Süddeutsche Zeitung

Bremerhavens Torhüter Maximilian Franzreb:Der Mann mit dem goldenen Händchen

Zum Auftakt des DEL-Viertelfinals landet Bremerhaven in München einen Überraschungscoup. Überragender Spieler beim 3:1-Sieg ist Torhüter Maximilian Franzreb, der 50 Schüsse abwehrt.

Von Johannes Schnitzler

Es gab nicht viele Argumente dafür, warum Bremerhaven die Viertelfinalserie gegen den EHC Red Bull München gewinnen könnte. Klar, die Fischtown Pinguins sind genauso sperrig, wie sich ihr Name liest; seit ihrem Auftauchen in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) anno 2016 haben sie sich mit Herz und Zähigkeit und einem slowenischen Zaubertrio noch immer für die Playoffs qualifiziert. Über das Viertelfinale hinaus haben sie es allerdings nie geschafft. Die beiden Begegnungen mit München endeten jeweils deutlich: mit 0:4 (2017) bzw. 1:4 Siegen (2018). Und auch in die aktuelle Serie gingen die Münchner, Meister der Jahre 2016 bis 2018, als haushoher Favorit. Während das Team von Don Jackson als Sieger der Hauptrunde (122 Punkte in 56 Spielen, Klubrekord) frühzeitig fürs Viertelfinale gesetzt war, mussten die Männer von der Nordseeküste erst durch die Qualifikationsrunde gegen Nürnberg, die sie allerdings souverän in zwei Spielen (3:1, 4:2) für sich entschieden.

Seit Donnerstag gibt es wenigstens ein Argument mehr, dass Bremerhaven in diesem Jahr vielleicht doch mehr als ein Sparringspartner für München sein könnte. Es heißt Maximilian Franzreb und steht bei den Pinguinen zwischen den Pfosten. 50 Schüsse auf sein Tor parierte der 26-Jährige, ganze 34 mehr als sein Gegenüber, Nationaltorwart Mathias Niederberger, der nur 18 Mal geprüft wurde beim 3:1 (0:0, 1:0, 2:1)-Auswärtssieg des Außenseiters zum Auftakt der Best-of-seven-Serie in München. Niederberger spielte fehlerfrei und bisweilen spektakulär. Aber Franzreb zeigte, warum der Torwart im Eishockey die wichtigste Position einnimmt. Wie ein Fußballverteidiger mit einem flying tackling rettete er gegen Julian Lutz, im Spagat parierte er gegen Austin Ortega, und als er tatsächlich ein Mal chancenlos war, half ihm der Pfosten. Hinterher fasste er den Abend präzise zusammen: "Wir haben in Nürnberg gezeigt, dass wir auch knappe Führungen über die Zeit bekommen. Und dann haben wir uns das Glück erarbeitet und, auf Deutsch gesagt, zwei Scheißtore geschossen. So sind Playoffs."

Mitten in die Münchner Druckphase spielte Markus Vikingstad Ross Mauermann so günstig in die Schlittschuhe, dass der Puck von dessen Kufen ins Tor sprang (29.), dann tippte er die Scheibe nach einem Bremerhavener Konter selbst zum 0:2 (42.) aus Münchner Sicht ins Netz. Und als Don Jackson Niederberger für einen sechsten Feldspieler vom Eis genommen und Ortega tatsächlich auf 1:2 (58.) verkürzt hatte, stolperte derselbe Ortega in der nächsten Szene, und abermals Vikingstad traf zur Entscheidung ins leere Tor (60.). Und Matchwinner Franzreb, der Mann mit dem goldenen Händchen? War "froh, dass ich auch einen rausholen kann". Eine nette Untertreibung.

Bremerhaven führt 1:0, aber - auch das ist Playoff - es ist nur ein Sieg, zum Einzug ins Halbfinale braucht die Mannschaft von Thomas Popiesch vier. "Wir werden uns nicht verrückt machen lassen", sagte Münchens Kapitän Patrick Hager. "Wir haben sehr, sehr viel richtig gemacht, nur den Puck nicht ins Tor geschossen." Denn da stand Maximilian Franzreb, und an dem müssen sie auch an diesem Freitag (19.30 Uhr, Magentasport) in Spiel zwei erst einmal vorbei. "Sie müssen erst mal bei uns spielen", sagte Franzreb mit einem Lächeln. "Wir haben den Druck nicht." Und auch das ist natürlich ein Argument.

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