Der FC Bayern nach dem Supercup:Alle Zeichen auf Durchwurschteln

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Bayern-Trainer Pep Guardiola macht sich große Sorgen um den Zustand seines Teams. (Foto: dpa)

Die Bayern sind noch nicht bereit für die neue Saison, so lautet die Botschaft der 0:2-Pleite im Supercup gegen Dortmund. Trainer Guardiola gibt sich sorgenvoll, weil ein Großteil seiner Mannschaft außer Form ist.

Von Carsten Eberts, Dortmund

Für einen Moment schob Pep Guardiola seinen Frust beiseite. "Warst du im Urlaub?", fragte er Jürgen Klopp, seinen Dortmunder Kollegen, als beide Trainer zur Pressekonferenz stapften. Klopp bejahte, beide lachten. Für einige Sekunden machte sich eine gelöste Stimmung breit.

Einen Fahrstuhl und einige Gänge später, auf dem Podium angelangt, ließ Guardiola seine Enttäuschung wieder zu. Ja, er sehe den FC Bayern in einer schwierigen Phase. Noch vor dem Saisonstart, nach dieser WM, die für die deutschen Nationalspieler ungemein erfolgreich endete. Die sie aber auch fast den kompletten Urlaub kostete.

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"Wir brauchen Zeit, die wir nicht haben", urteilte Guardiola über den Zustand seiner Mannschaft, eine Woche vor dem Ligastart gegen den VfL Wolfsburg: "Ich bin mir sicher, dass wir bis zur Winterpause Probleme haben werden." Der Katalane schlug Alarm, und das nicht gerade zaghaft.

0:2 (0:1) hatten Guardiolas Bayern das Spiel um den prestigeträchtigen Supercup verloren. Der BVB, Meisterschaftszweiter und unterlegender Pokalfinalist, hatte den Doublegewinner beherrscht, teilweise vorgeführt. Henrikh Mkhitaryan (23.) und Pierre-Emerick Aubameyang (62.) erzielten zwei lockerleichte Tore.

21:4 Torschüsse hatten die Dortmunder bis zum Schlusspfiff gesammelt. Eine kleine Welt lag zwischen den Kontrahenten. Karl-Heinz Rummenigge, der sonst so redselige Vorstandsboss, saß mit tief hängenden Gesichtszügen auf der Tribüne, verweigerte jeden Kommentar. Rummenigge wusste, dass das Ergebnis deutlich höher hätte ausfallen können.

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Es war sicher nicht der FC Bayern, der in einer Woche gegen Wolfsburg auflaufen wird, den Guardiola gegen den BVB auf den Platz schickte. Pierre-Emile Höjbjerg und Gianluca Gaudino spielten von Beginn an, auch Sebastian Rode und Xherdan Shaqiri. Für sie saßen Philipp Lahm und Mario Götze zunächst nur auf der Bank, Bastian Schweinsteiger befand sich nach seiner von der USA-Reise importierten Knöchelverletzung noch nicht im Kader, ebensowenig Franck Ribéry. Guardiola sah den Supercup als Test, nicht als Ernstfall, das hatte er vor dem Spiel betont.

Die Chancenlosigkeit seiner Elf überraschte ihn trotzdem sehr. Bis zur 81. Minute dauerte es, ehe die Bayern zu ihrer ersten Torchance kamen - bezeichnenderweise war es eine Standardsituation, ein Freistoß aus 25 Metern von David Alaba, den BVB-Keeper Mitchell Langerak aber locker hielt.

"Wir hatten Probleme, die Kontrolle auszuüben", ging Guardiola ins Detail. Seine Mannschaft sei "in die Tiefe" gedrängt worden, konnte "nicht agieren." Der Coach klang betrübt, wohl wissend, dass Dortmund unter ähnlichen Voraussetzungen angetreten war: Auch der BVB hatte zentrale Spieler zur WM entsendet, wartet noch auf die Genesung wichtiger Angestellter wie Marco Reus oder Mats Hummels. Dennoch waren die B-Dortmunder den B-Münchnern kolossal überlegen.

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In Jahren nach großen Turnieren der Nationalmannschaft gelten die Bayern als verwundbar - warum, das konnte an diesem Abend jeder sehen. Boateng, Dante, Lahm, sie alle hätten bislang nur drei oder vier Trainingszeiten absolviert, rechnete Guardiola vor. Schweinsteiger und Thiago sind verletzt, zu ihnen gesellte sich am Mittwochabend wohl auch noch Javi Martínez, der mit Verdacht auf Kreuzbandriss ausgewechselt werden musste.

"Ganz normal, dass wir noch Zeit brauchen", urteilte Lahm, der erst zur Halbzeit eingewechselt wurde und wie die anderen Weltmeister im Team - insbesondere Boateng und Müller - nicht annähernd an seine WM-Form anknüpfen konnte. "Wir sind einen Monat zurück", konkretisierte Guardiola. Erst in der Rückrunde erwarte er seine Mannschaft in Topform. Bis dahin stehen die Zeichen eher auf Durchwurschteln.

Am Sonntag treten die Bayern im DFB-Pokal bei Preußen Münster an. Es folgt der Ligastart gegen Wolfsburg, der erste Spieltag in der Champions League ist auch bereits für den 16./17. September terminiert. Die Saison beginnt, und die Bayern wähnen sich nicht wirklich bereit dafür, so lautet die Botschaft des Abends.

An einen Durchmarsch wie in den vergangenen beiden Spielzeiten denkt aktuell niemand, dafür hat Guardiola mit Nachdruck gesorgt. Obwohl, einer widersprach seinem Trainer dann doch. Ob er einen schwierigen Saisonstart erwarte, wurde Torwart Manuel Neuer gefragt. Seine Antwort, kurz und knapp: "Nö."

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