Debatte zur Dopingstudie:Kabarett im Sportausschuss

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Bundestag - Sondersitzung des Sportausschusses

Die Vorsitzende des Sportausschusses, Dagmar Freitag (l., SPD) und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) vor der seltsamen Beratung zur Dopingstudie.

(Foto: dpa)

Innenminister Friedrich wünscht Thomas Bach alles Gute bei der Wahl zum IOC-Präsidenten. Die öffentliche Sportausschuss-Sitzung im Bundestag zur Studie "Doping in Deutschland von 1950 bis heute" ist ein politisches Theaterstück. Doping spielt eine Nebenrolle.

Von Boris Herrmann, Berlin

Hans-Peter Friedrich, der Bundesinnenminister von der CSU, kommt auch nicht alle Tage im Sportausschuss des Bundestages vorbei. Zur mit Spannung erwarteten Debatte über die Studie "Doping in Deutschland von 1950 bis heute" hält er es aber doch für angebracht, sich persönlich um sein sonst eher stiefmütterlich behandeltes Unterressort "Sportpolitik" zu kümmern. Schließlich sieht sich sein Ministerium mit einem zentralen Vorwurf der Wissenschaftler konfrontiert, wonach die Bundesrepublik, erstens, über Jahrzehnte hinweg "anwendungsorientierte Dopingforschung" gefördert habe und, zweitens, bis heute einer ernsthaften Aufarbeitung dieser Geschichte im Wege stehe. Die Parlamentarier, jedenfalls ein Teil von ihnen, wünschen sich diesbezüglich dringend Aufklärung aus dem Hause Friedrich. Um es vorweg zu nehmen: Dieser Wunsch wurde am Montag enttäuscht.

Die öffentliche Sitzung beginnt um 9 Uhr. Friedrich erklärt, er müsse um 10.30 Uhr wieder los. Es wird dann erst einmal eine Weile um die kostbare Zeit des Innenministers gestritten. Als Friedrich sein Mikro anstellt, hat er noch 75 Minuten übrig, um Licht in die dunkle deutsche Dopingvergangenheit zu bringen. Dann mal los! Der Minister beginnt mit dem Satz: "Ich möchte zunächst einmal im Namen der Bundesregierung erklären, dass wir Thomas Bach alles Gute wünschen." Damit sind dann auch schon die Prioritäten für den Rest der Veranstaltung gesetzt.

Thomas Bach war natürlich auch eingeladen. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) lässt sich aber entschuldigen. Er ist bereits in Buenos Aires, wo er um sein Lebenswerk, den IOC-Thron, kämpft. Erstaunlich ist dabei, dass der ursprünglich diskutierte Sitzungstermin am 29. August auf Antrag der Regierungskoalition genau so weit nach hinten verlegt wurde, dass Bach nicht mehr teilnehmen konnte. Leider. Klaus Riegert, der scheidende Sportsprecher der CDU, wird später in erstaunlicher Offenheit einräumen: "Wir haben in den nächsten Tagen ja ein wichtiges Datum, deshalb sind wir nicht so ganz unvoreingenommen, wie das vielleicht angezeigt wäre." Es bleibt offen, ob mit dem Wort "wir" wir Deutsche, wir Patrioten oder wir Unterstützer von Thomas Bach gemeint sind.

Zurück zum Innenminister. Dessen Redezeit wird nun auf Antrag der Union in Zeitkontingente zerstückelt. Die Grünen dürfen den Sportminister demnach exakt acht Minuten lang befragen. Die Linke bekommt neun Minuten, die FDP elf, die SPD 18, die CDU 29. Ein Kanzlerduell ist dagegen ein lebendiger Gesprächskreis.

Die Union braucht von ihren 29 Minuten nur 15, Fragen zur Dopingstudie stellt sie nicht, der Rest der Zeit verfällt.

Die Linke nennt dieses Verfahren "eine Farce". Die Grünen sprechen von einem "Geschäftsführungstrick", um die Redezeit der Opposition zu begrenzen. Der SPD-Sportsprecher Martin Gerster sagt: "Mir scheint, dass Schwarz-Gelb Angst vor der Debatte über diese Studie hat." Friedrich scheint vergnügt seine Zeit abzusitzen.

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