FC Barcelona:Dembélé prallt gegen die Wand

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Wie geht es weiter mit Ousmane Dembélé, dem 105-Millionen-Mann aus Barcelona? (Foto: Getty Images)
  • Im Spitzenspiel in der spanischen Liga gastiert am Samstagabend der FC Barcelona bei Atlético Madrid.
  • Ousmane Dembélés Eskapaden stören die Konzentration der Katalanen auf das Sportliche.
  • Ein Verkauf Dembélés im Winter ist längst nicht mehr ausgeschlossen. Davon würde Borussia Dortmund profitieren.

Von Christoph Söller

Wer wissen möchte, was Ousmane Dembélé so treibt, muss nur ein paar spanische Nachrichtenseiten aufrufen. Dembélé hier, Dembélé dort. Der Fußballer, der sonst so schwungvoll seine Gegner umdribbelt, prallt gerade gegen eine Wand. In der bislang nicht besonders glücklichen Beziehung zwischen dem Franzosen und dem FC Barcelona ist schon vieles passiert, einen Tiefpunkt erreichte sie vor zwei Wochen. Dembélé wurde von Trainer Ernesto Valverde suspendiert, nachdem er nicht wie erwartet zur Vormittagseinheit aufgetaucht war.

Erst verspätet begründete Dembélé sein Fehlen mit Magenproblemen. Problemen, die der Vereinsarzt des FC Barcelona nicht bestätigen konnte. Die in Madrid ansässige Sportzeitung AS berichtete, der Profi habe wieder einmal Kumpels zu sich nach Hause eingeladen, um die ganze Nacht Videospiele zu zocken. Die vermeintlichen Bauchschmerzen waren eine Notlüge, die Flunkerei war enttarnt. Und so sorgt dieser 21-jährige Rumtreiber immer wieder für neuen Gesprächsstoff, von falscher Ernährung über seinen ausschweifenden Lebensstil bis hin zu mangelndem Trainingseifer. Die Gazetten in Spanien verfolgen und kommentieren das Schauspiel beinahe tagtäglich in aller Ausführlichkeit, schließlich ist Dembélé immer noch der 105-Millionen-Mann, der bei voller Vertragswirksamkeit (inklusive aller Prämien) sogar zum 145-Millionen-Mann werden kann. Viel Geld für einen, der wenig leistet.

Jetzt erreichen auch Berichte aus Deutschland die katalanische Hauptstadt. Angeblich soll Dembélé seine Villa in Dortmund in desolatem Zustand hinterlassen haben, als er vergangenes Jahr nach Spanien wechselte. Herumliegende Klamotten, ausgelaufene Flüssigkeiten und kaputte Schlösser, so meldet die Bild-Zeitung. Die Beschwerde der Eigentümer führte dazu, dass der Fall nun beim Amtsgericht Dortmund liegt, es geht um 20 000 Euro für die Reinigung und Sanierung des Hauses.

Mitspieler melden sich zu Wort

Die Barça-Verantwortlichen sind daher zum Krisengipfel zusammengekommen, um zu beraten, wie es mit dem teuren Unruhestifter weitergehen soll. In Barcelona legen sie auf gutes Betragen großen Wert, sie wollen Ruhe und Fokus auf die sportlichen Ziele. Dembélé ist ein Querkopf, den man schleunigst unter Kontrolle bekommen möchte. Der ehemalige Barça-Spieler Guillermo Amor, heute Klub-Direktor, mahnte an: "Alle Spieler in Barcelona müssen wie Profis leben. Sie müssen in jeder Trainingseinheit kämpfen und so spielen, wie es von ihnen verlangt wird."

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Ehrfurchtsvoll sprach er über die Ehre und gleichzeitige Verpflichtung, für den FC Barcelona aufzulaufen und endete mit dem vielsagenden Satz: "Die meisten Spieler sind das gewöhnt." Die meisten. Nicht alle. Nachdem auch schon Gerad Piqué, Barças Abwehrchef und Identifikationsfigur schlechthin, Dembélés Lebenswandel kritisiert hatte, meldete sich nun auch Luis Suárez zu Wort.

Dembélé könne sich "vielleicht mehr konzentrieren und in einigen Punkten ein bisschen verantwortungsbewusster sein", sagte der Torjäger. "Ousmane weiß, dass Fußball für jeden Spieler ein Privileg ist." Es gebe bei Barça genügend Beispiele für professionelles Verhalten, an denen sich der Franzose orientieren könne. "Er wird weiter lernen. Der Glaube an sich selbst wird es ihm ermöglichen, in Barcelona zu bestehen, denn er hat es verdient, dort zu sein", sagte Suárez, der sich bekanntlich selbst mal fußballfern "verbeißt".

Aus sportlicher Perspektive hat Dembélé sich den Transfer zum FC Barcelona durchaus verdient. Er war ja, das wird bei all den Negativ-Schlagzeilen schnell vergessen, die große Bundesliga-Überraschung der Saison 2016/17. Als 19-Jähriger, der von Stade Rennes in die Bundesliga gewechselt war, kam er unter Thomas Tuchel 50 Mal für den BVB zum Einsatz und war dabei an 32 Toren direkt beteiligt. Dass der FC Barcelona, stets auf der Suche nach Ballvirtuosen wie ihm, Dembélés Tempo, seine Dribbelstärke und Torgefährlichkeit erkannte, war nachvollziehbar.

Im Schatten von Iniesta, Rakitic und Messi hätte sich das französische Talent perfekt entwickeln können. Doch der Wechsel auf die allergrößte Bühne, so scheint es, kam zu früh. Er und sein Umfeld haben die Größe Barças unterschätzt. Hier gibt es weniger Zeit für junge Spieler, sich auszuprobieren, Fehler werden kaum verziehen, Bestleistungen werden serienweise erwartet - und Chaos-Fußballer haben es noch viel schwerer als anderswo. In Dortmund waren Titel die Kür, in Barcelona sind sie Pflicht - und wer Theater macht, ist schnell raus, siehe Ronaldinho, den irgendwann das Nachtleben verschlang.

Dembélé scheint mit den Anforderungen in der katalanischen Hauptstadt überfordert zu sein. Sein Verhältnis zu den Mitspielern soll zwar intakt sein, doch er spricht immer noch kaum spanisch und wirkt verschüchtert. Die permanenten Verspätungen und sein zerstreuter Charakter bringen die Karriere des vielleicht größten Fußballtalents Frankreichs in Gefahr. Wie in Spanien zu vernehmen ist, denken die Verantwortlichen des Meisters über einen Verkauf im Winter nach. Und auch die Medien haben ihn fast schon abgeschrieben: "Die Einsamkeit Dembélés" titelte die Zeitung Sport kürzlich.

Acht Pflichtspiele bleiben dem FC Barcelona noch bis zur Winterpause. Für Dembélé könnten sie eine Abschiedstour sein - wenn er überhaupt mal spielen darf. Bislang pendelt er eher zwischen Bank und Tribüne, in der Liga durfte er nur ein einziges Mal über 90 Minuten ran. An diesem Wochenende steht nun so etwas wie seine letzte Chance an, wenn Barcelona zum Spitzenspiel bei Atlético Madrid antritt.

Sollte er wieder nicht mit dabei sein und sollten sich die Tendenzen erhärten, dass ein erneuter Transfer ansteht, könnte sich zumindest Dortmund freuen. Der Vertrag zwischen der Borussia und Barcelona sieht nämlich vor, dass bei einem Weiterverkauf Dembélés sofort sämtliche Sonderzahlungen fällig werden, die über den Kaufpreis von 105 Millionen Euro hinaus vereinbart worden sind - das wären bis zu 40 Millionen. Zurück nach Dortmund kann Dembélé jedenfalls nicht. "Da gibt es keinen Weg", sagte kürzlich BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.

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