devils" 2013 mit einer Meisterschaft verließ, stand City immer über United in der Abschlusstabelle, war sogar einmal Meister. Ein Knacks im Ego des zweimaligen Champions-League-Siegers, doch in diesem Transferfenster brüllte United eine pompöse Kampfansage heraus.

105 Millionen Euro überwies United an Juventus Turin für Mittelfeldspieler Paul Pogba, verpflichtete Stürmer Zlatan Ibrahimovic, der die Attitüde eines ägyptischen Pharaos mitbringt. Dazu sicherte man sich die Dienste von Mourinho, dem ewigen Oberboss. Zudem stießen Henrikh Mkhitaryan (42 Millionen) und Eric Bailly (38 Millionen) zur Mannschaft. Fast schon flüsternd kam Manchester City dagegen daher. Der große Kracher war Trainer Guardiola, der begehrte und vielleicht gewiefteste Taktiker im Fußballgeschäft.

Debütieren Gündogan und Sané

Guardiola verstärkte den City-Kader, der manchmal einem auf dem Flohmarkt zusammengestellten Kleiderschrank gleicht, durch Spieler der neuen Generation: John Stones, 22, kam für 55,6 Millionen Euro, der 20-jährige Leroy Sané für 50 Millionen. Beide Spieler sind so begehrt wie talentiert, aber eben keine etablierten Größen wie Ibrahimovic oder Pogba. Auch der 19-jährige Brasilianer Gabriel Jesus ist ein junges Talent, das unter anderem den FC Bayern interessiert haben soll. Der Stürmer wechselt im Winter von Palmeiras, wenn die brasilianische Liga beendet ist. Flügelstürmer Nolito, 29, und Ilkay Gündogan, 25, sind die ältesten Feldspieler, die neu im Kader sind. Gündogan und Sané könnten nach überstandenen Verletzungen sogar im Derby debütieren.

An den ersten drei Spieltagen bestimmte aber keiner der neuen das Geschehen bei Guardiolas Mannschaft, sondern Stürmer Sergio Agüero. Drei Tore schoss er in drei Partien. Gegen United wird er wegen eines Ellenbogenschlages fehlen, für den er nachträglich gesperrt wurde. Für ihn könnte noch ein Jungspund einspringen: der 19-jährige Kelechi Iheanacho. Es fällt auf, dass Guardiola schon für die Zukunft tüfelt. Auch Flügelspieler Raheem Sterling lebt unter ihm wieder auf. Der 21-Jährige musste in der vergangenen Saison mehr Kritik einstecken als manch 30-Jähriger in seiner kompletten Karriere. Jetzt zeigt er häufiger seine Dribblings und den Zug zum Tor (zwei Treffer), für die City einst eine Unsumme an Liverpool überwiesen hatte.

Bei United ist Ibrahimovic der Gegenpart von Agüero - auch er traf bislang drei Mal. Hinter dem Schweden wartet der hungrige Marcus Rashford, ein 18-jähriges Talent, das vielleicht als einziges nennenswertes Relikt übriggeblieben ist aus der Ära von Ex-Trainer Louis van Gaal. Rashford elektrisierte das Manchester-Derby der vergangenen Saison, als er sich mit dem Siegtor zum jüngsten Derby-Torschützen kürte - und nebenbei den ersten Sieg bei City seit 2012 sicherte.

Mit einigem Geplänkel geht es also ins Jahrhundertmatch: Ibrahimovic schickte schon Grüße an den neuen City-Torhüter Claudio Bravo. In einem Video packt er ein Paket mit Trainingsbekleidung aus seiner Modelinie. Adressat ist Bravo. "Willkommen in Manchester! Hier hast du etwas Trainingsausrüstung, du wirst sie brauchen. Wir sehen uns am Samstag", verkündet Zlatan der Erste unter dem Video. Das verbale 1:0 hatte er damit schon erzielt.

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