Debatte um Sportförderung:Fußball first?

Robert Harting und Matthias Steiner kritisieren das öffentlich-rechtliche Fernsehen: Der Vorwurf, Randsportarten kämen im gebührenfinanzierten Fernsehen zu kurz, ist nicht neu. Der Debatte über die Zukunft des Sports aber kann er eine neue Richtung geben, denn die Sender haben, wenn sie ihre eigene Rolle ernst nehmen, eine gewisse Verantwortung gegenüber dem Sport.

Michael Neudecker

Am Dienstag geht's los, Mönchengladbach gegen Kiew, die Qualifikation für die Champions League. Das ZDF überträgt live, klar, der Sender hat sich ja vor einem Jahr die Rechte an der sogenannten Königsklasse im Königssport Fußball gesichert, von 2012/13 bis 2014/15. Für mehr als 50 Millionen Euro, pro Saison.

Es gab damals heftige Kritik am Umgang des Senders mit den Gebührenmillionen, zu Recht, im Rundfunkstaatsvertrag ist schließlich Grundversorgung ein Schlüsselwort, und in Sachen Fußball sieht die so aus: Der Gebührenzahler bekommt von nun an 18 Mal Champions League live pro Saison geboten, zusätzlich zu Europameisterschaften, Weltmeisterschaften, Pokalspielen, Bundesligazusammenfassungen, Zweitligazusammenfassungen, Drittligazusammenfassungen. So viel Grundversorgung, da kann einem schwindlig werden.

Seit den Londoner Spielen intensiviert sich in Deutschland die Debatte über Modelle der Sportförderung, die Frage, ob, und wenn ja, wie der Leistungssport für die Zukunft gestärkt werden soll. Am Donnerstagabend nutzten der Diskus-Olympiasieger Robert Harting und der Gewichtheber Matthias Steiner das Podium, das ihnen die ARD bei Reinhold Beckmann bot, um die öffentlich-rechtlichen Sender für ihre Berichterstattung zu kritisieren.

Der Vorwurf, Randsportarten - also alle Sportarten außer Fußball - kämen im gebührenfinanzierten Fernsehen zu kurz, ist nicht neu, der Debatte über die Zukunft des Sports aber kann er eine neue Richtung geben.

Im Kern der Diskussion geht es, so sieht es nun mal aus, vor allem: um Geld. Im System Sport kommt das Geld zum allergrößten Teil vom Fernsehen, das oftmals horrende Summen bezahlt, um bestimmte Ereignisse übertragen zu dürfen. Das ZDF hat für die Champions League Umschichtungen vorgenommen, die für andere Sportarten nicht in Erwägung gezogen werden.

Ebenfalls vor einem Jahr etwa scheiterten die Verhandlungen zwischen Leichtathletik-Weltverband und ARD/ZDF, es ging um die Weltmeisterschaften 2011 und 2013, der Verband wollte zwölf Millionen, die Sender wollten nur sechs Millionen Euro ausgeben. Gewiss, das Erste, das Zweite und ihre (weitaus weniger massenwirksamen) Drittprogramme übertragen auch Biathlon-Weltcups, Ski-Weltmeisterschaften und dergleichen. Ihr Leitmotto aber bleibt Fußball first, ob die Sender nun dazu stehen oder nicht.

Dabei tritt das Fernsehen längst nicht mehr als Berichterstatter im engeren journalistischen Sinn auf, sondern steht mit dem Sport in einer wechselseitigen Beziehung. Das gebührenfinanzierte Fernsehen hat, wenn es seine eigene Rolle ernst nimmt, also eine gewisse Verantwortung gegenüber dem Sport, und wenn man über die Zukunft des Sports debattiert, muss man auch den Part des gebührenfinanzierten Fernsehens als Aspekt in die Debatte aufnehmen.

Nicht als wichtigsten Aspekt, sicher nicht. Aber doch als wichtigeren Aspekt, als die Sender zuzugeben bereit sind.

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