Der VfL und die VW-Krise:Allofs muss warten

Hat das Diesel-Desaster Folgen für den Fußball? Der Manager gibt zu, dass das Thema die Spieler beschäftige. Den neuen Chef kennt er noch nicht.

Von Javier Cáceres, Wolfsburg

Fußballstadien gelten gemeinhin als Stätten, in denen sich gesellschaftlich relevante Themen ungefiltert und oft kruder manifestieren als anderswo. Doch Wolfsburg tickt auch hier anders. Wer erwartet hatte, dass sich das Diesel-Desaster von Volkswagen am Rande des Bundesligaspiels gegen Hannover 96 irgendwie niederschlagen würde, und sei es durch eine wie auch immer geartete Form der Selbstironie, sah sich enttäuscht. Kein Plakat, nirgends; nicht mal gehässige Gesänge der Hannoveraner.

Dabei ist die Abgasaffäre in der Stadt so allgegenwärtig, dass sogar im Wolfsburger Mannschaftskreis darüber getuschelt werde, wie Manager Klaus Allofs sagte. Die kickenden Angestellten von VW würden natürlich nicht von Existenzängsten geschüttelt. Aber sie wohnen ausnahmslos in Wolfsburg, "und laufen nicht mit Scheuklappen herum". An dem Thema kommt man in Wolfsburg nicht vorbei, das sei doch klar, sagte also Allofs.

Weniger klar ist, welche Auswirkungen die VW-Krise mittel- oder langfristig auf die fußballspielende Tochtergesellschaft haben wird. Aber sollten die Folgen der Dieselaffäre zu Einschnitten führen, und damit muss ja gerechnet werden, dürfte der schon jetzt erhebliche Rechtfertigungsdruck steigen. Betriebssport zu finanzieren ist das eine; einen mutmaßlich fast dreistelligen Millionen-Euro-Betrag im Jahr in den Profifußball zu pumpen etwas völlig anderes - in Krisenzeiten erst recht. Andererseits soll die Präsenz an vorderster Fußballfront nicht bloß die Bekanntheit der Marke steigern, sondern auch Sympathien wecken.

VW unterstützt insgesamt 16 Erst- und Zweitligaklubs

Deshalb ist VW auch nicht nur beim VfL Wolfsburg präsent. VW hält Anteile am FC Bayern München (über Audi) und dem FC Ingolstadt (über die Audi-Tochter Quattro), überdies ist der Konzern als Förderer von anderen Bundesligaklubs wie Werder Bremen oder Schalke 04 präsent. Insgesamt 16 Klubs der ersten und zweiten Liga fördert das Unternehmen. VW ist auch Titelsponsor des DFB-Pokals. Das alles gehorche einer "strategischen Ausrichtung" des VW-Konzerns, sagt Allofs, und das werde sich nicht so schnell ändern. Bis ein Tanker umsteuert, vergeht halt eine gewisse Zeit.

Klar ist aber auch, dass der VfL durch die Demission von Martin Winterkorn als VW-Boss in der Konzernspitze einen wichtigen Fürsprecher verloren hat. Er ist durch Matthias Müller, bisher Porsche, ersetzt worden. Die Bilder, die ihn stolz im Glanze des DFB-Pokals zeigen, liegen nur wenige Monate zurück. Dort feierte er zusammen mit Francisco Javier García Sanz, also jenem VW-Manager, der im Unternehmen für den Bereich Beschaffung zuständig ist und dem Aufsichtsrat des VfL Wolfsburg vorsteht. Gut für den VfL: Das Mandat des Spaniers im VW-Aufsichtsrat wurde am Freitag bis 2020 verlängert.

Allofs sagte, er habe zwar bereits mit García Sanz über die Lage gesprochen, den neuen Konzernchef Müller kenne er aber noch nicht. "So wichtig der VfL ist", sagte Allofs, "zurzeit stehen andere Dinge im Vordergrund." Immerhin steht Müller im Ruf, Fußball zu mögen. Er brachte es selbst in jungen Jahren zu gehobenem Amateur-Niveau. Dass sein Herz dem FC Bayern gehört, wird ihm in Wolfsburg kaum Probleme bereiten. Er wäre in Wolfsburg bestimmt nicht der erste fußballerische Bigamist.

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