Der FC Bayern vor dem Sprung ins Viertelfinale:Erst Kraft, dann Kreativität

Der FC Bayern München siegt im Achtelfinale der Champions League gegen einen unerwartet harmlosen FC Arsenal London. Die Freude über den Sieg wurde allerdings durch eine Nachlässigkeit kurz vor Schluss getrübt.

Dieses eine Tor so kurz vor Schluss, das hätte nicht sein müssen. 88 Minuten lang hatte der FC Bayern am Dienstagabend im Olympiastadion Arsenal London beherrscht. 3:0 lagen die Bayern in Führung, dann schlief die Abwehr ein einziges Mal, und Arsenal erzielte kurz vor dem Abpfiff das 3:1. Noch immer ist die Ausgangslage vor dem Rückspiel im Achtelfinale der Champions League blendend, aber dieses eine, eher dämliche Tor - es hätte nicht sein müssen, denn es war das Spiel der Bayern gewesen, von Beginn an.

Kaum waren die pompösen musikalischen Themen verklungen, die an Champions-League-Abenden erklingen, sobald die Spieler das Stadion betreten, legte der FC Bayern sehr energisch los. Trainer Felix Magath hatte sich zunächst gegen das kreative Element entschieden, das Mehmet Scholl einem Spiel hinzufügen kann, und stattdessen die Kraft des Torsten Frings gewählt.

Michael Ballack fehlte weiterhin wegen Muskelproblemen, aber das es zur Not auch ohne ihn geht, hatten die Bayern beim 5:0 gegen Dortmund bewiesen. In Abwesenheit der Kreativkräfte schaltete sich also Torwart Oliver Kahn ins Aufbauspiel ein. In der vierten Minute drosch er den Ball über drei Viertel des Spielfeldes nach vorn, die Kugel flog und flog und senkte sich krachend auf das Haupt des Londoner Verteidigers Kolo Abib Touré, von dort fiel sie dem Bayern-Stürmer Claudio Pizarro vor die Füße.

Frings einziger Deutscher

Vier Minuten erst gespielt und dann eine solche Chance gegen das hochgerühmte Kollektiv von Arsenal - was nun? Pizarro blieb ganz ruhig und schob den Ball an Jens Lehmann vorbei zum 1:0 ins Netz. Der Traum der frühen Führung war in Erfüllung gegangen.

Wenn dieser Traum in Erfüllung geht, kommen Spiele häufig erst einmal zur Ruhe, und es war am Dienstagabend nicht anders. Die Bayern zogen sich zurück. Arsenal bemühte sich derweil, allmählich die Fassung zurückzugewinnen. Es begann eine Phase, die in der eigenartigen Sprache des Fußballs die Phase des "Abtastens" genannt wird.

Zeit also, einmal einen Blick auf die Akteure auf dem Spielfeld zu werfen. Irgendwo müsste doch ein Engländer zu finden sein. Doch auch intensivste Suche konnte keinen Engländer auf dem Platz zutage fördern, was durchaus überrascht, wenn Arsenal London am Spiel teilnimmt. Immerhin: Auf der Bayern-Bank saß Owen Hargreaves, der ist zwar in Kanada geboren worden, weist sich aber mittels eines tadellosen englischen Passes aus. Deutsche Spieler: Oliver Kahn im Tor des FC Bayern, Jens Lehmann im Londoner Tor, und als einziger deutscher Feldspieler durfte Frings in dieser Begegnung mitmischen. Man weiß, dass der Fußball ein internationales Geschäft geworden ist, aber dass er gleich so international daherkommt, überrascht dann doch.

Die internationale Spielgruppe tat in der ersten Halbzeit nicht viel, um die Zuschauer zu erwärmen. Ab der 20. Minute zogen sich die Bayern zurück, ab der 30. Minute zogen sich die Bayern sehr weit zurück. Torchancen blieben aus, wohlwollend ließe sich sagen: Das Spiel war sehr dicht. Magath sah es weniger wohlwollend, er tauchte immer öfter an der Seitenlinie auf und schrie Anweisungen auf den Platz. Mit rudernden Armen bedeutete er seinen Spielern, sich nicht so weit zurückzuziehen.

Rund um den dichten Abwehrverbund zog Arsenal ein so gefälliges wie wenig gefährliches Kombinationsspiel auf. Einmal ließ Sagnol etwas lässig eine Flanke von Arsenals Tormaschine Henry passieren, doch der aufgerückte Reyes war zu weit weg vom Ball (33.). Wenig später stahl sich Henry im Rücken der Bayern-Abwehr davon, doch er schlich ins Abseits (39.). Immerhin hatte er seine Fähigkeit angedeutet, plötzlich in aussichtsreicher Position zu erscheinen.

Die zweite Halbzeit begannen die Bayern wiederum mit einer Überraschung, diesmal war es Roy Makaay, der an den Ball kam, der schoss und Jens Lehmann zu einer glänzenden Parade zwang (50.). Da anschließend schon wieder Ruhe drohte, wechselte Magath schnell Scholl für Zé Roberto ein (57.). Schon gab es einen Freistoß, den Scholl selbstverständlich höchstselbst ausführte, sein erster Ballkontakt. Scholl brachte den Ball in den Strafraum, Pizarro köpfte in Richtung Tor, und der unglückliche Touré fälschte den Ball unhaltbar für Lehmann ab, es war das 2:0 (58.).

Ärgerliche Schlussphase

Statt dieses Polster zu verwalten legten die Bayern nach. Pizarro setzte Frings auf der rechten Seite in Szene, der flankte über den sich streckenden Lehmann hinweg. Salihamidzic stand frei im Strafraum, er nahm den Ball volley und drosch ihn zum 3:0 ins Tor (65.). Feststimmung herrschte nun im Olympiastadion. Vier Minuten später lief Makaay unter Jubel an der rechten Außenbahn entlang, er zog zur Mitte, und dann zerschnitt er Arsenals Abwehr mit einem genialischen Zuspiel auf Frings, der es fertig brachte, freistehend aus sechs Metern den Ball neben das Tor zu schießen - größer werden Chancen nicht.

Ärgerlich war diese vergebene Chance, weil sich in der 88. Minute die Abwehr der Bayern die einzige Unsicherheit leistete und Touré, der zuvor zwei Tore verschuldet hatte, den Anschlusstreffer für Arsenal erzielte.

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