Süddeutsche Zeitung

Dennis Schröder bei den Lakers:Extra-Energie aus Tarzana

Dennis Schröder kauft sich ein Haus in Los Angeles - kurz nachdem ihm die Lakers laut Tarifvertrag ein langfristiges und höher dotiertes Angebot machen dürfen. Es deutet vieles darauf hin, dass der deutsche Nationalspieler in LA bleibt.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Dennis Schröder hat sich ein Haus in Tarzana gekauft, und nach allem, was darüber zu erfahren ist, handelt es sich bei dieser Immobilie 30 Kilometer nördlich vom Stadtzentrum von Los Angeles um eine Prachtbude: sieben Schlafzimmer, zehn Bäder, Kino, Pool mit Outdoor-Küche, in einem der Zimmer hängt ein Basketballkorb in Originalhöhe. Der Aufbauspieler der LA Lakers hat 4,275 Millionen Dollar bezahlt, 225.000 Dollar weniger als gefordert, er wird dort mit Ehefrau Ellen und den beiden gemeinsamen Kindern wohnen.

Es ist freilich nicht außergewöhnlich, dass Profisportler an dem Ort, an dem ihr Verein seine Heimspiele austrägt, ein Haus besitzen - interessant vielmehr ist der Zeitpunkt des Kaufs: Das "All-Star-Break", die kurze Unterbrechung der NBA-Spielzeit für ein Treffen der besten Akteure, das heuer in Atlanta stattfand, stellt traditionell eine Zäsur dar, und für Schröder noch viel mehr: Die Lakers dürfen ihm jetzt laut Tarifvertrag ein verlockendes Angebot machen.

Schröder winken bei den Lakers etwa 83 Millionen Dollar

Davor konnten sie nur 33,4 Millionen Dollar für zwei Spielzeiten offerieren (was sie auch getan haben), nun können sie auf etwa 83 Millionen Dollar für vier Jahre erhöhen - und wie das bei Verhandlungen nun mal so ist, werten die Lakers den Kauf des Hauses in Los Angeles als Zeichen, dass sie den Spielmacher langfristig werden halten können.

Ja, richtig gelesen: Die Lakers, 17-maliger Titelträger, einer der klangvollsten Namen im Profisport weltweit und auch in dieser Spielzeit Favorit auf die Meisterschaft, brauchen die Verlängerung dringender als Schröder. Der wird nach der Saison ein so genannter Unrestricted Free Agent. Das bedeutet: Er kann zu jedem Verein wechseln, der ihn will, und die Zahlen dürften in etwa dort liegen, was die Lakers ihm jetzt anbieten können.

Los Angeles darf Schröder zwar jetzt als einziger Verein dieses Angebot machen; sollte der allerdings ablehnen und danach wechseln, werden die Lakers in der Sommerpause wegen der Gehaltsobergrenze und einigen Details im Reglement nicht genug Spielraum haben, einem anderen Profi so viel Geld anbieten zu können - so sie überhaupt jemanden mit den Fähigkeiten des deutschen Aufbauspielers finden.

Schröder, 27, spielt eine außerordentliche Saison, das ist nicht nur an den Statistiken (14,9 Punkte, 3,5 Rebounds und 4,5 Zuspiele pro Partie) abzulesen. Als sich Lakers-Anführer LeBron James kürzlich nach einem Drei-Punkte-Versuch frühzeitig zum Jubeln den Kollegen zuwandte, da suchte er nach Schröder, um ihn abzuklatschen. "Er sorgt für diesen Funken Extra-Energie", sagt James.

Selbst LeBron James sucht Dennis Schröder

Es stimmt schon: Die Lakers haben die Protagonisten James (Gehalt in dieser Saison: 39,2 Millionen Dollar) und Anthony Davis (32,7 Millionen); sie haben zuverlässige Helfer wie etwa Kyle Kuzma, Kentavious Caldwell-Pope, Montrezl Harrell und Veteran Marc Gasol, die allesamt jeweils weniger als 12,1 Millionen Dollar verdienen. Gasol und Harris sind jeweils noch eine weitere Saison an die Lakers gebunden, alle anderen mindestens noch zwei weitere Spielzeiten.

Es ist eine Titel-Mannschaft, das haben sie ja in der Vor-Saison bewiesen, und Schröder ist derzeit das, was so ziemlich alle NBA-Klubs suchen: ein Spieler, der nur knapp unterhalb des Niveaus der beiden Teamleader agiert, sich mit dieser Rolle arrangiert und kein Maximal-Superstar-Gehalt fordert. Freilich sind 20 Millionen Dollar pro Jahr sehr viel Geld, doch können sich die Vereine im US-Sport - anders als im europäischen Fußball - nicht einfach eine Titeltruppe zusammenkaufen.

Es ist immer auch ein Tanz mit der Gehaltsobergrenze, es geht bei den Verhandlungen neben dem Salär stets auch um Respekt innerhalb des Teams, Ambitionen des Vereins und den Wohlfühlfaktor in der Stadt. Das Angebot der Lakers an Schröder dürfte sich deshalb nicht nur ums Geld drehen, sondern so lauten: Du bist die klare Nummer drei bei uns, die beiden Egos James und Davis respektieren dich und sagen das bei fast jeder sich bietenden Gelegenheit auch öffentlich- und hast du nicht gerade ein schönes Haus in Tarzana gekauft?

Man muss sich wahrlich nicht sorgen, dass Schröder mal an Selbstzweifeln verenden wird, er kennt seinen Wert für die Lakers, und er weiß auch, dass seine Mannschaft in seiner Abwesenheit (er war wegen des Corona-Protokolls der Liga gesperrt gewesen, ohne selbst positiv getestet worden zu sein) vier Spiele nacheinander verloren hatte. Davis verpasste ebenfalls einige Partien in dieser Zeit, doch war bei den Niederlagen deutlich zu sehen, dass Schröders Fehlen mindestens ebenso schwer wog.

Er hat ein Gespür für den Rhythmus einer Partie entwickelt und auch dafür, wann seine Kollegen den Ball haben wollen und wann sie lieber Zuschauer bei einer Einzelaktion Schröders wären, um kurz Luft zu holen. Die Lakers wiederum geben Schröder, was der schon immer haben wollte: Vertrauen, Verantwortung und die Chance auf Titel als Stammspieler.

Es heißt, dass die Lakers (wie ein halbes Dutzend anderer Vereine, darunter die Nets, die Warriors und Clippers) Interesse an einer Verpflichtung des alternden Flügelspielers Blake Griffin hatten. Der hatte sich von den Detroit Pistons freigekauft hat und dringend einen Verein gesucht, mit dem er endlich den Titel gewinnen kann. Er entscheid sich für Brooklyn, wo er nun bis Saisonende fürs Minimalgehalt aufläuft. Kein Glück für die Lakers diesmal, aber selbst das Werben darf als Zeichen gewertet werden, wie aus dem Umfeld des Vereins zu hören ist: Der Traditionsklub beschäftigt sich derzeit nicht mit der Suche nach einem möglichen Nachfolger, sondern mit der Suche nach Leuten, denen Schröder die Bälle zuspielen könnte.

Schröder hatte bereits nach dem Wechsel aus Oklahoma City gesagt, dass er sich ein längeres Engagement bei den Lakers vorstellen könne - so lange das Angebot "fair" sei. Er betonte in den vergangenen Wochen stets, wie wohl er sich bei den Lakers fühlen würde und dass die Aussagen von vor eineinhalb Jahren (er hatte gesagt, nicht unbedingt nach Los Angeles umziehen zu wollen) ein Missverständnis gewesen seien.

Das muss er nun nicht mehr tun. Er wohnt nicht mehr zur Miete in der Nähe der Trainingshalle, wie es einer täte, der bald wieder weg will. Er hat sich ein Haus in Tarzana gekauft - einer Gegend, in der vor allem junge Familien wohnen, die vorhaben, ein bisschen länger in Los Angeles zu bleiben.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir den Spieler Montrezl Harrell fälschlicherweise Montrezl Harris genannt.

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