Der Flügelflitzer:Wenn Sportler twittern

Ein Basketballspieler meinte es gut mit seinen Fans und microbloggte vom Kabinenklo - in der Halbzeitpause. Was passiert, wenn auch andere Sportler Twitter für sich entdecken?

Jonas Beckenkamp

"Es ist eine großartige Erfindung, doch wer sollte so etwas jemals benutzen", fragte im Jahr 1877 der damalige US-Präsident Rutherford B. Hayes. Er meinte das Telefon. 132 Jahre später benutzen die Menschen nicht nur das Telefon, sondern sie nutzen vor allem Twitter. Mit dem Slogan "Was machst du gerade?" fordert diese Netzplattform auf, Alltagsbanalitäten in den Online-Orbit zu "zwitschern".

Der Flügelflitzer: Was passiert, wenn Diego Twitter für sich entdeckt?

Was passiert, wenn Diego Twitter für sich entdeckt?

(Foto: Foto: dpa)

Alles im Rahmen der möglichen 140 Zeichen, die man an seine "Follower" verschicken kann, versteht sich. Seit Twitter auch in Deutschland in aller Munde ist, schwingen Kulturpessimisten (wie es wohl auch President Hayes war) die Keule der Entrüstung gegen den Datenmüll kleingeistiger Netzplappermäuler: Von "Twitter, das aus dem Elend des Kurzzeitgedächnisses Kapital schlägt", über "tourettesyndromähnliche Zweizeiler" bis hin zu "Sätze abgründiger Bedeutungslosigkeit, die manchen aus der Gruppe der denkenden Wesen disqualifizieren" (Financial Times) ist zu lesen und von "einer Art virtueller Gedankenlokus, der vom Laptop, Mobiltelefon oder Blackberry gefüllt wird - und überquillt" (Wirtschaftswoche).

Promi-Peinlichkeiten und Sportlerblabla

Und so finden sich im Netz natürlich auch die gedanklichen Galaauftritte von Promis und Sportlerpersönlichkeiten. Egal, ob Thorsten Schäfer-Gümbel ("Schon wieder auf Achse. Erst Zahnarzt, dann Sparkassentag."), die CDU-Abgeordnete Klöckner vorzeitig von der Bundespräsidentenwahl, Snoop Dogg ("mad cuties up on twizzle who want to holla first boww woooww") oder eben Sportler wie Lance Armstrong, der seine Dopingtestergebnisse und Trainingseindrücke twittert.

Was jedoch wirklich möglich ist, das offenbarte jetzt der amerikanische Profibasketballer Charlie Villanueva vom NBA-Team Milwaukee Bucks.

Der 24-jährige Forward schlich sich in der Halbzeitpause eines Spiels mit seinem iPhone aufs Kabinenklo und ließ seine 1600 Follower wissen: "Ich bin in der Kabine und poste heimlich diesen Tweet. Wir spielen gegen die Celtics und zur Hälfte ist alles offen. Der Coach will mehr Härte sehen. Ich muss mich steigern."

Nun liegt es bekanntlich in der Natur der Twitter-Dinge, dass diese glorreiche Wortmeldung natürlich rasch im Netz die Runde machte und per aufmerksamer Journalistenpropaganda schließlich auch bei Milwaukee-Trainer Scott Skiles landete. Zu Villanuevas Unglück ist Skiles ein äußerst ernsthafter Vertreter seines Fachs, der ungefähr in der gleichen Humor-Liga zu Hause ist wie Ewald Lienen oder Ralf Rangnick. Villanueva, der in Ligakreisen sogar als twittersüchtig geltende lange Lulatsch, musste zum Rapport beim Chef und bekam eine heftige Abmahnung vom Coach: "Sowas wollen wir auf keinen Fall wieder sehen. Das hat in der Umkleidekabine nichts verloren, weil es den Eindruck erweckt, hier würde jemand sich nicht auf das Spiel konzentrieren."

Twittern statt Teambesprechung

Der Übeltäter selbst verstand die Aufregung nicht: "Wo liegt der Unterschied, ob ich zur Halbzeit twittere oder ein Interview gebe? Ich wollte nur meine Fans draußen wissen lassen, wie es so läuft." Seit "Twitter-Gate" hat Villanueva übrigens fünf Mal so viele Follower wie zuvor.

Nur: Wie müssen wir uns also zukünftig die Handhabe des Kabinengeheimnisses vorstellen? Was passiert, wenn plötzlich andere auf die Idee kommen und ebenfalls während einer Partie twittern? Wir haben ein paar Beispiele gesammelt:

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