DEL-Finalserie:Wie eine Erinnerung an süffigere Zeiten

EHC Red Bull München - Adler Mannheim

Der EHC München hat von vier Finalspielen gegen Mannheim bislang nur eines gewonnen.

(Foto: dpa)
  • Mit einem Sieg gegen den EHC München können die Adler Mannheim an diesem Freitag (19:30 Uhr) die deutsche Eishockey-Meisterschaft gewinnen.
  • Titelverteidiger München fehlen Schlüsselspieler, andere wirken überspielt - Mannheim hat einen tieferen Kader.

Von Johannes Schnitzler

Eins. Zwei. Drei. Es waren drei wuchtige Schläge, wie beim traditionellen Anzapfen auf dem Münchner Oktoberfest. Und wie auf der Wiesn sollte es danach sprudeln, schäumen, strömen. Vom Ordner an der Einlasskontrolle bis zu den Fotografen hatte man am Mittwoch übereinstimmend zu hören bekommen, dies werde wohl das letzte Heimspiel für den EHC Red Bull München in dieser Saison sein. Der Titelverteidiger lag in der Finalserie der Deutschen Eishockey Liga (DEL) 1:2 zurück und hatte in den ersten drei Spielen nur drei Treffer erzielt. Also setzte Stürmer Patrick Hager in seinem ersten Wechsel drei wuchtige Checks. Es sollten Ausrufezeichen sein: Wir! Sind! Noch! Da!

München spielte ein sehr gutes erstes Drittel. Aber es sprudelte nur kurz. Einmal schwappten die Emotionen hoch. Aber da war das Spiel schon schal und abgestanden. Zu Beginn des zweiten Drittels hatten die Adler aus Mannheim innerhalb von 2:06 Minuten ihrerseits drei wuchtige Schläge gesetzt und - eins, zwei, drei - die Partie entschieden. "Die ersten Minuten haben wir richtig verpennt", sagte Hager.

Nach dem 0:4 (0:0, 0:3, 0:1) steht München am Freitag (19.30 Uhr) vor einer "Herkulesaufgabe". Die Adler benötigen nur noch einen Sieg, um erstmals seit 2015 wieder den Titel zu holen.

Die Treffer von Cody Lampl (24.), Benjamin Smith (25.) und Phil Hungerecker (26.) waren Statements. Sie waren Ausdruck von Mannheims Zweikampfhärte, spielerischem Potenzial und einer Unerbittlichkeit im Torabschluss, die München in den vergangenen drei Jahren zum Titel getrieben hatten. Doch im "Abnutzungskampf" (Hager) gegen Mannheims durchkomponierten Kader, der mit vier ausgeglichenen Reihen durch die 60 Minuten rollt, wirkt München wie der Rand, den ein leerer Masskrug auf der Bierbank hinterlässt. Wie eine Erinnerung an süffigere Zeiten.

Mannheims Geschäftsführer Hopp ist plötzlich weg: "Ich war im Olympiapark spazieren"

Trainer Don Jackson fehlen Schlüsselspieler (Abeltshauser, Jaffray, Kastner, Voakes), andere Profis wirken überspielt. Aber weder Verletzungen noch die Belastung durch die Champions League dürften eine Ausrede sein, sagte Münchens Geschäftsführer Christian Winkler im TV-Sender Sport1: "Wir wollten ja in dieses Champions-League-Finale." Winkler bewahrte sich die Noblesse eines Champions, lobte erst Halbfinalgegner Augsburg ("haben ihr ganzes Herz hineingeschmissen"), dann Mannheim ("Top-Mannschaft") und fand am Ende sogar verständnisvolle Worte für die Unparteiischen, die in dieser harten Serie keine leichte Aufgabe haben ("möchte kein Schiedsrichter sein"). Als Matthias Plachta das 4:0 (42.) nachlegte, dürfte aber auch Winkler gewusst haben, dass an diesem Abend nicht mehr zu holen war.

Daniel Hopp befand sich zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr in der Halle. Mannheims Geschäftsführer hatte im dampfenden Mitteldrittel sein Sakko abgelegt, nach der zweiten Pause war er verschwunden. "Ich war ein bisschen im Olympiapark spazieren", verriet er später: "Das habe ich bei Spiel zwei auch gemacht, ich bin ein bisschen abergläubisch bei gewissen Sachen." Spiel zwei in München hatten die Adler 3:0 gewonnen. Für Torhüter Dennis Endras war es bereits der zweite Shutout im Finale. Es wäre für ihn auch der zweite Titel mit Mannheim. "Aber am Freitag steht es wieder 0:0", sagte Hopp.

Im Dezember 2017 stand Mannheim auf Platz zwölf

Daniel Hopp, 38, Vizepräsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) und Mitglied im Aufsichtsrat der DEL, leitet seit 2005 die Geschäfte der Adler. Längst ist er mehr als "der Sohn von Dietmar Hopp", dem Milliardär, der mit SAP reich und als Mäzen der TSG Hoffenheim bekannt wurde. SAP ist Sponsor der Adler, die in der SAP Arena spielen, und bald auch Namensgeber für den neuen SAP Garden, in den 2021 der EHC Red Bull München einziehen soll. Dass die Adler trotz der Software-Millionen und der Geschäftsbeziehung zu Finalgegner München nicht als Marketingvehikel wahrgenommen werden, liegt laut Hopp in den Genen des Klubs: "Wir wurden 1938 gegründet, wir haben eine Riesentradition, die leben wir auch. Jetzt führen wir 3:1 im Finale. Da ist eine Eishockeystadt wie Mannheim natürlich auf den Beinen."

So wie im Halbfinale die Augsburger Panther - die am Donnerstag die Vertragsverlängerung mit Torhüter Olivier Roy bekanntgaben - erfahren die Adler Zuspruch aus der ganzen Republik. "Wenn uns auch andere die Daumen drücken, freuen wir uns natürlich", sagt Hopp. Antipathie gegen Red Bull sei aber nicht angebracht: "Wenn man dreimal nacheinander den Titel holt wie München, muss man das anerkennen. Sie stehen jetzt wieder im Finale und waren auch im Champions-League-Finale. Das hat Respekt verdient."

Nach dem letzten Mannheimer Titelgewinn 2015 stand Hopp in der Mannschaftskabine, mit einer Flasche Bier in der Hand und glänzenden Augen. Am Mittwoch stand er mit Gehschale am Bein neben dem Mannschaftsbus ("ich habe versucht, Fußball zu spielen, das war keine gute Idee") und wehrte verfrühte Glückwünsche ab: "München wird noch einmal alles reinwerfen."

Trotzdem darf er sich schon jetzt selbst gratulieren. Im Dezember 2017 stand Mannheim auf Platz zwölf, die Sportliche Leitung musste gehen. "Ich habe die Tabelle noch in meinem Büro hängen, damit wir uns das alle immer wieder in Erinnerung rufen", sagt Hopp. Unter Trainer Pavel Gross, dem einstigen Kapitän, mit dem die Adler 1997 bis 1999 dreimal Meister wurden, habe das Team nun die Wende geschafft. "Wenn man die vergangenen 15 Monate betrachtet, haben wir sicher viele richtige Entscheidungen getroffen", sagt Hopp. Die Mannheimer Tradition verlangt, dass er weiter mit dem Team leidet, schwitzt und Bier trinkt. Eins, zwei oder auf den nächsten Sieg auch drei.

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