DEL:Jenseits von Iowa

DEL: Zweimal nacheinander hat Tyler Sheehy (vorne) für Nürnberg je vier Punkte in einem Spiel eingesammelt.

Zweimal nacheinander hat Tyler Sheehy (vorne) für Nürnberg je vier Punkte in einem Spiel eingesammelt.

(Foto: Thomas Hahn/imago images/Eibner)

In der AHL hat der Eishockey-Profi Tyler Sheehy zweimal den Durchbruch verpasst, sein Schritt nach Europa führte ihn nach Nürnberg. Dort ist aus dem vermeintlichen Spielmacher ein begehrter Torjäger geworden.

Von Christian Bernhard

Alex Dubeaus Lächeln hatte gute Gründe. Der erst kürzlich verpflichtete Torhüter der Nürnberg Ice Tigers feierte am Dienstag beim 6:1-Heimsieg über die Kölner Haie seinen ersten Sieg in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). "Fantastisch" sei das, sagte er im TV-Interview und machte dazu ein glückseliges, zufriedenes Gesicht. Passend zum anstehenden Weihnachtsfest zeichnete er dann auch noch verbal ein Bild voller Glückseligkeit und Harmonie: "Wir alle sind glücklich, jeden Tag ins Training zu kommen." Sechs Tore gegen Köln, sieben gegen Bremerhaven, dazwischen ein Derbysieg gegen den Titelaspiranten EHC Red Bull München: Es macht dieser Tage Spaß, Teil der Ice Tigers zu sein. Vier Siege nacheinander gegen allesamt vor ihnen in der Tabelle positionierte Mannschaften verdeutlichen, dass es für die neuntplatzierten Franken ziemlich rund läuft. Auch Kölns Andreas Thuresson ist nicht entgangen, dass die Nürnberger aktuell "on fire" sind.

Das galt am Dienstag ganz besonders für Tyler Sheehy. Der 26-jährige US-Amerikaner erzielte gegen die Haie zwei Tore selbst und bereitete zwei weitere Treffer vor. Ein Vier-Punkte-Spiel erleben Eishockeyprofis nicht alle Tage, Sheehy aber hatte erst vier Tage zuvor beim 7:3-Erfolg in Bremerhaven ebenfalls vier Scorerpunkte gesammelt, "ganz ruhig und entspannt", wie Nürnbergs Sportdirektor Stefan Ustorf fand. Sheehys Galaauftritt im hohen Norden hatte laut Ustorf bloß "keiner so wirklich mitbekommen", da Sheehys Reihenkollege Dane Fox ihm mit sechs Scorerpunkten ganz frech das Rampenlicht stahl.

Nürnbergs Aufschwung hat viel mit Trainer Tom Rowe zu tun, der die Franken Mitte Oktober übernommen und seitdem auf Kurs gebracht hat. Für Sheehy lief es aber auch schon vor Rowes Ankunft rund. Alleine in seinen ersten acht DEL-Spielen traf er achtmal, womit aufgrund seines ungewöhnlichen Werdeganges nicht gerechnet werden konnte. Zum einen, da er mehr als Spielmacher denn als Torjäger präsentiert worden war - und da die Ice Tigers die erste Europa-Station des US-Stürmers sind. Vier Jahre lang spielte Sheehy für die University of Minnesota und schaffte es dort in den Finalistenkreis für den prestigeträchtigen Hobey Baker Award, mit dem der beste College-Spieler ausgezeichnet wird. Auch deshalb verpflichtete ihn vor zwei Jahren der AHL-Klub Iowa Wild, wo er aber nur fünfmal eingesetzt wurde.

"Ich habe dieses Fenster gesehen und bin einfach durchgegangen", sagt Sheely

Sheehy machte einen Schritt zurück, in die ECHL - und dort bei den Allen Americans wieder einen nach vorne. Er wurde zum ECHL-Rookie des Jahres in der Liga gekürt und bekam so eine zweite AHL-Chance in Iowa. Dort lief es aber erneut nicht nach Wunsch. Der kreative Sheehy konnte seine spielerischen Qualitäten kaum einbringen, da er meist in der vierten Arbeiterreihe eingesetzt wurde oder gar auf der Tribüne Platz nehmen musste. "Das war ein schwieriges Jahr für mich, vor allem mental", erzählte er. "Es war für mich schwer zu fassen, weil es im Jahr zuvor so gut gelaufen war." Da auch der zweite Anlauf in der AHL nicht von Erfolg gekrönt war, entschied er sich zu einem ungewöhnlichen Schritt für einen jungen, nordamerikanischen Profi: Er machte im Alter von 25 Jahren den Schritt nach Europa, um dort seine Karriere neu in Schwung zu bringen. "Ich habe dieses Fenster gesehen und bin einfach durchgegangen", sagte er zu seiner Entscheidung pro Nürnberg. Eingefädelt hatte den Wechsel Stefan Ustorf, der in Nordamerika sehr gut vernetzt ist - und der von Sheehy nicht enttäuscht wurde.

Nur Wolfsburgs Christopher DeSousa und Bietigheims Riley Sheen haben ligaweit öfter getroffen als der Nürnberger mit seinen nun 15 Saisontoren. Beeindruckend ist auch Sheehys Plus-Minus-Statistik von plus 11, kein Nürnberger Angreifer kann eine bessere vorweisen. Das bedeutet, dass er trotz seiner Offensivqualitäten auch defensiv aufmerksam zu Werke geht. Das freut Ustorf besonders, da er Sheehys Stärken im Sommer "eindeutig in der Offensive" angesiedelt hatte.

Ustorf hatte bei der Verpflichtung des US-Angreifers betont, er gehe davon aus, dass Sheehy in Nürnberg "den nächsten Schritt machen" werde. Diese These bestätigt sich, und so schön das für die Franken ist, es birgt auch Gefahren. Einige der Ice-Tigers-Spieler "werden teurer, das ist ein Fakt", sagte Ustorf am Dienstag. Er nannte dabei keine Namen, aber Sheehy dürfte mit seinen Statistiken und seinem Alter in diese Kategorie fallen. Ustorf ist bewusst, dass die Leistungen der jungen Nürnberger Spieler den anderen DEL-Klubs "nicht verborgen" blieben. Auch das trifft auf Sheehy zu. Umso besser aus Ice-Tigers-Sicht ist, dass Sheehy über einen Vertrag mit Option für die kommende Saison verfügt.

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