Finale der DELDer Torjäger, für den es im April erst richtig losgeht

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Der Wahl-Berliner aus der Nähe von Bad Tölz: Leo Pföderl (links) mit Brady Austin von den Kölner Haien.
Der Wahl-Berliner aus der Nähe von Bad Tölz: Leo Pföderl (links) mit Brady Austin von den Kölner Haien. (Foto: Andreas Gora/dpa)

Leo Pföderl von den Eisbären Berlin ist nun Rekordtorschütze der DEL-Playoff-Geschichte.  Über einen Stürmer, dem einer seiner Trainer das Passen austrieb – und der stets besser wird, je näher der Meistertitel rückt.

Von Christian Bernhard

Ty Ronning lehnte sich leicht über die Bande, als er auf den Punkt brachte, was seinen Mitspieler Leo Pföderl so besonders macht. „Du gibst ihm den Puck, er schießt, und er geht rein. Und das sehr oft.“

Dieses Prozedere wiederholte sich am Ostermontag gleich dreimal, wodurch Pföderl zum Hauptakteur eines besonderen Eishockeytages in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) wurde. 7:0 gewannen seine Eisbären Berlin das dritte Playoff-Finalspiel gegen die Kölner Haie, wodurch sie in der Best-of-seven-Serie 2:1 in Führung gingen. Damit fehlen ihnen vor Spiel vier, das am Mittwoch in Köln stattfindet (19.30 Uhr), nur noch zwei Siege, um sich wie im Vorjahr, 2022 und 2021 zum deutschen Meister zu küren.

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Als Pföderl in der 29. Minute seinen Hattrick perfekt machte, stieg er zum alleinigen DEL-Playoff-Rekordtorschützen auf. 46 Mal hat er jetzt in den DEL-Playoffs getroffen und damit einmal mehr als sein Kumpel Patrick Reimer. „Irgendwo muss ich ihn ja überholen“, sagte Pföderl lächelnd. Auch als DEL-Playoff-Rekordtorschütze wurde aus dem Knipser Pföderl nach Spielende wieder direkt der Interview-Pföderl, der trotz minimalistischer Antworten immer wieder sympathisch rüberkommt.

Interviewer: Glückwunsch zum Rekord.

Pföderl (lächelnd): Danke.

Interviewer: Und?

Pföderl: Was?

Interviewer: Was denken Sie darüber?

Pföderl: Joah, wusste ich nicht, super.

Auch die Frage, ob dieses 7:0 nahe am perfekten Spiel gewesen sei, beantwortete der Bayer auf typische Pföderl-Art, verschmitzt grinsend: „Es ist immer perfekt, wenn man gewinnt.“ Und zum Abschluss: Was dieses 0:7 mit den Kölnern wohl macht? „Keine Ahnung, musst du die Kölner fragen. Ist mir wurscht.“

„Er wirkt sehr ernst“, sagt Bundestrainer Harold Kreis über Pföderl, „aber er hat ein unglaubliches innerliches Lächeln, diese Freude bringt er aufs Eis.“ Dass Pföderl mittlerweile beachtliche 263 DEL-Tore geschossen hat, was ihm jetzt schon Platz sieben in der ewigen Torjägerliste beschert, beruht neben der Freude am Spiel auf zwei Grundpfeilern: seinem Instinkt und seinem Schuss. Er wisse eben, „wo das Tor ist“, sagte Eisbären-Sportdirektor Stéphane Richer bei Magentasport. Und er hat die Gabe, den Puck verlässlich dort unterzubringen.

Neben seinen 34 Saisontoren hat Pföderl auch 53 Vorlagen gesammelt

Früh gefördert hat dies sein einstiger Nürnberger Trainer Rob Wilson. „Wenn wir im Training zwei gegen eins gespielt haben und ich passen wollte, hat er abgepfiffen und gesagt: Du passt nicht, du schießt aufs Tor. Sobald du über die blaue Linie fährst, schießt du aufs Tor“, erzählte Pföderl der Berliner Morgenpost. Da sich Pföderl in Berlin auch spielerisch weiterentwickelt hat – neben seinen 34 Saisontoren hat er auch schon 53 Vorlagen gesammelt –, wurde er vor dem Start der Playoffs zum DEL-Spieler des Jahres gekürt.

Mit dem Start der Playoffs ging es für Pföderl aber erst so richtig los, denn sein eigentliches Habitat sind die K.-o.-Runden, nicht die Hauptrunde. „Dafür lebt er“, sagt sein Trainer Serge Aubin. „Immer wenn ich mit ihm spreche, sagt er: ‚Wir spielen im April‘.“ Dann wird traditionell der Meistertitel vergeben, und dann „steigert er definitiv noch mal sein Niveau“, betont Aubin. Der 31-jährige Stürmer erklärt seine Playoff-Liebe so: „Jetzt geht es um die Wurst. Und darauf wartest du ja 52 Spiele lang.“ Zudem findet er es „halt einfach schön, Druck zu haben“.

Aus dem Jungen aus Gaißach bei Bad Tölz, der aus einer fußballverrückten Familie stammend im Betrieb seines Vaters eine Maurerlehre machte, als er schon in der DEL spielte, was seinen damaligen Nürnberger Trainer Jeff Tomlinson sagen ließ: „Nach 40 Stunden Arbeit in der Woche ist es für ihn ein Vergnügen, zu uns zu kommen“; aus dem „Träumer in der Schule“, der immer „mehr zum Fenster herausgeschaut hat als auf die Tafel“, wie Pföderl über sich selbst sagt, ist einer der begehrtesten deutschen Eishockeytorjäger geworden.

Und ein glücklicher Wahl-Berliner. Als er 2019 in die Hauptstadt wechselte, „meinten viele: ‚Was willst du in Berlin, du bist doch der Ur-Bayer‘“, erzählte er. Einige dachten, das könne nicht funktionieren, doch „für mich war alles vom ersten Tag an einfach nur grandios“. Deshalb verlängerte er erst kürzlich seinen Vertrag bis 2029, für Eishockeyverhältnisse eine sehr lange Dauer, er wäre dann zehn Jahre bei den Eisbären. Irgendwann gehe es für ihn ganz sicher wieder in die bayerische Heimat, sagte er, aber erst einmal habe er in Berlin „das Beste aus zwei Welten“.

In Berlin hat er bereits drei Meistertitel mit den Eisbären gefeiert. „Davon wirst du nicht satt“, betont er. „Du magst, dass die nächste Saison genau so endet, du magst wieder den Pokal, du magst wieder die Woche Party.“ All das sei ein bisschen wie eine Droge. Pföderl tut aktuell wieder viel dafür, dies alles schon bald wieder zu erleben.

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