Die Sonntagsspiele der Bundesliga:Mit bestem Dank an das Dortmund-Gen

Ohne Götze und Weidenfeller, aber immer noch meisterlich: Borussia Dortmund zeigt beim 5:1 gegen den Hamburger SV herausragenden Fußball und schließt in der Tabelle nach Punkten zu den Bayern auf. Gegen die überforderten Norddeutschen glänzen bei Jürgen Klopps Team vor allem zwei Polen. Leverkusen verspielt gegen Mainz beinahe einen 2:0-Vorsprung - schafft aber doch noch einen knappen Sieg.

Für die Borussia aus Dortmund dürften die letzten Wochen, speziell die letzten Stunden nicht ganz einfach gewesen sein. Sie haben sich daran gewöhnt, dass man sie hierzulande für die stilbildende Elf der Gegenwart hält, da fällt es schon schwer, sich diesen virtuellen Titel plötzlich teilen zu müssen. Waren nicht sie es, die jene veredelte Power-Variante des Konterfußballs erfunden haben, mit der man sogar Bayern München lästig werden kann?

Hamburger SV - Borussia Dortmund

Dortmunds Doppel-Torschütze Jakub Blaszczykowski (r) und Moritz Leitner jubeln nach dem Treffer zum 0:4 - in Hamburg hätte der BVB sogar noch höher gewinnen können als 5:1.

(Foto: dpa)

Nun ist es plötzlich so, dass die Borussia aus Mönchengladbach das alles erfunden haben soll, weshalb die Dortmunder sich beim Sonntagsspiel in Hamburg alle Mühe gaben, ihr Patent auf diese Art von Fußball deutlich zu machen. Beim 5:1 (2:0) gegen am Ende klar unterlegen Hamburger zeigte der BVB nach Toren von Großkreutz (16.), Lewandowski (37., 83.) und Blaszczykowski (58., 76./Foulelfmeter) bei einem Gegentor von Guerrero (86.) auch auswärts über weite Strecken jenen meisterlichen Fußball, den man von ihm kennt.

In der Tabelle hat die eine Borussia die andere damit wieder überholt. Nach dem 18. Spieltag sieht es nun tatsächlich so aus, als würde die Meisterschaft in dieser Saison in einem Vierkampf entschieden. Der HSV, zuvor neun Spiel ungeschlagen, war chancenlos gegen diesen BVB, dem es gelang, die Absenz des angeschlagenen Mario Götze (Adduktoren) zu kaschieren. Wie erwartet musste auch Torwart Roman Weidenfeller (Rückenprobleme) passen, für ihn stand Reservekeeper Mitch Langerak zwischen den Pfosten.

Es dauerte nur zwei Minuten, bis Sven Bender den ersten Schuss aufs Hamburger Tor abgab, was als Zeichen zu verstehen war. Der defensive Zentralmann Bender ist eine der wichtigsten Figuren im Gefüge, aber er ist normalerweise nicht derjenige, der das Zeichen zum Aufbruch gibt. Durch Bender, Lewandowski und Subotic brachte es der BVB in den ersten sechs Minuten gleich auf drei Torchancen, was die vom angeblichen Bayern-Gen-Besitzer Thorsten Fink trainierten Hamburger doch einschüchterte.

Es trug auch nicht zur Ermutigung bei, dass die Dortmunder schon kurz vor HSV-Torwart Drobny ihr Pressing begannen. Dortmund wirkte herausgefordert, vom Tabellenbild, von der Münchner Niederlage, vom Gladbacher Erfolg, von allem. Mit aggressiver Präzision unterbanden sie alles, was beim HSV nach Spielaufbau aussah. Es war nur folgerichtig, dass Jürgen Klopps Elf bald in Führung ging. Nach einem Pass des Feintechnikers Kagawa hatte der eingeborene Dortmunder Großkreutz keine Mühe, den Ball über die Linie zu drücken.

Es spricht für den HSV, dass er nun vorübergehend versuchte, Widerstand zu leisten. Vor allem über die linke Seite trugen die Gastgeber nun ein paar Angriffe nach vorne, aber die Dortmunder waren zu kompakt, um dem HSV auch nur ansatzweise eine Art Überlegenheit zu gestatten. Es blieb bei einigen wenigen Chancen, bei Guerreros Kopfball (27.) oder Tesches Schuss (20.). Immerhin, der HSV war nun wenigstens eine Art Gegner, er war etwas besser im Spiel, was ihn nicht daran hinderte, den Dortmundern mit einer dilettantischen Abwehraktion zum Ausbau der Führung zu verhelfen.

Nach einem Einwurf kam Lewandowski an den Ball, keinen Hamburger schien das zu stören, Lewandowski tunnelte Westermann und bog in einen erstaunlich leeren Strafraum ein, in dem Aogo ebenfalls nur halbherzig attackierte. Es war das 2:0 - die Vorentscheidung. Für den HSV war dieses Tor das eine Tor zu viel. Es nahm dem Klub den Mut zur Aufholjagd, zwar kam Petric als zweite Spitze, aber die Überzeugung fehlte. Der BVB blieb souverän und gnadenlos, wie vor allem die Treffer zum 3:0 und 5:0 belegten.

Guerreros Anschlusstor kurz vor Schluss wurde kaum mehr bejubelt. Am Ende blieb nur eine Frage - ob es ein gutes Omen für den BVB ist, dass Blaszczykowski später einen Elfmeter (nach Foul von Diekmeier an Leitner) zum 4:0 verwandelte? Im Meisterjahr verwandelten die Dortmunder keinen einzigen.

Lars Benders Tor entscheidet

Bayer Leverkusen musste schon ziemlich kämpfen, um beim glücklichen 3:2 (2:0) gegen Mainz 05 letztlich den Sieg ins Ziel zu schleppen - dabei hatte der Werksklub zwischenzeitlich bereits 2:0 geführt. Zdenek Pospech (11. Minute) per Eigentor, Manuel Friedrich (35.) gegen seinen Ex-Club und Lars Bender (70.) trafen am Sonntagabend vor 24.365 Zuschauern, Eugen Polanski (50.) und Marco Caligiuri (53.) hatten mit einem Doppelschlag für Mainz ausgeglichen. Doch am Ende freuten sich die Leverkusener über einen Sieg, der ihnen den Sprung auf Platz sechs der Tabelle ermöglichte. Mainz ist auf Platz 15. der Bundesliga dagegen nur noch einen Zähler vom Relegationsplatz entfernt.

Bayer 04 Leverkusen v FSV Mainz 05  - Bundesliga

Lars Bender (vorne) flog heran und traf: Der Leverkusener Mittelfeldspieler erlöse Bayer gegen Mainz in der 70. Minute mit dem 3:2. 

(Foto: Bongarts/Getty Images)

"Wir haben alles vermissen lassen, was uns ausmacht", bemängelte 05-Trainer Thomas Tuchel. Leverkusenes Sportdirektor Rudi Völler differenzierte dagegen wegen Bayers Wankelmütigkeit: "Die Moral war trotzdem überragend. So eine extreme Verunsicherung darf einer Spitzenmannschaft nicht passieren." Ein ähnliches Fazit zog schließlich auch Matchwinner Bender: "Wenn wir hier nicht drei Punkte mitnehmen, müssen wir eher nach unten schauen."

Das müssen die Leverkusener nun nicht unbedingt, doch es passte immer noch teilweise auffällig wenig zusammen im Leverkusener Spiel - nur ab und an blitzte in Ansätzen etwas von der früheren Brillanz Bayers auf. Ein wenig schwerlich erarbeiteter Offensivdruck (neben einigen komischen Leerlaufphasen) reichte in der ersten Halbzeit zur klaren Führung, doch dann kamen die Mainzer wieder heran - dabei soll es für den Werksklub doch unter die ersten drei gehen. "Die Champions League ist wichtig für uns. Der Kader ist in seiner jetzigen Form ohne die Königsklasse nicht zu finanzieren. Darüber muss sich jeder im Klaren sein", verdeutlichte Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser zur Halbzeit am Sky-Mikrofon.

Beide Teams traten relativ geschwächt an. Bayer-Coach Dutt musste auf fünf verletzte Spieler verzichten, Mainz beklagte sogar acht fehlende Spieler, so kam Deniz Yilmaz (21) zu seinem Erstliga-Debüt - laut Mainz-Trainer Thomas Tuchel "das Modell Straßenkämpfer". Zudem feierte Adam Szalai nach einjähriger Verletzungspause wegen eines Kreuzbandrisses mit seiner Einwechslung zur 2. Halbzeit sein Comeback.

Von Beginn wirkten die Gastgeber zunächst wie das stärkere Team. Michael Ballack rutschte der Ball noch über den Fuß, kurze Zeit später traf 05-Abwehrspieler Pospech nach einer Hereingabe von Danny da Costa bedrängt von Ballack ins eigene Netz. Nach Pospechs Pech prüfte Eugen Polanski Bayer-Schlussmann Bernd Leno, doch mangelhaftes Mainzer Abwehrverhalten ermöglichte Leverkusen wenig später das 2:0.

Manuel Friedrich köpfte unbedrängt ein. Yilmaz hatte kurz vor der Pause die Chance zum Anschlusstreffer. Nach dem Seitenwechsel schockte ein Doppelschlag die Leverkusener - die wie aus dem Nichts das Spiel zu verschenken drohten. Zuerst rettete Leno glänzend, Polanski staubte ab. Keine drei Minuten später nutzte der frei stehende Caligiuri Bayers Abwehrschwächen. Kapitän Michael Ballack musste nach einer Stunde in seiner wohl letzten Saison in Leverkusen für Angreifer Stefan Kießling vom Feld, die Zuschauer quittierten Dutts Entscheidung mit Pfiffen - während Ballack beleidigt in die Kabine trabte.

Das 3:2 fiel wie das 2:0 nach einer Ecke per Kopf - Lars Benders Treffer ließ Dutt aufatmen, schließlich ist auch ihm klar, dass in Leverkusen hohe Ziele gesteckt sind. Mainz hatte zwar noch Chancen zum Ausgleich, doch Torhüter Leno stand zumeist im Weg. Spannend wurde es schließlich noch einmal, als Verteidiger Michal Kadlec in seinem 100. Bundesligaspiel kurz vor Schluss den Mainzer Adam Szalai im Strafraum zu Fall brachte. Doch der Elfmeterpfiff blieb aus. Und als das Spiel wirklich schon vorbei schien, ließ Mainz-Stürmer Eric Maxim Choupo-Moting einen Ball an den Leverkusener Pfosten abtropfen - die letzte Aktion in einem seltsam ereignisreichen Bundesliga-Spiel.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: