Der Aufstiegskampf:Hochqualifizierte unter sich

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Kein Durchkommen: Leipzigs Davie Selke gerät zwischen den Freiburgern Tim Kleindienst (hinten) und Marc-Oliver Kempf. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Bochum, St. Pauli, Braunschweig, Fürth - das Aufstiegsrennen in der zweiten Liga ist spannend. Was die Spielkultur angeht, sind aber zwei andere Vereine bereits erstklassig.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Peniel Mlapa kennt den Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Liga wie kaum jemand sonst. Nach der Ausbildung beim TSV 1860 München zog es den Stürmer zu den exquisiteren Adressen eine Etage höher, ehe er nach drei mittelprächtigen Jahren in Hoffenheim und Gladbach zum 1. FC Nürnberg wechselte - und damit zurück in Liga zwei. Mittlerweile ist Mlapa in Bochum gelandet, am Freitag, nach der unterhaltsamen 1:2-Heimniederlage gegen den 1. FC Kaiserslautern, war es Mlapa, der das Spiel am besten analysierte: "Lautern hat sich hinten reingestellt, aber wir haben auch zu langsam gespielt." Es war die Beschreibung eines typischen Zweitligaspiels.

Selbst Spiele zwischen Aufstiegsaspiranten gestalten sich in dieser Liga oft so wie die Partie zwischen Bochum und Lautern. Zäh, mit deutlich geringerem Tempo als in der ersten Liga und auf übersichtlichem spielerischen Niveau. Auch der 1. FC Nürnberg, der sich am Freitag 2:2 von Arminia Bielefeld trennte, spielt einen einfachen Ball, hat im Vergleich zum FCK aber die besseren Einzelspieler.

Lienen hat St. Pauli vitalisiert, Verbeek hat Bochum besser gemacht

Was die spielerische Klasse angeht, ist die aktuelle Zweitligatabelle dann auch durchaus aussagekräftig. Lautern, das unter dem neuen Trainer Konrad Fünfstück immerhin kämpferisch überzeugte, ist ebenso hinter den Erwartungen zurück wie der 1. FC Nürnberg. Vorne stehen Mannschaften wie Braunschweig, St. Pauli und Bochum, bei denen der Ball schneller durch die Reihen zirkuliert. Die Hamburger, die in der vergangenen Saison mit Mühe und Not dem Abstieg in die dritte Liga entkamen, sind dabei eine der Überraschungsmannschaften dieser Spielzeit. Dank des Punktes aus Paderborn (0:0) belegen sie Platz zwei - zumindest bis Sonntag, wenn der SC Freiburg wieder aktiv wird.

Ewald Lienen, der 61-jährige St.-Pauli-Coach, gilt den Fans nicht nur als Verkörperung des linken Grundkonsenses am Millerntor, sein pragmatisches Vorgehen hat sich auch auf dem Platz bewährt: Erst dichtete Lienen die bröcklige Defensive ab, ehe er in der Sommerpause begann, in Sachen offensiver Spielkultur aktiv zu werden.

Auch in Bochum legt der Trainer beim Fußball Wert auf den Fußball. Wo beim FCK auch beim Sieg im Ruhrstadion vor allem lange Bälle geschlagen wurden, pflegt der VfL ein sauberes Passspiel und entwickelt an besseren Tagen als am Freitag durchaus die offensive Wucht, die Trainer Gertjan Verbeek schon beim Club so am Herzen lag. Zum Kreis der Aufstiegsaspiranten könnten in dieser Saison auch noch die Fürther stoßen, die schwachen Auftritten, etwa in Duisburg, nun schon einige sehr überzeugende Spiele haben folgen lassen. Zu den spielstärksten Vereinen der Liga zählt Fürth sowieso.

Was Freiburg und Leipzig zeigen, ist eine Klasse für sich

Dennoch könnte es so kommen, dass am Ende die beiden Mannschaften die direkten Aufstiegsränge belegen, die am Donnerstag ein Spiel auf absolutem Erstliganiveau zeigten. Was Freiburg im ersten und Leipzig im zweiten Durchgang darboten, ist doch recht weit weg von dem, was die Konkurrenz auf Lager hat. Sollte der SC stabil bleiben und RB das Ungleichgewicht zwischen exzellenter Offensive und anfälliger Verteidigung in den Griff bekommen, dürften es die Konkurrenten schwer haben, ihnen das Wasser zu reichen. So sieht man das offenbar auch bei den Leipzigern. "Bei uns schreibt jeder, dass wir absoluter Topfavorit sind", sagte deren Trainer Ralf Rangnick. "Das schreibt in Freiburg keiner. Die haben aber keine schlechtere Mannschaft als wir."

Tatsächlich dürfte es spielerisch begrenzteren Mannschaften deutlich schwerer fallen als am Donnerstag den Freiburgern, sich aus dem Hochgeschwindigkeits-Pressing der Leipziger zu befreien. Zumal, wenn Rangnick seiner jungen Auswahl aus teuren Hochqualifizierten irgendwann auch noch die Verspieltheit ausgetrieben hat, die sie vor dem Tor noch so oft scheitern lässt.

SC-Trainer Christian Streich macht sich jedenfalls keine Illusionen, was den weiteren Weg von RB angeht, das vor kurzem mal eben ein Nachwuchsleistungszentrum für über 30 Millionen Euro eröffnet hat. "Es wird immer schwerer, gegen sie zu spielen. Sie zeigen auf allen Ebenen viel Qualität, viel Mut und fußballerisches Verständnis." Mit anderen Worten: Sie haben nicht nur irre viel Geld, sie haben auch auf allen Ebenen Fachleute sitzen, die genau wissen, was sie tun. Das dürfte für den Aufstieg reichen.

© SZ vom 27.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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