Der FC Bayern zerlegt Basel 7:0:Wenn es läuft, dann richtig

Gelassen, wuchtig, überzeugend: Mit einer formidablen Leistung erreicht der FC Bayern gegen Basel das Viertelfinale der Champions League. Es zeigt sich immer mehr, dass die Münchner eine Stimmungsmannschaft sind, die an guten Tagen beinahe jeden Gegner schlagen kann.

Thomas Hummel, Fröttmaning

Herr Heynckes, verspüren Sie nun Genugtuung? Der Herr Heynckes hätte nun loslegen können während der Pressekonferenz im Münchner Stadion. Im Angesicht seiner Kritiker, die ihm zuletzt absprachen, aus dieser Sammlung von edlen Fußballern wieder eine Mannschaft für höchste Ansprüche formen zu können.

Doch das ist nicht mehr die Sache des 66-jährigen, schon etwas milden Fußballlehrers. "Nein, das liegt mir völlig fern", antwortete der Trainer des FC Bayern München, "ich wusste, in einer Saison muss man immer eine Durststrecke überstehen." Die Mannschaft wirke nun wieder homogen auf dem Platz, das sei das einzig Wichtige. Jupp Heynckes hat zumindest im Umgang mit der Öffentlichkeit zu einer Gelassenheit gefunden, die der eines buddhistischen Mönchs nicht unähnlich ist.

Dabei dürfte Präsident Uli Hoeneß diesen Vergleich vehement zurückweisen, er und sein FC Bayern haben mit Buddhas (Klinsmann!) keine guten Erfahrungen gemacht. Der Buddha Heynckes aber wirkt in dieser Rückrunde fast schon entrückt gelassen inmitten dieses aufgeregten Klubs. Als es nicht so gut lief, zum Beispiel nach dem 0:1 im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinals beim FC Basel, lächelte er freundlich und prophezeite, dass alles wieder gut werde.

Nur eine Frage der Zeit! Nun hat seine Mannschaft das Rückspiel 7:0 gewonnen, es war der höchste Sieg der Münchner in ihrer langen und erfolgreichen Champions-League-Geschichte. Binnen vier Tagen hatten sie 14 Tore (sieben weitere gegen Hoffenheim am Samstag) erzielt - vermutlich ein Weltrekord. Die Frage waberte durch die Münchner Arena: Was ist nur passiert mit dem FC Bayern, der vor zehn Tagen noch sieben Punkte Rückstand in der Bundesliga hatte und im Champions-League-Achtelfinale an einer Schweizer Mannschaft zu scheitern drohte.

Bei dem kaum mehr was zusammenpassen wollte. Alles weggelächelt? Weggebuddhat? Die Indizien auf dem Platz sprechen dafür, dass der gelassene Heynckes seine Spieler (zumindest vor den Heimspielen) an die Spielweise des vergangenen Herbstes erinnerte. Wie schon bei den überlegenen Siegen gegen Schalke und Hoffenheim setzte Bayern dem FC Basel mit frühem Pressing zu, die Schweizer kamen kaum einmal kontrolliert über die Mittellinie. Und wenn es der Ball doch einmal zu den Stürmern Alex Frei und Marco Streller schaffte, zeigte sich die Abwehr zweikampfstark.

Die Münchner würgten das Bemühen des Gegners, sich regelmäßig zu befreien zumeist brutal ab, und so lief Angriff auf Angriff auf die Basler Abwehr zu. Die Tore fielen zwangsläufig, weil sich keine Abwehr des FC Basel eines Dauerdrucks der Herren Ribéry, Robben, Müller, Gomez und Kroos erwehren kann. Dazu starteten auch die Außenverteidiger Lahm und Alaba immer wieder effektive Vorstöße. Dass Arjen Robben nach zehn Minuten ein Abpraller vor die Füße fiel und der Niederländer das ersehnte frühe 1:0 schießen konnte, erleichterte die Angelegenheit ungemein (11.).

Münchner Rausch

Die Treffer von Thomas Müller (42.) und Mario Gomez (44.) kurz vor der Pause entschieden bereits das Duell. Nach der Halbzeit traf Gomez noch dreimal (50., 61., 67.), zweimal nach wunderbarer Vorarbeit von Franck Ribéry, am Ende durfte Robben (81.) noch einmal jubeln. "Man muss voller Respekt sagen, dass der FC Bayern heute eine Leistung abgerufen hat, die ich 2012 so noch nicht gesehen habe, weil sie mit aller Vehemenz und Brillanz uns in die Schranken gewiesen haben. Sie haben sich dann in einen Rausch reingespielt", erklärte der Basler Trainer Heiko Vogel.

FC Bayern Muenchen v FC Basel 1893 - UEFA Champions League Round of 16

Endlich zurück: Bastian Schweinsteiger freut sich über einen gelungenen Abend gegen Basel.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Dass seine Leute "Spalier standen", erleichterte die Sache ein wenig. Doch auch Vogel wusste, dass die Schweizer an diesem Abend einfach überfordert waren, mit dem Gegner, der Atmosphäre, mit der Wucht des Ereignisses. Dennoch haben die Bayern trotz 14 Toren in vier Tagen den Verdacht noch nicht ganz abgeschüttelt, eine Stimmungsmannschaft zu sein: Wenn es läuft, dann richtig, und am liebsten im eigenen Stadion.

Wenn es ein Gegner aber schafft, ein halbes Spiel lang energisch Paroli zu bieten, dann fehlte den Münchnern bislang die Durchsetzungskraft. Immerhin freute sich der anspruchsvolle Arjen Robben: "Samstag war richtig gut, heute noch einen Tick besser, so macht das richtig Spaß." Kapitän Philipp Lahm analysierte wie immer mahnend, dass nun auch wieder die Defensivarbeit gepasst habe. Doch der vierfache Torschütze Mario Gomez sprach eher missmutig.

Weil der drei Tore in einer Halbzeit geschossen hatte, nahm er einen Spielball mit zum Mannschaftsbus. Doch darauf angesprochen, erklärte er: "Ich sammle keine Bälle, den hab ich geschenkt bekommen." Gerade Mario Gomez war nach einigen trüben Leistungen harsch kritisiert worden, dennoch verfiel auch er nicht in Jubelgeschrei: "Wir werden jetzt nicht in jedem Spiel sieben Tore schießen, das muss jedem bewusst sein."

Dieser außergewöhnliche Champions-League-Abend wäre also völlig nüchtern und schlicht zu Ende gegangen - gäbe es da nicht einen emotionalen Präsidenten und Trainerfreund. Auch Uli Hoeneß wollte mäßigend einwirken und die Euphorie bremsen, doch erinnerte er sich natürlich noch genau an all die negativen Schlagzeilen der vergangenen Wochen.

"Vor 14 Tagen waren sie alle Bratwürste, heute sollen sie alle Superstars sein. In diesem Umfeld möchte ich nicht leben", sagte er. Und in Richtung Kritiker: "Den Trainer habt ihr ja jetzt ganz schön fertiggemacht, jetzt könnt ihr euch bei ihm ein bissl entschuldigen." Da war er dann doch noch: der Hauch von Genugtuung.

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